Braunschweig. Im Braunschweiger Internet-Café 50plus gibt es Beratung und guten Kaffee für Senioren.

„Wie sind Sie denn zu diesem Chaos gekommen?“ Die Frage von Stefan Geiger klingt weniger vorwurfsvoll als anteilnehmend. Er meint die Unordnung auf dem Computer von Monika Seelemeyer. Viele Ordner auf ihrem Windows-Laptop sind doppelt vorhanden. „Wenn ich eine Datei abspeichern oder suchen will, weiß ich nicht mehr, welchen der vielen „Dokumente“-Ordner ich nehmen soll“, sagt sie.

Weil Sie sich allein nicht zu helfen wusste, hat sich die 67-Jährige Ölperanerin an das Internet-Café 50plus gewandt. Hier, im Louise-Schröder-Haus, der städtischen Senioren-Begegnungsstätte, wird an zwei Terminen pro Woche nicht nur im Netz gesurft. Auch für kleine und große Fragen rund um Rechner, Laptop oder Smartphone stehen versierte Helfer bereit – solche wie Stefan Geiger. 28 ehrenamtliche Mitarbeiter hat das Café, nur vier davon Frauen.

„Die Frauen gehen häufig erst zur Techniknutzung über, wenn der Mann, der sich zu Lebzeiten darum gekümmert hat, schon verstorben ist.“
„Die Frauen gehen häufig erst zur Techniknutzung über, wenn der Mann, der sich zu Lebzeiten darum gekümmert hat, schon verstorben ist.“ © Rosi Fuhrmann, Mitarbeiterin im Internet-Café 50plus.

An diesem Nachmittag sind deutlich mehr Mitarbeiter als Gäste gekommen. Trotzdem sind die drei niedrigen Kellerräume mit den sieben Computer-Arbeitsplätzen gut besucht – die Atmosphäre ist gemütlich. Es duftet köstlich nach frischem Kaffee aus dem Vollautomaten. „50 Cent die Tasse“, erklärt Erhard Grickscheit, den hier alle Benni nennen: „Die zahlen wir Mitarbeiter genauso wie die Gäste.“. An der Kasse sitzt Hanna Koch. 50 Cent kostet auch für Nutzung des Cafés pro Viertelstunde – Beratung inklusive, versteht sich.

Stefan Geier hat sich zu Monika Seelemeyer vor ihren Laptop gesetzt. Der 82-jährige Ingenieur strahlt Ruhe und Sachlichkeit aus. „Wir schaffen jetzt Ordnung auf Ihrem Rechner, wie in einem Schrank, so dass Sie immer wissen, wo was hin muss“, erklärt er anschaulich mit kaum merklichem ungarischen Akzent. Mit aufmerksamem Blick verfolgt Monika Seelemeyer, was in welche Ordner wandert und was gelöscht wird.

Das Thema digitales Erbe

Derweil lässt sich eine andere Dame von einem der Café-Mitarbeiter in ihr neues Smartphone einweisen. „Das ist eine typischer Fall“, erklärt Mitarbeiterin Rosi Fuhrmann (73). Bei den Frauen, die kommen, gehe es häufig um die Themen Foto und Kommunikation. Die meisten Gäste seien allerdings Männer. „Die Frauen gehen häufig erst zur Techniknutzung über, wenn ihr Mann, der sich darum gekümmert hat, schon verstorben ist“, bedauert die in Quedlinburg geborene Braunschweigerin. Dann gehe es um das schwierige Thema digitales Erbe: „Oft kennen die Frauen etwa die Passwörter nicht. Anders als die Internet-Provider sind Google und Facebook in solchen Situationen nicht besonders entgegenkommend. Das ist manchmal sehr traurig für die Leute.“

Die digitalen Aufräumarbeiten auf dem Laptop von Monika Seelemeyer werden an diesem Nachmittag nicht ganz fertig. Stefan Geiger rät ihr, in Ruhe allein zu Hause fortzufahren. Ihr dagegen wäre es lieber, wiederzukommen und zu Ende zu bringen, was sie zusammen begonnen wurde. Sicher ist sicher. „Aber für heute reicht‘s mir“, sagt sie freundlich und deutet mit der Hand in Stirnhöhe an, dass ihre Aufnahmekapazität erreicht ist. „Na dann: Feierabend“, sagt Geiger. „Sind Sie denn nächste Woche auch wieder da?“, will Monika Seelemeyer wissen, „war nett mit Ihnen“.

Für Monika Seelemeyer war es der erste Besuch im Internet-Café 50plus. So eine Anlaufstelle für Computerprobleme außerhalb der eigenen Familie habe durchaus ihre Vorteile, sagt sie: „Wenn mein Mann mir etwas am Computer erklärt, fängt er häufig bei Adam und Eva an. Er hat eigene Schwerpunkte und Interessen und sagt: Vorher musst du noch dies und jenes wissen. Manchmal will ich dann gar nicht mehr verstehen, was er erklärt. Um uns beiden Ärger zu ersparen ist es dann manchmal besser, ich such mir meine eigenen Leute dafür.“