Berlin. Mehr als eine Milliarde Euro geben die Deutschen jährlich für Arzneien gegen Husten, Halsschmerzen oder Schnupfen aus. Doch nicht alle Präparate helfen wirklich. Experten erklären, worauf Verbraucher achten sollten.

In Bus und Bahn wird geschnieft, im Büro geröchelt und gehustet, auch Freunde und Familie keuchen und krächzen – es gibt kein Entrinnen. Das Immunsystem schwächelt in der kalten Jahreszeit. Früher oder später erwischen die für Erkältungen verantwortlichen Viren dann fast jeden. Und die meisten Deutschen versuchen sich zunächst mit frei verkäuflichen Mitteln aus der Apotheke selbst zu behandeln.

Über 700 Millionen Euro geben die Verbraucher laut statistischem Bundesamt jährlich für Medikamente gegen Erkältung und grippale Infekte aus, 374 Millionen Euro zusätzlich für Hustenmittel. Erkältungsmedikamente liegen damit im Verkaufsranking noch vor Schmerzmitteln. Dabei sind nicht alle empfehlenswert, vor allem bei einigen Pflanzenpräparaten sollten Verbraucher skeptisch sein, urteilt die Stiftung Warentest. Welche Medikamente wirklich helfen:

Schnupfen

Regelmäßig sichten die Gesundheitsexperten der Organisation Studien und Belege zur Wirksamkeit bestimmter Wirkstoffe. Basierend auf dieser Recherche bewerten die Verbraucherschützer sowohl rezeptpflichtige als auch frei verkäufliche Arzneien.

Bei Schnupfen können Verbraucher demnach zwischen mehreren Wirkstoffen wählen. Oxymetazolin und Xylometazolin zählen zu den sogenannten Alpha-Sympathomimetika. Als Nasenspray verabreicht, verengen sie die Blutgefäße in der Nasenschleimhaut, sodass diese abschwillt und wieder Luft durchlässt, erklären die Experten.

„Allerdings sollten erkältete Patienten Mittel mit diesen Wirkstoffen nicht zu lange anwenden, weil sie die Nasenschleimhäute auf Dauer schädigen“, sagt Klaus Lorenzen, Vorstandsmitglied des Sächsischen Hausärzteverbands. Der Mediziner betreibt eine eigene Praxis in Langebrück. Als Richtwert gelten höchstens vier bis sieben Tage und maximal drei Spraystöße täglich.

Patienten sollten beim Kauf darauf achten, dass die Mittel nicht mit dem Stoff Benzalkoniumchlorid konserviert sind, rät die Stiftung. Dieser könne die für die Reinigung der Nase wichtigen Flimmerhärchen schädigen. Eine sinnvolle Ergänzung sei hingegen der Stoff Dexpanthenol – er pflege die Schleimhaut. „Eine gute Alternative zu den Sprays sind lauwarme Nasenspülungen mit einer medizinischen Salzlösung“, ergänzt Lorenzen. Beides könne sich auch gegenseitig ergänzen.

Husten

Einige Mittel unterdrücken den Hustenreiz. Der Wirkstoff Dextromethorphan tut dies übers zentrale Nervensystem. Etwas sanfter gehen Mittel mit Spitzwegerichextrakt vor, dessen Wirksamkeit allerdings nach Ansicht der Verbraucherschützer weniger gut belegt ist als die des synthetischen Wirkstoffes.

„Mittel, die den Husten unterdrücken, empfehle ich nur sehr selten“, sagt Mediziner Lorenzen. Denn dann könne sich der Schleim nicht aus den Bronchien lösen, was den Krankheitsverlauf verlängern oder verschlimmern könne. „Nur kurzzeitig oder in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei quälendem Reizhusten, sollte man solche Mittel einnehmen“, erklärt Lorenzen.

Als hustenlösende Wirkstoffe kommen laut Stiftung Warentest Ambroxol und Azetylzystein infrage. Beide machen den Schleim weniger zäh, sodass er besser abgehustet werden kann. „Die Mittel werden mit Wasser eingenommen, was auch dem Flüssigkeitshaushalt gut tut“, sagt der Hausarzt. „Saft oder Lutschtabletten mit Thymianextrakt halte ich aber für am besten“. Auch Thymian verflüssigt laut Stiftung Warentest den Schleim, der sich so besser abhusten lässt.

Fieber und Halsschmerzen

„Fieber bis 39 Grad hilft dem
Immunsystem, Krankheitserreger abzutöten“, sagt Lorenzen. Darüber hinaus sei es sinnvoll, erkältungsbedingtes Fieber zu senken. Dabei könnten feuchte Wadenwickel helfen, aber auch fiebersenkende Medikamente wie Ibuprofen und Paracetamol. „Wer aber Glieder- oder starke Kopfschmerzen hat, kann auch bei niedrigerem Fieber eine Schmerztablette nehmen“, sagt Lorenzen. Wichtig sei, die Temperatur in jedem Fall zu messen. „Hohes Fieber kann auch auf ernstere Erkrankungen hindeuten.“

Trockene Mund- und Rachenschleimhäute sind ein idealer Nährboden für Keime, Halsschmerzen gehören oft zu den unangenehmen Folgen. Um den Speichelfluss und damit die Befeuchtung zu fördern, hilft es grundsätzlich, viel zu lutschen, erklärt die Stiftung Warentest, am besten zuckerfreie Bonbons. Lutschtabletten mit den Wirkstoffen Ambroxol oder Lidocain sollen zusätzlich die Rachen-Schleimhäute betäuben, um den Halsschmerz zu lindern. Das gelinge jedoch nur minimal besser als bei wirkstofffreien Bonbons, wie Studien gezeigt hätten. Die Pillen seien daher nur mit Einschränkung geeignet, urteilen die Warentester. Mediziner Lorenzen beurteilt sie anders: „Wenn Halsschmerzen sehr unangenehm sind, sind solche betäubenden Mittel von Vorteil“.