Braunschweig. Für diese Sonderausgabe haben uns Leser geschrieben, welche Werte ihnen ganz besonders wichtig sind. Lesen Sie hier eine Auswahl der Leserstimmen:

Wir waren dieses Jahr auf Wangerooge. Auf der Hinreise hat bereits ein Innehalten eingesetzt – uns wurde schon vor dem Urlaub bewusst, wie schnelllebig, anfordernd und herausfordernd unsere Zeit im Vergleich zu 1517 ist: Die Urlauber prallten mit ihrer Hektik, ihrem Egoismus (bester Parkplatz, erster an der Kofferaufgabe) und ihrem Zeitdruck auf die betont ruhige und gelassene norddeutsche Art des Parkplatz-, Koffer- und Fährpersonals. Das Reisen hängt heute zwar immer noch von Gezeiten ab (kein Wasser unterm

Kiel = keine Überfahrt). Trotzdem sind E-Mails, Eilmeldungen oder Whats-app-Nachrichten fast schneller am Urlaubsort als man selbst. Das dritte Gebot („Du sollst den Feiertag heiligen.“) bezieht sich ja kaum mehr auf den Sonntag, sondern jeder Tag ist hektisch. Selbst der Karfreitag als Ruhetag soll für das feiernde Volk fallen – klar, dass die Gesellschaft mit Burn-out zu tun hat. Für mich ist daher eine Ausgewogenheit zwischen Ruhen und Schaffen sehr wichtig.

Ulrike Moormann, Braunschweig

Forschungs-, Meinungs-, Pressefreiheit sind zentral

Natürlich hängt es sehr von den Lebensumständen des Einzelnen ab, welche Werte im Vordergrund stehen: Eine gesellschaftlich unterdrückte Frau ersehnt sich die Gleichberechtigung der Geschlechter, eine Journalistin in einem totalitären Regime die Presse- und Meinungsfreiheit, der Homosexuelle die freie Entfaltung der Persönlichkeit, der Forscher die Freiheit der Wissenschaft und der Atheist oder mutige Ex-Muslim die Religionsfreiheit beziehungsweise die Sicherheit für Leib und Leben.

Sie alle aber haben eines gemeinsam: Ihre Werte und Rechte mussten und müssen teilweise noch heute mühselig gegen die Religionen erkämpft werden. Allein schon vor diesem Hintergrund kann ich die Frage nach den aktuellen Werten nicht mehr auf die sogenannten christlichen Werte, insbesondere die Zehn Gebote, reduzieren. Im Gegenteil: Allein die ersten drei Gebote befehlen den Glauben und die Huldigung eines bestimmten Gottes. Hinzu kommt, dass die Kirche jahrhundertelang so massiv gegen viele der Zehn Gebote verstoßen hat, dass sie für mich ihren Anspruch auf die Verwaltung „des Guten“ nachhaltig zerstört hat. Dieser zunehmende Bedeutungsverlust der Religionen und Kirchen gehört inzwischen zu den Merkmalen und Werten unserer Kultur. Religionsinhalte kritisch zu hinterfragen, diesen Leserkommentar zu schreiben und vielleicht auch veröffentlicht zu sehen, stellt für mich einen bedeutenden Wert dar: Er ist Ausdruck unserer Freiheit der Wissenschaft, Meinungs- und Pressefreiheit.

Peter Koch, Vordorf

Ich will der Verantwortung gerecht werden

Nach der Empfehlung von Kant ist mir wichtig, mein Leben eigenverantwortlich ohne die Bevormundung durch andere zu führen. Weder die Indoktrination durch eine Religion, noch durch politische Parteien ist für mich akzeptabel. Für mich ist nur wichtig, meiner sozialen Verantwortung gerecht zu werden: „Was du nicht willst, das man dir tu’, das füge auch keinem anderen zu!“

Bernd Kockrick, Braunschweig

Ehrliche Aussagen und ein gesitteter Umgang

Da ist mir die Ehrlichkeit am Wichtigsten. Dummes Rumgelaber oder zunehmende Bigotterie sind mir ein Graus. Ebenso ist mir ein Graus, wenn sich Politiker gegenseitig zerfleischen, nur um für sich selbst einen vermeintlichen Vorteil zu erzielen. Das hat mit Ehrlichkeit nichts zu tun. Auf einen gesitteten Umgang miteinander lege ich Wert.

Manfred Skroch, Braunschweig

Kirche muss nah bei den Menschen bleiben

Vielen Dank für Ihre Achtung dieses Tages mit vielen Gedanken, Beiträgen und Bitten um unsere Meinung und Beiträge. Sie nehmen damit nicht nur die Reformation vor 500 Jahren in den Blick, sondern auch Werte unserer Zeit, ihren Erhalt und gegebenenfalls ihre Reformierung.

Was wäre zu reformieren, um unsere christlichen Werte zu erhalten? Und wie könnten wir in unseren Kirchengemeinden wieder mehr Menschen ansprechen? Das wird durch die anstehende, anscheinend nötige Regionalisierung kaum gelingen. Damit zieht sich Kirche mehr zurück, anstatt mehr zu den Menschen zu gehen und offene Angebote für alle zu haben. In unserer Dorfgemeinde versuchen wir durch besondere Gottesdienste und Veranstaltungen, mehr Menschen zu erreichen. Beispiele sind ein Stationsgottesdienst zur Luther-Rose am 12. November oder ein Vortrag zur Reformation im Herzogtum Braunschweig.

Margrit Seidel, Sophiental

Verantwortung für junge Leute und Nächstenliebe

Welche Werte sind wichtig? Ich möchte mit Martin Luther antworten: „Liebe Herren, man muss jährlich so viel für Verteidigung, Straßen- und Wegbau ausgeben und dergleichen, warum soll man nicht viel mehr wenden and dürftigen, arme Jugend? Da werden täglich Kinder geboren und wachsen bei euch auf, und ist leider niemand, der sich des jungen Volkes annehme. Das ist doch eine unmenschliche Bosheit, wenn man nicht weiterdenkt als so: Wir wollen jetzt regieren, was geht uns an, wie es denen gehen werde, die nach uns kommen! Nicht über Menschen, sondern über Säu’ und Hund sollten solche Leute regieren, die nicht mehr denn ihren Eigennutz suchen“, so Martin Luther in einem Schreiben von 1524 an die Ratsherren aller Städte deutschen Landes.

Wichtige Werte sind für mich die Verantwortungsbereitschaft der Regierenden für die jungen Menschen. Die Politik sollte die Mütter nicht dazu drängen, ihre Kinder in die Obhut von Tagesmüttern zu geben, sondern ihnen die Gelegenheit geben, sich zunächst auf die Erziehung zu konzentrieren. Anschließend ist immer noch genügend Zeit, wieder ins Berufsleben einzusteigen. Da müssten auch Arbeitgeber bessere Möglichkeiten schaffen, um Elternschaft, Erziehung und Arbeit unter einen Hut zu bringen.

Ebenso wichtig erachte ich das Gebot: „Du sollst Vater und Mutter ehren.“ Hier möchte ich mich auf den Pflegenotstand und die Pflegesituation in den Kliniken beziehen. Auch das ist ein Wert, der eine humanitäre Gesellschaft ausmacht. Wenn wir aufgrund unserer Lebenssituationen nicht in der Lage sind, uns um unsere Eltern zu kümmern, dann gibt uns das trotzdem nicht das Recht, sie zu vernachlässigen.

Der Glaube an Gott beinhaltet die Achtung vor den Menschen und die damit verbundene Nächstenliebe – und unserer Gesellschaft bekommt es gut, wenn wir uns an das Wort erinnern: „Was ihr für einen eurer geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“

Vera Wohlfahrt, Braunschweig

Religiöse Feiertage sollten abgeschafft werden

Wieso soviel Trara um eine Religion? Nein, solche sogenannten „religiösen Feiertage“ haben keine Bedeutung für mich. Ich bin dafür, Tage wie den Reformationstag abzuschaffen. Stattdessen sollte jeder individuell seine Feiertage planen können. So könnte der Staat die Anzahl festlegen und die Bürger dürften frei entscheiden. Das wäre die beste Lösung für alle.

Treptow MatAlex via Facebook