Braunschweig. Der Braunschweiger Sven Gartung baute das NLZ für Eintracht Braunschweig auf. Heute ist er Trainer in Malaysia.

Sieben Jahre ist es her, da wurde Sven Gartung zum Leiter der Nachwuchsförderung bei Eintracht Braunschweig. Viereinhalb Jahre später trennten sich die Wege aufgrund eines Zerwürfnisses wieder. In dieser Zeit legte der gebürtige Braunschweiger den Grundstein für das im vorigen Jahr mit drei Sternen ausgezeichnete Nachwuchs-Leistungszentrum am Kennel-Bad. Heute hat Gartung einen ähnlichen Job, nur knapp 10 000 Kilometer entfernt von seiner Heimat – in Malaysia, wo wir den 46-Jährigen telefonisch erreicht haben.

Grundstein der Nachwuchsarbeit

Nach einem Studium in der Schweiz und diversen Hospitationen im Ausland – unter anderem bei Ajax Amsterdam – bekam Gartung seine erste Festanstellung im Profi-Fußball auf Empfehlung von Torsten Lieberknecht bei Eintracht Braunschweig. „Torsten hat mir den Weg bei der Eintracht geebnet und meinen Namen ins Spiel gebracht“, erinnert sich Gartung.

Es war eine erfolgreiche Zeit für den Verein. Innerhalb von drei Jahren stieg die Eintracht von Liga Drei in die Bundesliga auf. Somit war auch mehr Geld für den Nachwuchs da. Gartung bekam die Möglichkeit sich zu entfalten und von seinen guten Kontakten Gebrauch zu machen. An den Verpflichtungen von unter anderem Eros Dacaj, Niko Kijewski und U19-Erfolgstrainer Sascha Eickel, hatte Gartung maßgeblichen Anteil. Trotz des späteren Zwists mit der Eintracht, erinnert er sich immer wieder gerne zurück: „Es war eine gute Zeit. Ich verfolge immer noch wie es für den Verein sportlich läuft. Das ist schließlich meine Heimat. Ich kenne viele Menschen im Verein, die wissen was damals wirklich zwischen mir und der Vereinsführung ablief und die Sache etwas differenzierter betrachten. “

Ajax ebnet den Weg nach Malaysia

Als die Tage in Braunschweig gezählt waren, reiste Gartung viel umher. Er guckte wieder bei Ajax vorbei, sah sich Jugend-Akademien in England an und hospitierte beim FC Barcelona, wohin er die Eintracht-Trainer Benjamin Duda und Sascha Eickel mitnahm. Das nächste feste Engagement fand er 2015 in der Schweiz beim FC Wil, die er erfolgreich vor dem Abstieg in die Drittklassigkeit bewahrte.

Mit dem Klassenerhalt war dieses Projekt für Gartung beendet und er wieder auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer: „Meine Leute aus Amsterdam meldeten sich vergangenes Jahr bei mir und erzählten von einem Projekt in Malaysia. Dort solle eine neue Jugend-Akademie nach dem Vorbild von Ajax entstehen, für dessen Aufbau noch ein Experte gesucht wurde, sagten sie mir. Ajax empfahl mich“, sagte Gartung. Konkret ging es um den malaysischen Bundesstaat Selangor, der in der Nähe von Kuala-Lumpur liegt. Hier wollte der regionale Fußballverband eine neue Infrastruktur für den eigenen Nachwuchs etablieren. Die dort ausgebildeten Fußballer sollten anschließend in den Kader des angeschlossenen Profi-Klubs PKNS FC übergehen, der keine eigene Jugendarbeit betreibt. Nach guten Gesprächen mit den Verantwortlichen vor Ort unterschrieb Gartung einen Zweijahresvertrag plus die Option auf ein weiteres Jahr und zog im Januar diesen Jahres ans andere Ende der Welt. In den ersten Monaten seines Engagements machte sich der Weltenbummler zunächst ein Bild vom Ist-Zustand, coachte die U19 und begleitete die U16 Malaysias bei einem internationalen Turnier.

Bei Anruf Chefcoach

Gartung fühlte sich wohl und ging voll auf in seinem neuen Arbeitsumfeld. Einziges Problem: Der Profi-Klub PKNS FC, der ja von seiner Arbeit profitieren sollte, war auf dem besten Weg abzusteigen. „Als ich im Juni auf Heimaturlaub war, bekam ich einen Anruf in dessen Verlauf mir gesagt wurde, dass ich wieder zurück kommen müsse, um die Profi- Mannschaft zu übernehmen und vor dem Abstieg zu bewahren“, sagte er. Dank seiner A-Lizenz als Trainer darf Gartung im gesamten asiatischen Raum Profimannschaften in der höchsten Spielklasse trainieren. Zuvor hatte das Team lediglich 3 Siege aus 16 Spielen geholt, was den letzten Tabellenplatz (12.) bedeutete. Seit 17. Juli steht der Braunschweiger nun an der Seitenlinie des größten Stadions Malaysias (circa 80 000 Plätze) und holte zwei Siege aus drei Pflichtspielen. „Jetzt sind wir auf dem siebten Platz und haben ein kleines Polster auf die beiden Abstiegsplätze – durch sind wir aber noch nicht.“

Verständigungsprobleme gebe es nicht, denn durch die lange englische Kolonialzeit in Malaysia spreche so gut wie jeder fließend Englisch. Und auch sonst seien die Unterschiede zu europäischen Profi-Klubs marginal. „Wir fliegen zu den Auswärtsspielen, schlafen im Hotel und trainieren überall unter absolut professionellen Bedingungen.“ Der Job macht ihm Spaß, auch wenn er nun mehr Verantwortung schultert und ihm deutlich mehr Aufmerksamkeit zu Teil wird als zuvor. Denn auch wenn Malaysia nicht gerade als Fußball-Hochburg bekannt ist, sei die Begeisterung für Fußball sehr groß. Gartung: “Ich werde auf der Straße erkannt und angesprochen, muss Fotos machen und Entscheidungen erklären. Die Leute hier sind schon ziemlich fußballverrückt.“ Im Oktober ist die Saison vorbei, ob Gartung anschließend Chef-Coach bleibt, weiß er selbst noch nicht. „Jetzt gilt es erstmal das Ziel Klassenerhalt zu schaffen“, betont er. Klar dürfte sein, dass der 46-Jährige mit jedem Sieg mehr Argumente für ein Engagement über den Oktober hinaus sammelt. Den Nachwuchs kann Gartung in seiner jetzigen Position ohnehin besser fördern, denn sein Team ist das älteste der Liga und kann somit den ein oder anderen Jungspund gut vertragen. Zwei A-Jugendliche kamen unter ihm bereits in Pflichtspielen zum Einsatz und sie werden nicht die letzten geblieben sein, wie er verrät.