Ein Streit um eine Tabakdose soll total aus dem Ruder gelaufen sein. Drei Velpker müssen sich vor dem Landgericht verantworten.

Velpke. Geiselnahme, gefährliche Körperverletzung, räuberische Erpressung – so lauten die schweren Straftatbestände, die die Staatsanwaltschaft Braunschweig zwei Männern aus Velpke (29- und 30 Jahre alt) vorwirft. Angeklagt ist außerdem eine mutmaßliche Mittäterin (52). Der Geschädigte (29) war mit den Männern wohl befreundet. Durch sie soll er im November 2019 ein Martyrium durchlitten haben. Das Landgericht Braunschweig verhandelt den ungewöhnlichen Fall ab dem 9. Mai. Bislang sind drei Verhandlungstermine angesetzt, um das Geschehen aufzuarbeiten. Das Urteil soll am 1. Juni verkündet werden.

Wer Geld für Zigaretten sparen will, der greift zu Dosentabak zum Zigaretten stopfen. Der Hauptangeklagte H. hatte sich laut Anklage eine große Packung gegönnt. Die lagerte er in einer Wohnung in Velpke, in der sich er, der Mitangeklagte E. sowie das spätere Opfer C. regelmäßig trafen. Eine Woche vor der Tat soll C. vom E. die Erlaubnis bekommen haben, die Tabakdose mitzunehmen. Die nahm er mit zu seinem Bruder nach Danndorf.

Eine Orgie der Gewalt

Am Tattag, dem 23. November 2019, habe H. den Verlust der Dose entdeckt. Er soll C. zur Rede gestellt haben, und ehe dieser antworten konnte, soll ihm H. bis zu 20 Mal mit der Faust ins Gesicht geschlagen und dabei bedroht haben: ,Du hast dich mit dem Falschen angelegt.“ H. soll C. im Wohnzimmer eingeschlossen haben. Kurz danach sei er zurückgekehrt, um unter Gewaltanwendungen an das Mobiltelefon des Geschädigten zu gelangen, damit dieser keine Hilfe alarmieren könne.

Wenn die Vorwürfe der Anklage zutreffen, dann hätte wohl E. die Sache mit der Tabakdose aufklären können – oder müssen. Stattdessen soll er sich später, als H. den C. aus dem Wohnzimmer schon wieder in die Küche geschleift hatte, an der Gewaltorgie gegen das Opfer beteiligt haben.

„Ich bringe dich unter die Erde“, soll einer der Angeklagten dem Opfer gedroht haben

C. wurde schließlich von den beiden Männern ins Auto der Mittäterin verfrachtet. Die Reise ging nach Danndorf. Aus Angst soll C. versucht haben, aus dem fahrenden Auto zu springen. Ihm sei es aber nicht gelungen, die Tür zu öffnen. Wieder soll das Opfer mehrfach Schläge von H. kassiert haben.

Die Angeklagten und ihr Opfer standen nun vor der Wohnungstür des Bruders. C. habe erneut versucht zu fliehen, sei aber bald eingeholt worden. H. soll sich dann auf ihn gekniet und nicht nur verprügelt, sondern mit den Finger seiner beiden Händen in den Mund gegriffen haben, um zu verhindern, dass C. um Hilfe schreien könne. H. habe außerdem E. angewiesen, dass dieser mit seinen Stahlkappen-Arbeitsschuhen den C. treten soll. „Ich bringe dich unter die Erde“, soll E. angekündigt haben, als er dem Opfer mehrmals gegen den Kopf trat. Auch H. habe zugetreten, während die Mittäterin am Rande stand.

Das Opfer hatte Todesangst

Wo hätte das noch alles enden können? Gegenüber den Ermittlern bekundete C., er habe mit dem Schlimmsten gerechnet, dass die Angeklagten ihn töten könnten. Er hatte wohl Glück: Zwei Autos mit Zeugen kamen an dem Ort an. Er habe sich aus den Griffen befreien können und sei in eins der Fahrzeuge gestiegen. Dessen Fahrerin brachte C. zu seinen Eltern. C. erlitt laut Anklage unter anderem einen Nasenbeinbruch und diverse Prellungen.