Gevensleben. Trotz der Energiewende wird die Planung für die Landwind-Gruppe aus Gevensleben immer schwieriger.

Die Energie des Windes hat der Menschheit schon immer geholfen. Sie ermöglichte den Seehandel oder sorgte über Jahrhunderte dafür, dass Brotgetreide in Windmühlen gemahlen wurde. Nun treiben die Luftströmungen immer größere Rotoren der modernen Windenenergie-Anlagen an, die auch im Landkreis Helmstedt an vielen Stellen entstanden sind und statt Strom aus Braunkohle nun ihre saubere Energie in das Netz einspeisen.

„Ich gehe fest davon aus, dass der Anteil der erneuerbaren Energien weiter steigen muss, wenn wir die nationalen Klimaziele erreichen und CO2 einsparen wollen“, erklärt denn auch Bärbel Heidebroek, geschäftsführende Gesellschafterin der Landwind-Gruppe. Allerdings werde es in der Zukunft weniger, dafür aber größere Anlagen geben, die immer leistungsfähiger sind. Können die neuen Fünf-Megawatt-Windräder doch bei einer Höhe von etwa 250 Metern rechnerisch etwa 4000 Haushalte versorgen – und mehrere der heutigen Windräder ersetzen.

Mehr als 100 Anlagen unterschiedlicher Leistungsklassen betreut die Gevenslebener Landwind-Gruppe. Die Agraringenieure Bärbel und Alexander Heidebroek haben ihren Bauernhof zum Mittelpunkt eines florierenden Unternehmens gemacht und jüngst mit Recht den Sonderpreis Transformation beim Unternehmerpreis der Region 38 bekommen. „Begonnen haben wir 2001 mit einer Halbtagskraft“, erinnert sich Bärbel Heidebroek.

Alexander Heidebroek übernahm 1999 den Bauernhof seiner Eltern in Gevensleben, er heiratete seine Studienkollegin Bärbel, die aus Hessen nach Niedersachsen zog. Bald lag der Schwerpunkt des Unternehmerpaares bei den Windenergieanlagen.

Außer Landwirtschaft ist die Energie-Versorgung mit Landstrom die dritte Säule der Landwind-Gruppe, die insgesamt 30 Mitarbeiter beschäftigt und im kaufmännischen Bereich ausbildet. Verwaltungs-Fachleute, Planer und Ingenieure begleiten jedes Projekt in allen Planungs,- Bau- und Betriebsphasen. Nach der unterstützenden Baubetreuung von Windrädern des Landvolks erkannte das Ehepaar das Potenzial der Technik und setzte neue Schwerpunkte.

Inzwischen spüren auch die Heidebroeks, dass sich der Rückenwind der ersten Jahre allmählich gedreht hat. „Als Landwirte sind wir wechselnde Auflagen aus der Politik leider gewohnt“, bedauert Bärbel Heidebroek. Die bereits dritte Auslegung der Änderung des Regionalen Raumordnungsprogramms bringe Schwierigkeiten. „Das Problem für uns sind nicht die Änderungen sondern der erneute Zeitverlust, der unter Umständen Gutachten veralten lässt und damit neue Kosten generiert“, so Heidebroek.

Alle Verantwortlichen von der Gemeinde über den Regionalverband bis zur Bundespolitik wollen die Energiewende – aber offensichtlich keine Wähler verprellen. Mit den gesunkenen Einspeisevergütungen könne das Unternehmen der Heidebroeks zwar leben, aber wegen des mangelnden Entscheidungswillens der Politik bleiben Prozesse einfach stecken.

In den Bürgerinitiativen gegen neue Windparks oder deren Erweiterung werde inzwischen professionell gearbeitet, stellt die Landwind-Chefin fest. Die Initiative Nord-Elm habe beispielsweise bereits angekündigt, das nach der Berücksichtigung von Einwänden verbleibende, 135 Hektar große Vorrang-Areal für Windräder bei Königslutter verhindern zu wollen.

Zwar sei Landwind dort nicht aktiv. Gleichwohl nimmt Landwind die berechtigten Anliegen der Initiativen und des Naturschutzes sehr ernst. „Es gibt klare Vorgaben, wo Windräder aufgestellt werden dürfen“, meint Bärbel Heidebroek.

Selbst wenn die Anlagen immer höher würden, gebe es gleichzeitig technische Neuerungen. So lasse sich beispielsweise das viele Menschen nervende Signallicht an der Spitze der Masten so steuern, dass es sich erst bei Annäherung eines Flugkörpers einschalte. Die Gesundheitsschädlichkeit des von den Windkraftgegnern angeführten Infraschall-Effekts sei zudem nicht wissenschaftlich belegt.

Bärbel Heidebroek ist wichtig, dass eine Abwägung mit Augenmaß vorgenommen wird. „Wenn sich der Klimawandel ohne den Ausbau der erneuerbaren Energien ungebremst fortsetzt, wird es bald weitaus mehr bedrohte Arten geben“, warnt sie. Sollte es bei der sinkenden Akzeptanz der Windenergie bleiben, würden Anlagen-Hersteller Probleme bekommen. Erneuerbare Energien genießen nur noch das Privileg des Einspeisevorrangs, „aber wie viele Subventionen gab und gibt es für Atomkraft oder Kohlebergbau?“

Bärbel Heidebroek befürchtet, dass Deutschland so seine führende Rolle in diesem wichtigen Technologie verlieren könnte. Noch haben die deutschen Hersteller die Nase vorn, arbeiten am verbesserten Wirkungsgrad der Windräder ebenso wie an Speichermöglichkeiten für den Windstrom, der nicht sofort im Netz verbraucht werden kann.

„Auch bei der Fotovoltaik war Deutschland mal Weltspitze, heute kommen die meisten Solardächer aus China“, warnt Heidebroek. Klimaschonende Einspareffekte von Elektroautos könne es nur geben, wenn ihr Strom durch erneuerbare Energien produziert werde.