Göttingen. Die Polizei Göttingen legt die Verkehrsunfallstatistik für 2022 vor – Polizei will weiter Einhaltung der Tempolimits konsequent überwachen.

Etwas weniger Verkehrsunfälle, aber mehr Verletzte sowie ein geringer Rückgang bei der Zahl der tödlich verunglückten Personen und ein Anstieg der Unfallfluchten – das ist die Bilanz des Jahres 2022 für Stadt und Landkreis Göttingen. Polizeioberrat Thomas Reuter, Leiter Einsatz der Polizeiinspektion Göttingen, hat kürzlich die Ergebnisse der Verkehrsunfallstatistik 2022 für seinen Zuständigkeitsbereich vorgestellt.

Dem Bericht zufolge hat die Polizei in Stadt und Landkreis Göttingen in 2022 insgesamt 7.540 Verkehrsunfälle registriert. Nicht eingeschlossen sind hierbei die Zahlen der A7 und A38. Gegenüber dem Jahr 2021 (7.631 Unfälle) bedeute dies einen Rückgang um 91 (also -1,2 Prozent). Die Anzahl der Verkehrsunfälle, bei denen Personen verletzt wurden, erhöhte sich dagegen – und zwar um 78 auf 1.013 (+8,3 Prozent).

Dazu sagt Reuter: „Nach der Entspannung der Corona-Lage wurden im letzten Jahr die meisten Beschränkungen aufgehoben, es nehmen nahezu wieder so viele Menschen am Straßenverkehr teil, wie vor der Pandemie. Ich bin froh, dass unsere Unfallzahlen weiterhin deutlich niedriger sind als vor 2020.“

Hauptunfallursachen sind Geschwindigkeit, Ablenkung, Verkehrsuntüchtigkeit

Die Polizei registrierte weniger Wildunfälle in unserer Region: Die Zahl ist um 17 Fälle von 1.143 auf 1.060 (-7,3 Prozent) gesunken. Bei den Unfallfluchten geht der Trend dagegen nach oben. Im Jahr 2022 wurden 1.895 Verkehrsunfallfluchten angezeigt. Das sind 4,5 Prozent mehr als in 2021 (1.812 Fälle). Aber: Das Risiko erwischt zu werden, ist nicht unerheblich: 798 Fälle konnten aufgeklärt werden. Das entspricht einer Aufklärungsquote von ca. 44,1 Prozent (im Vorjahr: 45 Prozent). Die Aufklärungsquote bei Verkehrsunfallfluchten, bei denen Personen verletzt wurden (90 Fälle), beträgt 45,6 Prozent.

„Unser nachhaltiges Ziel bleibt weiterhin die Bekämpfung der Hauptunfallursachen Geschwindigkeit, Ablenkung und Beeinflussung der Verkehrstüchtigkeit, um dadurch die Verkehrsunfälle mit schwerwiegenden Folgen dauerhaft zu reduzieren“, erklärt Tanja Wulff-Bruhn, seit 1. April Polizeipräsidentin der Polizeidirektion Göttingen.

Denn die Anzahl der verunglückten Personen sei im Jahr 2022 um 130 von 1.164 auf 1.294 gestiegen. Es gab einen Rückgang der Verkehrstoten von zwölf auf elf. Die Zahl der Schwerverletzten erhöhte sich jedoch von 134 im Vorjahr auf 145. Bei den Leichtverletzten ist ein Anstieg um 110 von 1.018 auf 1.138 festzustellen.

Polizeipräsidentin appelliert: „Fahren Sie verantwortungsvoll“

„Die Wahrscheinlichkeit bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt zu werden, ist außerhalb geschlossener Ortschaften ungleich höher als innerhalb geschlossener Ortschaften. Die hohen Geschwindigkeiten sind oftmals Unfallauslöser, wirken sich aber auch als besonders verschärfend auf den Verletzungsgrad aus“, so die Präsidentin. „Ich appelliere daher an Sie – nehmen Sie Rücksicht auf alle Verkehrsteilnehmenden. Fahren Sie verantwortungsvoll und passen Sie Ihre Geschwindigkeit an. Nur so kehren wir alle gesund zu unseren Familien und Freunden zurück.“

„Verkehrsteilnehmende, die anstatt der erlaubten 100 km/h mit 120 km/h fahren, würden mit einer Aufprallgeschwindigkeit von über 70 km/h an der Stelle auf ein Hindernis aufprallen, an der ein Fahrzeug mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit bereits zum Stillstand gekommen wäre“, veranschaulicht Polizeioberrat Thomas Reuter, Leiter Einsatz, und sagt weiter hinsichtlich der gestiegenen Zahl an Verletzten durch Verkehrsunfälle im Gebiet der Polizeiinspektion Göttingen: „Die Einhaltung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeiten wird daher weiterhin konsequent überwacht, Verkehrsteilnehmer sollten sich jederzeit auch auf nicht angekündigte Geschwindigkeitskontrollen einstellen“.

Die Statistik für 2022 gliedert auch die Art der Verkehrsbeteiligung bei den verletzten Verkehrsteilnehmern auf: Bei den Kfz-Fahrerinnen, -fahrern und -Insassen stieg die Zahl von 639 auf 721, bei Moped- und Leichtkraftradfahrern von 63 auf 76, bei Fußgängern von 87 auf 97, bei Rad-/Pedelec-Fahrern von 277 auf 309 und bei E-Scooter-Nutzern von 16 auf 24. Einzig bei Kradfahrern ist die Zahl von bei Verkehrsunfällen Verletzen von 82 auf 67 gesunken.

Mehr Schwerverletzte im Landkreis Göttingen

Die Anzahl der schwerverletzten Verkehrsteilnehmer hat sich im Stadtgebiet Göttingen von 48 auf 43 verringert, im Landkreis Göttingen ist sie aber von 86 auf 102 gestiegen. Im Stadtgebiet Göttingen hat sich die Zahl der getöteten Verkehrsteilnehmer nicht verändert, sie ist bei eins geblieben. Im Landkreis Göttingen verringerte sich die Anzahl von elf auf zehn.

Hinsichtlich der „Risikogruppen“ stellt sich die Unfallbilanz folgendermaßen dar: Im Jahr 2022 verunglückten im Zuständigkeitsbereich der PI Göttingen 75 Kinder (0 bis 14 Jahre) im Straßenverkehr, 17 mehr als im Vorjahr. 72 (50) Kinder erlitten leichte und zwei (8) schwere Verletzungen. 45 Kinder wurden als Fahrzeuginsassen verletzt. Ein 14-jähriges Kind, das sich als Beifahrer in einem Pkw befand, wurde bei einem Verkehrsunfall getötet (Vorjahr: 0).

„Kinder werden häufig als Mitfahrer bei Verkehrsunfällen verletzt und liegen uns besonders am Herzen. Sie werden oftmals durch das Fehlverhalten von Anderen verletzt. Ich appelliere an alle Fahrerinnen und Fahrer, umsichtig zu fahren sowie die erforderlichen und geeigneten Kindersitze zu benutzen“, sagt Polizeipräsidentin Tanja Wulff-Bruhn.

Junge Menschen besonders oft an Verkehrsunfällen beteiligt

In der Altersgruppe von 18 bis 24 Jahren ist die Zahl der bei Verkehrsunfällen Verletzten von 250 auf 254 gestiegen, die Anzahl der Schwerverletzten hat sich von 23 auf 25 erhöht. Thomas Reuter: „Leider müssen wir in dieser Altersgruppe zwei getötete Verkehrsteilnehmer beklagen, ein 19-jähriger Radfahrer und ein 18 Jahre alter Beifahrer in einem Pkw, der von einem 22-jährigen Mann geführt wurde, erlitten bei Unfällen jeweils tödliche Verletzungen. Im Vorjahr hatten wir einen getöteten Fahranfänger registriert, der mit einem Leichtkraftrad unterwegs war. Junge Menschen im Alter von 18 bis 24 waren im vergangenen Jahr in Relation auf ihren Anteil an der Gesamtbevölkerung wieder besonders oft an Verkehrsunfällen beteiligt. Durch Präventionsveranstaltungen und durch gezielte Verkehrskontrollen werden wir weiterhin unseren Beitrag leisten, um die Anzahl der Verkehrsunfälle dieser Risikogruppe zu minimieren“.

In der Altersgruppe der über 65-Jährigen gab es bei der Anzahl der verunglückten Verkehrsteilnehmer einen Anstieg von 156 auf 166. Die Zahl der leichtverletzten Senioren hat sich von 125 auf 128 und die der schwerverletzten von 29 auf 34 erhöht. Im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion Göttingen haben im Jahr 2022 vier Senioren im Straßenverkehr tödliche Verletzungen erlitten, im Vorjahr waren es zwei. Die getöteten Senioren waren in zwei Fällen als Mitfahrer in Krankentransportfahrzeugen unterwegs. Darüber hinaus verloren ein 77 Jahre alter Radfahrer und ein 71-jähriger Leichtkraftradfahrer bei Unfällen ihr Leben. Reuter: „Bei 26 der 38 Unfälle mit schweren Personenschaden, bei denen Senioren beteiligt waren, waren sie nach unseren Erkenntnissen die Hauptverursacher. Der älteste Unfallverursacher war ein 96-jähriger Pkw-Fahrer.“

„Fit im Auto“ und mehr für Senioren

Polizeipräsidentin Wulff-Bruhn ergänzt: „Der Anteil älterer Menschen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung steigt und sie sind inzwischen deutlich mobiler als noch vor zwanzig Jahren. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass zukünftig Seniorinnen und Senioren vermehrt in Verkehrsunfälle verwickelt sein können. Die Polizeidirektion Göttingen möchte dieser Entwicklung entgegenwirken und hat Beratungsangebote für diese Zielgruppe entwickelt. Menschen dieser Altersgruppen können an Präventionsangeboten wie beispielsweise ,Fit im Auto’, ,Fit mit dem Pedelec’ oder ,Senioren mobil – Fit für Bus und Straße’ teilnehmen. Ich appelliere an die Menschen, diese Angebote wahrzunehmen und selbst Verantwortung für eine sichere Verkehrsteilnahme zu übernehmen.“

Im Jahr 2022 wurden 301 Verkehrsunfälle mit Pedelec-/Radfahrerbeteiligung in der Stadt Göttingen registriert, im Vorjahr waren es 267. „Fahrräder und Pedelecs erfreuen sich als klimafreundliches Fortbewegungsmittel zunehmender Beliebtheit. Diese Beliebtheit spiegelt sich in den Unfällen, bei denen Zweiräder dieser Art beteiligt waren, wieder. Im Jahr 2022 stiegen die Unfallzahlen in diesem Sektor deutlich von 948 (2021) auf 1.104 Unfälle im gesamten Direktionsbereich. Wir bitten Sie daher, Ihren Kopf mit einem Fahrradhelm zu schützen und unsere angebotenen Präventionstage zu den Themen ,Fit mit dem Pedelec und Fit mit dem Fahrrad’ wahrzunehmen und so gemeinsam mit uns und unseren Kooperationspartnern dazu beizutragen, dass wir die Unfall- und Verletztenzahlen nachhaltig reduzieren“, unterstreicht Wulff-Bruhn.

Motorradfahrer erleiden oft erhebliche Verletzungen

Die Anzahl der verletzten Kradfahrer hat sich im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion Göttingen von 82 auf 67 verringert. In 2022 kam ein 53-jähriger Kradfahrer (über 125 ccm) ums Leben. Er war von einem aus einem Wirtschaftsweg kommenden Pkw-Fahrer übersehen worden und erlitt durch den Zusammenstoß tödliche Verletzungen.

Die Zahl der schwerverletzten Kradfahrer sank von 22 auf 14, bei den leichtverletzten Motorradfahrern von 58 auf 52.

Reuter erläutert: „Ein Großteil der schweren Zweiradunfälle werden außerhalb geschlossener Ortschaften verursacht. Oftmals spielen auch hier zu hohe Geschwindigkeiten der Unfallbeteiligten eine entscheidende Rolle. Kradfahrende sollten besonders vorsichtig und vorausschauend fahren, da sie durch fehlende Aufprallschutzvorrichtungen bei Unfällen oftmals erhebliche Verletzungen erleiden.“

E-Scooter im Fokus

Die Anzahl der registrierten Verkehrsunfälle mit der Beteiligung von E-Scootern steigt weiter, von 0 in 2019, fünf in 2020, 28 in 2021 auf 32 im Jahr 2022. Die Anzahl der Verunglückten stieg im Jahr 2022 von 16 auf 24, dabei wurden 21 Personen leicht (2021: zwölf) und drei (2021: vier) schwer verletzt.

2022 waren in 20 Fällen E-Scooter-Fahrende Unfallverursacher (2021: 17), davon standen sechs Fahrende unter Alkoholeinfluss und einer unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln. Reuter: „Im Jahr 2022 haben wir bei Verkehrskontrollen insgesamt 242 Personen (2021: 176) festgestellt, die unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln oder Alkohol einen E-Scooter genutzt haben, bei 16 von ihnen wurden Werte über 2,0 Promille festgestellt, die auf einen sehr exzessiven Alkoholkonsum hindeuten.“ Polizeipräsidentin Wulff-Bruhn fügt hinzu: „Die Nutzung von E-Scootern nimmt vor allem in den Städten immer mehr zu – wir erwarten daher auch zukünftig einen deutlichen Anstieg bei diesen Unfällen und bei den Verletzten. Leider wird der Umgang mit den E-Scootern vielerorts noch als Spielerei angesehen: Die möglichen Unfallfolgen – insbesondere bei Fahrten unter Einfluss von Alkohol oder Drogen – werden gänzlich unterschätzt. Wir werden daher auch zukünftig die E-Scooter-Nutzer im Fokus behalten, gezielte Kontrollen durchführen und Präventionsaktionen, insbesondere an weiterführenden Schulen durchführen, um die jungen Fahrenden gezielt über die Folgen aufzuklären.“

Unfälle auf A7 und A38

Auf den Bundesautobahnen 7 und 38 im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion Göttingen wurden 2022 insgesamt 1.004 Verkehrsunfälle und damit nur einer mehr als im Vorjahr verzeichnet. Verkehrsunfälle mit Personenschaden haben sich um 24 erhöht. Registriert wurden 104 Unfälle, bei denen Personen verletzt worden sind (Vorjahr 80). Bei den Unfällen wurden im vergangenen Jahr 134 Verkehrsteilnehmende leicht verletzt (Vorjahr 104), die Zahl der Schwerverletzten stieg von 20 auf 25. Zwei Personen (2021: eine Person) erlitten bei Unfällen tödliche Verletzungen. In einem Fall war ein Pkw-Fahrer auf einen verkehrswidrig auf der Beschleunigungsspur parkenden Lkw aufgefahren, der Beifahrer erlag im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Bei einem weiteren schweren Unfall war der Fahrer eines Klein-Lkw auf einen am Stauende stehenden Sattelzug aufgefahren und verstarb noch an der Unfallstelle.

Behördenleiterin Wulff-Bruhn: „Auf unseren Straßen sind immer mehr Lkw unterwegs. Sie sind ein nicht weg zu denkender Faktor im globalen Handel und in der Versorgung der Bevölkerung. Verkehrsunfälle mit Lkw-Beteiligung bleiben daher auch nicht aus, und gerade auf Autobahnen fällt auf, dass es oft zu Unfällen kommt, bei denen Lkw auf Stauenden auffahren, weil die Fahrerinnen und Fahrer den Sicherheitsabstand nicht eingehalten haben oder abgelenkt waren. Unser Ziel im Bereich des gewerblichen Güterverkehrs ist es daher zu sensibilisieren, aufzuklären und somit schwerste Verkehrsunfälle zu verhindern. Auch der Gesetzgeber hat bereits 2018 reagiert und Notbremssysteme für Nutzfahrzeuge ab 3,5 Tonnen vorgeschrieben. Nutzen Sie diese Systeme und schalten Sie sie nicht ab.“

Regelmäßige Verkehrskontrollen

Zum übrigen Unfallgeschehen erläutert Thomas Reuter: „Die Bagatell-Verkehrsunfälle im Bereich der Großbaustelle zwischen Nörten-Hardenberg und Seesen haben sich, aufgrund des Baufortschrittes und der damit einhergehenden Verbreiterung der Fahrstreifen sowie der Verringerung der Anzahl der Fahrbahnverschwenkungen, weiter verringert. Darüber hinaus sind auch im Jahr 2022 regelmäßig Verkehrskontrollen mit den Zielrichtungen ,Überholverbot’ und ,unerlaubte Nutzung des linken Fahrstreifens durch zu breite Fahrzeuge’ sowie Geschwindigkeitsüberwachungen durchgeführt worden.“

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