Clausthal-Zellerfeld. Vier Jahrgänge, 18 Kinder, eine Lehrerin - der Harzort Wildemann hat eine der kleinsten Schulen des Landes. An Schließung denkt allerdings niemand.

„Hier kann man sehen, wie früher die Dorfschulen funktioniert haben“, sagt Britta Schweigel. Wenn die parteilose Bürgermeisterin von Clausthal-Zellerfeld im Oberharz über die Grundschule des Ortsteils Wildemann spricht, gerät sie fast ins Schwärmen. „Das funktioniert dort alles ganz großartig mit dem altersübergreifenden Unterricht“, berichtet die Verwaltungs-Chefin. Lehrerin Heike Tuchtfeld unterrichtet alle Jahrgänge in einem Klassenraum. In Wildemann werden 18 Jungen und Mädchen aus vier Jahrgangsstufen zusammen unterrichtet.

Die Grundschule in dem 900-Einwohner-Dorf im Innerstetal ist eine der kleinsten Schulen in Niedersachsen. Unter den landesweit rund 2800 allgemein bildenden Schulen gibt es nach Angaben der Landesschulbehörde 13 mit weniger als 20 Schülerinnen und Schülern. Bei den meisten davon handelt es sich um Förderschulen, die zum überwiegenden Teil auslaufen. Zu den Ausnahmen gehören zwei Grundschulen. Außer der in Wildemann ist dies die Grundschule in Neuscharrel im Kreis Cloppenburg.

Doch während die politischen Gremien der Gemeinde Friesoythe, zu der Neuscharrel gehört, die Zukunft der Mini-Schule mit ihren sechs Schülerinnen und Schülern infrage stellen, sieht dies in Wildemann anders aus. Obwohl zum neuen Schuljahr nur noch drei Kinder eingeschult wurden, gebe es keinerlei Schließungs-Bestrebungen, sagt Bürgermeisterin Schweigel.

Im Übrigen tue die Schule dem Ort gut, sagt Ortsbürgermeister Arno Schmidt (SPD). Wildemann habe - wie viele kleine Dörfer im Harz - in den vergangenen Jahren Einwohner verloren. „Wir sind überaltert und wir haben viel Leerstand“, berichtet Schmidt. Wenn die Schule, die gemeinsam mit dem Kindergarten in einem Gebäude untergebracht ist, jetzt geschlossen würde, wäre dies für den Ort ein weiterer Rückschritt.

Vier Jahrgänge in einem Klassenraum zu unterrichten sei kein Problem, meint Tuchtfeld. Sie ist die einzige feste Lehrerin und die Schulleiterin in Personalunion. „Das ist alles eine Frage der Organisation“, sagt die studierte Deutsch-, Bio- und Chemielehrerin, die seit 2014 in Wildemann arbeitet.

Für die Fächer Englisch und Mathe bekommt Tuchtfeld Unterstützung von zwei Lehrkräften, die von anderen Schulen für einige Stunden nach Wildemann abgeordnet werden. Alles andere, darunter Sport, Kunst, Musik, Religion oder Deutsch unterrichtet sie selbst.

„Die Kinder kommen damit ganz gut zurecht“, sagt Tuchtfeld. Der jahrgangsübergreifende Unterricht funktioniere, auch weil die älteren Kinder den jüngeren helfen. „Und das stärkt das Gemeinschaftsgefühl“, betont die Pädagogin.

Das Kultusministerium in Hannover hat nichts gegen die Wildemanner Mini-Schule einzuwenden. Schulträger seien nach dem Gesetz zwar verpflichtet, Schulen zu schließen, wenn die Entwicklung der Schülerzahlen dies erfordere, teilte eine Sprecherin mit. Im Koalitionsvertrag sei aber auch vereinbart worden, dass gerade für Grundschülerinnen und Grundschüler das Prinzip „Kurze Wege für kurze Beine“ gelten müsse.

Bürgermeisterin Schweigelt kann der Wildemanner Mini-Schule noch etwas abgewinnen. „Wir finden, das ist eine Art Laborschule. Da sollte man mal eine Evaluation machen.“ Dann könne man wissenschaftlich feststellen, wie gut eine solche kleine Schule wirklich ist. dpa