Gifhorn. Bei der Kundgebung auf dem Marktplatz bauen sie eine Brandmauer gegen Extremismus um Rathaus und Kirche. Alles läuft friedlich ab.

Mehr als 2000 Gifhorner haben am Sonnabend auf dem Marktplatz gegen Rechtsextremismus und Rassismus demonstriert. Aufgerufen hatten die Bündnisse Bunt statt Braun, FairEint für die Gesellschaft sowie das Bündnis für Demokratie. aus dem Landkreis. Martin Wrasmann vom Bündnis Bunt statt Braun freute sich über den großen Zulauf, der die ursprünglich erwarteten 500 Teilnehmer bei weitem übertraf: „Es ist gut zu sehen, was heute in unserer Stadt los ist.“

Leni (7), Kristin und Florian Preuße aus dem Landkreis Gifhorn haben sich gemeinsam entschlossen, an der Kundgebung teilzunehmen. „Es geht uns darum, die Vielfalt in unserer Gesellschaft zu erhalten. Wir wollen zeigen, dass es eine Mehrheit gegen Strömungen gibt, die das anders sehen. Es ist auch ein wichtiges Signal nach außen.“
Leni (7), Kristin und Florian Preuße aus dem Landkreis Gifhorn haben sich gemeinsam entschlossen, an der Kundgebung teilzunehmen. „Es geht uns darum, die Vielfalt in unserer Gesellschaft zu erhalten. Wir wollen zeigen, dass es eine Mehrheit gegen Strömungen gibt, die das anders sehen. Es ist auch ein wichtiges Signal nach außen.“ © FMN | Christian Franz

Protestaktion aus der Mitte der Gesellschaft

Die aus hunderten Kartons errichtete Brandmauer gegen Rechts sollte man am besten „als Denkmal dem Bürgermeister schenken“, setzte Wrasmann auf eine nachhaltige Wirkung der Kundgebung. Wrasmann sprach von einer „Protestaktion aus der Mitte der Gesellschaft“ und einem „Schulterschluss der Demokraten aus Stadt und Landkreis Gifhorn“.

Die riesige Brandmauer gegen Rechts schirmte symbolisch Rathaus und Kirche gegen Rechtsextremismus ab. Teilnehmer hatten sie aus Umzugskartons aufgerichtet.
Die riesige Brandmauer gegen Rechts schirmte symbolisch Rathaus und Kirche gegen Rechtsextremismus ab. Teilnehmer hatten sie aus Umzugskartons aufgerichtet. © FMN | Christian Franz

Entsetzen und die Empörung über menschenfeindliche Gesinnung

Die Ausrichter der Kundgebung seien zwar das Bündnis Bunt statt Braun, das Bündnis für Demokratie und FairEint für die Gesellschaft: „Veranstalter sind aber wir alle“, rief Wrasmann der applaudierenden Menge zu. Dann wandte sich Martin Rausch an die Menschen: „Ihr gebt das Signal, dass die Rechtsextremisten den Landkreis nicht zu ihrem Spielball machen können“, rief Rausch. Die Teilnehmer eine das Entsetzen und die Empörung über die menschenfeindliche Gesinnung, wie sie sich in dem aufgedeckten Treffen von Rechtsextremisten in einer Potsdamer Villa offenbare. Klar sei damit: „Es geht nicht mehr um Anfänge, es geht um Auswüchse.“

Helga und Werner Schaper aus Gamsen zeigten Flagge als Oma und Opa gegen Rechts. „Wir wollen Verantwortung für die Zukunft unserer Enkel übernehmen.“ 
Helga und Werner Schaper aus Gamsen zeigten Flagge als Oma und Opa gegen Rechts. „Wir wollen Verantwortung für die Zukunft unserer Enkel übernehmen.“  © FMN | Christian Franz

Die Zivilgesellschaft müsse sich nun dauerhaft der Aufgabe stellen, gegen Menschenfeindlichkeit und Rassismus einzutreten. An die demokratischen Parteien richtet Rausch die Forderung, „Stil und Rhetorik zu ändern“. Zur AfD äußerte Rausch: „Die Alternative für Deutschland ist eine Diktatur.“

Die riesige Brandmauer gegen Rechts schirmte symbolisch Rathaus und Kirche gegen Rechtsextremismus ab. Teilnehmer hatten sie aus Umzugskartons aufgerichtet.
Die riesige Brandmauer gegen Rechts schirmte symbolisch Rathaus und Kirche gegen Rechtsextremismus ab. Teilnehmer hatten sie aus Umzugskartons aufgerichtet. © FMN | Christian Franz

Christian Matzedda, der zweite Bevollmächtigte der IG Metall Wolfsburg, erinnerte an die Grundwerte unserer Demokratie: Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit. Für all dies gelte es jetzt einzutreten, wenn Pläne für Remigration, ja Deportation aufgedeckt würden. Solche Gedanken seien menschenverachtend, sagte Matzedda. Aufgabe der Gesellschaft sei es jetzt; „Klartext zu reden“.

Mehr als 2000 Menschen setzten nach Zählung der Polizei am Sonnabend auf dem Gifhorner Marktplatz mit einer symbolischen Brandmauer ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und Rassismus. 
Mehr als 2000 Menschen setzten nach Zählung der Polizei am Sonnabend auf dem Gifhorner Marktplatz mit einer symbolischen Brandmauer ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und Rassismus.  © FMN | Christian Franz

Gifhornerin schildert schockierende Erfahrungen von Alltagsrassismus

Die Gifhornerin Cagla Canidar wandte sich ohne eine Organisation im Rücken „als Mensch, als Frau mit Migrationshintergrund“ an die Teilnehmer und konfrontierte sie mit ernüchternden eigenen Erfahrungen von Alltagsrassismus. „Warum erst jetzt?“, fragte sie mit Blick auf das Anliegen der Kundgebung. „Rechtsextremismus war schon immer ein großes Problem in Deutschland“, sagte sie unter Verweis auf Tatorte in Solingen, Hanau und Mölln. Canidar appellierte an alle, sich auch in ihrem persönlichen Umfeld deutlicher gegen Rassismus zu positionieren: „Für zu viele gehört er einfach zum Alltag.“ Widerstand gegen Rechtsextremismus dürfe nicht auf einer bloßen symbolischen Ebene bleiben. Canidar: „Gesellschaftliche Probleme löst man nicht, indem man immer weiter nach rechts rückt und nach unten tritt.“

Ida (18, rechts) aus Wittingen und Rika (16) aus Wagenhoff sagen: „Wir sind noch jung. Wir wollen für unsere Rechte eintreten.“
Ida (18, rechts) aus Wittingen und Rika (16) aus Wagenhoff sagen: „Wir sind noch jung. Wir wollen für unsere Rechte eintreten.“ © FMN | Christian Franz