Gifhorn. Busse, die ausfallen, sich verspäten, verärgerte Eltern und Lehrer: Schülerverkehr und ÖPNV sind ein Dauerthema im Kreis Gifhorn. Das plant die VLG.

Verärgerte Eltern, weil Schulbusse überfüllt sind oder gar nicht erst kommen, verärgerte Lehrerinnen und Lehrer, weil verspätete Schulbusse die Unterrichtsplanung durcheinanderwirbeln - und frustrierte Busfahrerinnen und Busfahrer, die quasi für ein öffentliches Verkehrsunternehmen fahren, aber nicht nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt werden. So lässt sich die aktuelle Situation im Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) und der Schülerbeförderung im Landkreis Gifhorn zusammenfassen.

Ab November fahren einige Linien im Landkreis Gifhorn nur noch im Stundentakt

Wie desolat die Lage ist, beschrieb Landrat Tobias Heilmann in der Sitzung des Kreistags. Ab November wird auf drei Buslinien der bisherige 30-Minuten-Takt auf einen Stundentakt umgestellt. Das betrifft die Linie 180 (Gifhorn–Calberlah–Wolfsburg) und die Linie 171 (Weyhausen–Tiddische) und die Linie 172 (Weyhausen–Stüde). Dort bleibt der 30 Minuten-Takt nur zu den Hauptverkehrszeiten morgens vor 9 Uhr und von 12 bis 15 Uhr erhalten.

Durch Personalengpässe, Schwierigkeiten bei der Anwerbung zusätzlicher Busfahrer, verbunden mit einer höheren Krankenquote in den ersten Wochen nach Schuljahresstart, aber auch durch Ausfall von Subunternehmern bestehe derzeit keine Möglichkeit, das Fahrtenangebot in vollem Umfang zu erbringen. Davon sind beziehungsweise waren folgende Linien betroffen:

  • Linie 103 (Gifhorn Bahnhof-Süd – Wilsche)
  • Linie 108 (Gifhorn Wittkoppsviertel – Steinweg – Kästorf)
  • Linie 170 (Gifhorn – Weyhausen – Wolfsburg)
  • Linie 180 (Gifhorn – Calberlah – Wolfsburg)
  • Linie 111 (Gifhorn – Leiferde – Braunschweig)
  • Linie 171 (Weyhausen – Tiddische)
  • Linie 172 (Weyhausen – Stüde)

Durch tagesaktuelle Neudisposition der Dienste, Einsatz von Werkstatt- und Verwaltungspersonal im Fahrdienst und dem Einsatz zusätzlicher Taxen werde mit hohem Verwaltungsaufwand versucht, die ausfallenden Fahrten in Grenzen zu halten, berichtete der Landrat.

Er verwies darauf, dass VLG und BBG täglich auf 1.500 planmäßigen Fahrten unterwegs sind. Bedingt durch Fahrpersonalmangel und erhöhten Krankenstand seien in den ersten Wochen nach Schuljahresbeginn 2 bis 3 Prozent der Fahrten ausgefallen, derzeit mit sinkender Tendenz. Außerdem erläuterte der Landrat, dass die Vielzahl von Baustellen und Umleitungen den Fahrbetrieb der VLG erheblich erschwert hätten. Nachgegangen ist die VLG auch Hinweisen auf überfüllte Busse. So werden zusätzliche ode größere Busse eingesetzt auf den Strecken:

  • Linie 141 (Flettmar – Müden – Gifhorn)
  • Linie 173 (Weyhausen – Schulzentrum Westerbeck)
  • Linie 175 (Platendorf – Gifhorn)
  • Linie 195 (Rothemühle – Walle – Groß Schwülper)

Noch nicht endgültig geklärt sind Beschwerden von Eltern aus der Sassenburg. Dort soll es in Kürze Gespräche mit der IGS geben.

Deutlich zurück wies der Landrat Darstellungen, nach denen die Probleme der VLG hausgemacht seien. Heilmann sieht vielmehr ein strukturelles Problem, mit dem derzeit bundesweit viele Verkehrsbetriebe kämpfen: Personalmangel, Personalmangel und Personalmangel. Nicht zum gewünschten Erfolg hat das Anwerben von Busfahrerinnen und Busfahrern aus dem Ausland geführt. Eine neue Kampagne werde mit Hilfe einer Personalagentur derzeit vorbereitet.

Ebenfalls widersprach Heilmann Darstellungen, nach denen die VLG Löhne zahle, die gerade mal 20 Cent über Mindestlohn liegen. Seit Januar zahlt die VLG je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit zwischen 14,67 Euro und 15,50 Euro Stundenlohn. Zum Hintergrund: Die VLG und die VLG-eigenen Tochterunternehmen GVB und KVB fahren nach eigenem Haustarifvertrag beziehungsweise einem Manteltarifvertrag, der zwischen dem Gesamtverkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) und der Gewerkschaft GÖD abgeschlossen wurde.

Das ist auch einer der Knackpunkte, die bei der Fusion von VLG, KVB und GVB eine Rolle spielen. Aus diesem Grund war eine Abordnung der Busfahrer in der Kreistagssitzung. Betriebsrat Dennis Hinze ergriff in der Fragestunde das Wort. Für ihn sind die Probleme sehr wohl hausgemacht. Er führte die hohe Fluktuation und das geringe Interesse, für die VLG zu arbeiten, zurück auf die Bezahlung und wies deutlich darauf hin, dass die Busfahrerinnen und Busfahrer nicht Schuld seien an den Problemen bei der Schülerbeförderung.

Gifhorns Landrat wirft Betriebsrat Vertrauensbruch vor

„Wann bekommen wir vernünftige Tarifverträge?“, wollte er von Heilmann wissen. Bereits Mitte August hatte Hinze deutlich gemacht: „Wir erwarten, dass in einem öffentlichen Unternehmen auch der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes angewendet wird. Der Tarifvertrag Nahverkehr Niedersachsen ist die einzige Chance, den ÖPNV in Gifhorn langfristig zu sichern, das aktuelle Personal zu halten und neue Kolleginnen und Kollegen zu finden“ so Dennis Hinze Betriebsratsvorsitzender der KVB Isenbüttel.

Der Landrat wiederum reagierte barsch und warf dem Betriebsrat Vertrauensbruch vor. Vereinbart war, sich auf die Fusion der Subunternehmen zu konzentrieren. Im November soll es weitere Gespräche geben. Beteiligt daran ist auch die Gewerkschaft Verdi , die schon vor Wochen signalisiert hat: „Wir sind gut aufgestellt und streikbereit und werden unsere Forderung nach einer Einführung des Tarifvertrags Nahverkehr Niedersachsen notfalls mit Arbeitskämpfen begleiten.“