Gifhorn. Opa Ernys Garten in Weißenberge im Kreis Gifhorn klingt putzig, ist aber ein echtes Paradies. Das blüht uns im Landschaftspark an diesem Feiertag.

Es gibt Gartenfreunde, die pilgern eigens nach England zu herrschaftlichen Landschaftsparks und etwas bürgerlicheren Cottages. Einen prachtvollen Garten mit überwältigender gärtnerischer Fülle finden Ausflügler in der Region aber auch gleich jenseits des eigenen Zauns. Einen Katzensprung hinter dem berühmten Heiligen Hain, dem Heide-Reservat bei Wahrenholz im Kreis Gifhorn, liegt im Ortsteil Weißenberge Opa Ernys Garten. Es ist der ehemalige landwirtschaftliche Hof von Ernst Liebs Eltern.

Der 69-Jährige hat das Anwesen nach überstandener Krebserkrankung komplett neu gestaltet mit Draußencafé und Hofladen für saisonale Bioprodukte aus eigenem Anbau und eigener Verarbeitung. Säfte, Konfitüren, Obstbrände und Honig von ungespritzten Trachten gibt der junge Garten schon nach gerade zwei Jahren her. Nur das geplante Café wartet noch immer auf die Baugenehmigung des Landkreises. Lieb: „Das wäre normalerweise lange fertig.“

Farbenpracht in Opa Ernys Garten im Kreis Gifhorn

Das ist zur Herbstzeit einer der Lieblingswinkel von Ernst Lieb im fünf Hektar großen Landschaftsgarten. Violette Astern hinter buntem Laub und üppigen Gräsern. Alle Pflanzen tragen ein kleines Schild mit ihrer Bezeichnung.
Das ist zur Herbstzeit einer der Lieblingswinkel von Ernst Lieb im fünf Hektar großen Landschaftsgarten. Violette Astern hinter buntem Laub und üppigen Gräsern. Alle Pflanzen tragen ein kleines Schild mit ihrer Bezeichnung. "Viele Besucher holen sich ihre Lieblingspflanze danach aus den Baumschulen und Gärtnereien", weiß der Gartenfreund. © FMN | Christian Franz
Herbstliche Farbenpracht, soweit das Auge reicht. Dass der Garten  erst vor zwei Jahren auf einer ehemaligen landwirtschaftlichen Hofstelle neu angelegt worden ist, mögen Besucher kaum glauben.
Herbstliche Farbenpracht, soweit das Auge reicht. Dass der Garten  erst vor zwei Jahren auf einer ehemaligen landwirtschaftlichen Hofstelle neu angelegt worden ist, mögen Besucher kaum glauben. © FMN | Christian Franz
Erntezeit in Opa Ernys Garten in Weißenberge im Landkreis Gifhorn. Im Herbstr reifen die Birnenquitten. Daraus kocht das Team wie aus allem Bio-Obst ein feines Gelee für den Hofladen. 
Erntezeit in Opa Ernys Garten in Weißenberge im Landkreis Gifhorn. Im Herbstr reifen die Birnenquitten. Daraus kocht das Team wie aus allem Bio-Obst ein feines Gelee für den Hofladen.  © FMN-Archiv | Christian Franz
Bei aller Vielfalt und trotz mancher botanischer Rarität im großen Garten: Ernst Liebs Lieblingsblume ist eine Inkalilie. Nur die orangene Sorte ist winterhart.
Bei aller Vielfalt und trotz mancher botanischer Rarität im großen Garten: Ernst Liebs Lieblingsblume ist eine Inkalilie. Nur die orangene Sorte ist winterhart. © FMN | Christian Franz
Viele Stauden in Opa Ernys Garten in Weißenberge im Kreis Gifhorn tragen im Herbst bunte Beeren. Die Farbenpracht ist jedenfalls mit dem Sommer längst nicht vorbei.
Viele Stauden in Opa Ernys Garten in Weißenberge im Kreis Gifhorn tragen im Herbst bunte Beeren. Die Farbenpracht ist jedenfalls mit dem Sommer längst nicht vorbei. © FMN | Christian Franz
Ernst Lieb (Opa Erny, 69)  zeigt seinen roten Porsche Diesel Standard. Sein Vater kaufte das gleiche Modell, als Lieb acht Jahre alt war. Mit zehn lernte er Treckerfahren. In Weißenberge hinter Wahrenholz ging das damals.
Ernst Lieb (Opa Erny, 69)  zeigt seinen roten Porsche Diesel Standard. Sein Vater kaufte das gleiche Modell, als Lieb acht Jahre alt war. Mit zehn lernte er Treckerfahren. In Weißenberge hinter Wahrenholz ging das damals. © FMN | Christian Franz
1/6

Der Kosename Opa Erny, wie in Weißenberg viele Nachbarn Lieb nennen, täuscht darüber hinweg, wer hier mit dem ambitionierten Vorhaben ein wirtschaftlich tragfähiges Öko-Konzept nach eigenen Vorstellungen verwirklicht – ein bisschen so, wie es Britanniens König Charles als Prince of Wales in noch größerem Stil vormachte.

Nach einer Werkzeugmacherlehre bei Teves (damals hieß das Gifhorner Bremsenwerk noch ganz offiziell so) und 12 Jahren als Fachanleiter und Maschinenbaumeister in der Diakonie Kästorf gründete Lieb 1991 im sächsischen Ebersbach-Neugersdorf die Maschinenbaubetriebe Neugersdorf.

Maschinenbaumeister mit grünem Daumen seit der Jugend

In der 12.000-Einwohner-Stadt in der Oberlausitz errichtete Lieb fast nebenbei einen ganzen Neubau-Stadtteil mit mustergültigen Sechs-Familien-Häusern, Sportzentrum, Kindergarten und Einkaufszentrum. „Liebstadt“ nennt der Volksmund den Stadtteil. Dann kam der Krebs, Lieb verkaufte alles. Fast alles, die heimische Isenbütteler Firma MBL, Spezialmaschinenbau mit 35 Mitarbeitern, behielt er.

Als Liebs Schwester die elterliche Hofstelle in Weißenberge aufgeben wollte, engagierte sich Bruder Ernst. Ging es erst darum, noch unter dem Eindruck der tückischen Erkrankung Obstbäume und Wildblumen für gänzlich unbelastete gesunde Lebensmittel zu pflanzen, „wurde es dann doch etwas anders“, erzählt Lieb. Anders? Größer! Ungespritzte Äpfel und natürliche Honigtracht blieben. Doch Lieb plante gleich für die ganzen fünf Hektar Familienacker plus Pachtland von der Gemeinde. „Am 8. April 2021 habe ich den ersten Baum gepflanzt“, erinnert sich Lieb genau. Er selbst setzte auch alle weiteren Bäume und Sträucher bis einen Meter Höhe, kleinere Stauden übernahmen die Gärtner. Tausendsassa Lieb? Nun, „ich habe eine Affinität für den Landschaftsbau“, erzählt der Macher. Was hatte man in einem Weiler wie Weißenberge einst für Optionen, wenn es um einen Nebenjob als Schüler ging? „Ich habe also in der Schulzeit mehrere Gärten angelegt.“ Und jetzt eben die Hohe Schule.

Lieb half der Natur generalstabsmäßig auf die Sprünge. Mit überwältigendem Erfolg. Der Garten wirkt viel reifer, als man es nach zwei Vegetationsperioden erwarten würde. Mehr als 50 eigene Bienenvölker haben hier ihre Heimat. 10.000 Gäste lustwandelten 2023 schon über den barrierefreien Gartenpfad. „Wir haben nur strahlende Augen gesehen“, freut sich Opa Erny. Der eigene Kinderspielplatz ist eine Oase. Eltern genießen es, im Schatten zu dösen, ohne den Nachwuchs mit Argusaugen im Blick behalten zu müssen. Es gibt allein 50 Linden und eine Ahornallee mit mehr als 60 verschiedenen Ahorn-Baumarten. Lieb: „Das habe ich vor 30 Jahren in Buenos Aires gesehen.“ Der Kreis Gifhorn bekommt jetzt zur Laubfärbung seinen eigenen Indian Summer.

Opa Ernys Garten zeigt Landwirtschaft der Zukunft

Über 250 verschiedene Stauden, Sträucher, Gräser, manch exotische Baumart, Blütenmeere, wohin der Blick fällt. Noch im Herbst überwältigt der Landschaftsgarten mit einer unerwarteten Farbfülle von blühenden Astern und reifenden Beeren. Das Wasserreservoir, befüllt mit Niederschlagswasser von den Dächern, hat sich bereits zu einem Lebensraum für Kleinstlebewesen und Wasserpflanzen entwickelt.

24 Mitarbeiter, darunter vier Gärtner und vier Garten-Aushilfen, halten Park, Café und Hofladen am Laufen. „Hier arbeitet keiner nur für Mindestlohn“, verdeutlicht Ernst Lieb seinen unternehmerischen und sozialen Anspruch weit über die Liebhaberei hinaus. „Es muss sich tragen.“ Sei doch der Betrieb ein Beispiel für zeitgemäße Landwirtschaft. Dazu passt: Lieb arbeitet eng mit heimischen Baumschulen und Gärtnereien zusammen. Eigener Sonnenstrom vom Dach treibt die Kühlaggregate an.

Doch eigentlich geht es Ernst Lieb um dieses Gefühl: Ende September durch die Beete schreiten und staunen, dass der Lavendel auch nach vier Monaten noch nicht aufhören will zu blühen.

Der Garten- und Landschaftspark Opa Ernys Garten liegt in Wahrenholz-Weißenberge in der Birkenstraße 5. Infos unter Ruf 0173/6524893. Homepage: www.opa-ernys-garten.de. Garten, Café und Hofladen sind bis einschließlich Feiertag 3. Oktober täglich von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Ab 4. Oktober gelten diese Zeiten: Das Café öffnet Freitag bis Sonntag von 13 bis 17 Uhr, Garten und Hofladen täglich von 10 bis 17 Uhr. Garteneintritt 3 Euro mit 1,50 Euro Verzehrgutschein im Café (Kinder bis 12 Jahre frei).