Gifhorn. Der niedersächsische Haustechnik-Hersteller will in dem bisherigen Automobil-Zulieferwerk Bauteile für Wärmepumpen fertigen.

Der niedersächsische Haustechnik-Hersteller Stiebel-Eltron plant im bisherigen Gifhorner Continental-Werk die Fertigung von Edelstahlspeichern für Wärmepumpen-Heizungen. Das teilte Continental am Mittwoch in einer Pressemitteilung mit.

Die Konzerne hätten eine Absichtserklärung unterzeichnet und Verhandlungen aufgenommen, so Conti.

Die IG Metall begrüßte den Lösungsweg zur Standort- und Arbeitsplatzsicherung. Es geht um bis zu 850 Gifhorner Industriearbeitsplätze, die bei Conti bis Ende 2027 in der Luftfeder- und Bremsenproduktion wegfallen sollen.

Betriebsratschef Athanasios Kokotos vom Continental-Standort Gifhorn erklärte: „Die Absichtserklärung ist ein wichtiges Signal. Sie sorgt für mehr Vertrauen in das Vorgehen des Arbeitgebers. Die Kollegen bekommen so nach und nach mehr Zuversicht, dass es in Gifhorn wie angekündigt die Perspektive von Arbeit in Arbeit gibt.“

Betriebsrats-Vize Orhan Özen betonte: „Nun müssen aus Absichtserklärungen bindende Verträge erarbeitet werden. Wir unterstützen dabei, wo wir können.“

Stiebe-Eltron-Chef: Kompetente Mitarbeiter und Infrastruktur sind da

Stiebel-Eltron-Chef Kai Schiefelbein ordnete die Vereinbarung mit Conti ein: „Der Standort Gifhorn könnte sich für eine Edelstahlspeicherproduktion eignen.“ Vor dem Hintergrund des starken Wachstums des Unternehmens, getrieben vor allem durch die Nachfrage nach umweltfreundlichen Wärmepumpen-Heizungen, baue man die Fertigungskapazitäten massiv aus. Schiefelbein: „Daher würden wir uns freuen, wenn wir eine Lösung finden, die Fertigung von Wärmepumpen-Innenmodulen zukünftig am Standort Gifhorn mit kompetenten Mitarbeitern realisieren zu können.“

Neben der Möglichkeit, hochqualifizierte Mitarbeiter zu übernehmen, könnte eine solche Produktion dank der vorhandenen Gebäude inklusive Infrastruktur am Standort Gifhorn deutlich schneller aufgebaut werden, als wenn an anderer Stelle neu gebaut werden müsste. Zudem wären dadurch voraussichtlich die zu erwartenden Kosten für den Kapazitätsaufbau vergleichsweise gering. „Außerdem würden wir uns freuen, wenn wir mit unserem Engagement die Continental dabei unterstützen könnten, den Strukturwandel sozialverträglich zu bewältigen.“

Kerninvestitionen dennoch am Hauptstandort

Gleichwohl werde ein Großteil der in den nächsten Jahren vorgesehenen Investitionen am Hauptstandort von Stiebel-Eltron erfolgen, so Schiefelbein: „Spätestens im September wird wie geplant die Wärmepumpenproduktion an unserem neuen Standort in Höxter starten, auch die verschiedenen Baumaßnahmen in Holzminden – wie zum Beispiel der Neubau der Standspeicherendmontage – werden planmäßig umgesetzt.“ Bis 2027 will das Unternehmen weltweit insgesamt knapp 700 Millionen Euro investieren, davon aber rund 450 Millionen Euro in Deutschland.

Gifhorns Bundestagsabgeordneter Hubertus Heil (SPD), zugleich Bundesarbeitsminister, erklärte: „Mit dem heute bekanntgewordenen möglichen Investment von Stiebel-Eltron hat Continental Worten Taten folgen lassen und eine echte Transformationsperspektive für das Gifhorner Werk geschaffen. Stiebel-Eltron zeigt als niedersächsisches Traditionsunternehmen Interesse an unserem Gifhorner Traditionsstandort und den hochqualifizierten und engagierten Mitarbeitern. Mit dem Wechsel von einem traditionsreichen Automotive-Unternehmen zu einem Unternehmen, das mit Wärmepumpen Zukunftstechnologien für die Energiewende produziert, haben wir am Gifhorner Conti-Standort die Chance, eine einmalige und erfolgreiche Transformationsgeschichte zu schreiben.“

Bürgermeister: Zukunftsorientiertes Unternehmen ist Glücksfall

Gifhorns Bürgermeister Matthias Nerlich zeigte sich mehr als erleichtert: „Das ist eine großartige Nachricht für den Standort Gifhorn. Ich habe immer gesagt, dass ich an diesen Standort glaube, und dass der Weggang von Continental nicht das Ende sein wird. Dass sich diese neue Chance in so kurzer Zeit aufgetan hat, freut mich außerordentlich. Ich empfinde es als Glücksfall, dass sich mit Stiebel-Eltron ein namhaftes, innovatives und zukunftsorientiertes Unternehmen in Gifhorn ansiedeln möchte, dass mit der geplanten Fertigung einer Edelstahlspeicherproduktion für Wärmepumpenheizungsanlagen auf einen großen Zukunftsmarkt setzt.“ Ich bin mir sicher, dass auch das qualifizierte Personal mit ausschlaggebend für diese Entscheidung ist. Diese geballte, langjährige Fachkompetenz ist angesichts des akuten Fachkräftemangels heute eine sichere Bank. Stiebel-Eltron kann auf unsere Unterstützung zählen. Wir sind als Stadt genauso wie unsere Wirtschaftsförderung bereit für Gespräche und einen aktiven Austausch.“

Gifhorns Landtagsabgeordneter Philipp Raulfs (SPD) wertet die schnelle Perspektive als Ergebnis einer engen Zusammenarbeit von Politik auf allen Ebenen mit Continental, Betriebsrat und IG Metall: „Niedersachsen ist das Energieland und unsere Region ist Industrieregion, das zeigt das Stiebel-Eltron als niedersächsischen Industrieunternehmen in Gifhorn investieren will. In den letzten Wochen haben zahlreiche Gespräche stattgefunden. Darin waren die Zukunftssorgen der Beschäftigten immer zentraler Bestandteil. Mit der heute bekannt gewordenen Absichtserklärung geht es endlich wieder um positive Aussichten.“

Stiebel-Eltron mit Sitz im niedersächsischen Holzminden fertigt mit weltweit 5500 Beschäftigten Haustechnik und grüne Technologie. Der 99 Jahre alte Konzern setzt mit Technik für Wärme, Warmwasser, Lüftung und Kühlung rund 1,1 Milliarden Euro um, je zur Hälfte im In- und Ausland. Die Standorte verteilen sich bislang auf Holzminden, Eschwege, Freudenberg und Hameln. Weitere Fertigung ist in der Slowakei, in Schweden, Thailand und China angesiedelt.

Verhandlungen der Konzerne werden jetzt intensiviert

Die Absichtserklärung von Continental und Stiebel-Eltron ist ein Einstieg in einen mittelfristigen, letztlich noch ergebnisoffenen Prozess in der Übergangsphase des Zulieferwerks bis Ende 2027. Das bedeutet: „Stiebel-Eltron plant am Continental-Standort Gifhorn den Aufbau einer Edelstahlspeicherproduktion für Wärmepumpen-Heizungsanlagen. In dem Zusammenhang haben die Firmen eine Absichtserklärung zur Übernahme von Produktions- und Funktionsflächen unterzeichnet. Die Verhandlungen über Nutzungsmöglichkeiten am Standort Gifhorn werden umgehend aufgenommen. Möglichst vielen der dort beschäftigten Mitarbeiter mit passender Qualifikation sollen nachhaltige Beschäftigungsperspektiven aufgezeigt werden“, so die Mitteilung. Damit die Beschäftigten den Anforderungen einer potenziellen Arbeit bei Stiebel-Eltron entsprechen, wird Continental ihnen im unternehmenseigenen Weiterbildungsinstitut für Technologie und Transformation (CITT) Qualifizierung anbieten.

Continental: Kosten am Standort Gifhorn nicht wettbewerbsfähig

Continental hatte vor zwölf Tagen bekannt gegeben, die Geschäftsaktivitäten im Werk Gifhorn bis Ende 2027 schrittweise einzustellen. Diese Maßnahme erfolge vor dem Hintergrund des stark gestiegenen Kostendrucks in der Automobilindustrie, der rückläufigen Automobilmärkte sowie der hohen und im internationalen Vergleich nicht wettbewerbsfähigen Kostenstruktur vor Ort.

Niedersachsens IG-Metall-Chef Thorsten Gröger sagte: „So könnte eine Zukunft für einen beträchtlichen Teil der rund 850 Beschäftigten am Standort gesichert werden. Wir sind sehr froh, dass mit Stiebel-Eltron ein potenzieller Interessent gefunden wurde, der in den Standort Gifhorn investieren und dort Produkte der Energiewende bauen möchte. Als niedersächsischer Player ist Stiebel-Eltron ein Schwergewicht, das über ein Geschäftsmodell verfügt, das in Gegenwart und Zukunft stark nachgefragt ist. Wenn aus der Absichtserklärung auch gelebte Praxis wird, ist dies eine gute Nachricht für die Beschäftigten und ein wahrer Transformationsmeilenstein.“

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Die Absichtserklärng der Firmen, den Letter of Intent, hält Gröger für ein wichtiges Zeichen für die Belegschaft, dass in Gifhorn auch in Zukunft weiter gute und tariflich abgesicherte Arbeitsplätze verfügbar sind. „Dass Continental in Gifhorn einen anderen Weg einschlägt als es das Unternehmen an anderen Standorten wählte, ist sicherlich auch das Verdienst der IG Metall-Mitglieder und des hohen Organisationsgrades der Belegschaft in Gifhorn“, schildert der Bezirksleiter.

Niedersachsens IG-Metall-Chef: Massiv qualifizieren

Nun gelte es, bestmöglich und für so viele Kollegen wie möglich den Übergang von Arbeit in Arbeit zu ebnen. Diesen Prozess werde die IG Metall eng begleiten und für die Interessen der Beschäftigten Sorge tragen. Die IG Metall drängt auf massive Qualifizierungsmaßnahmen für alle Beschäftigten, egal ob ihr Weg bei Stiebel-Eltron weiterführt, innerhalb des Continental-Konzerns stattfindet oder bei anderen ortsansässigen Unternehmen. Auch der Gifhorner Schichtstoffhersteller Egger sucht beispielsweise anhaltend Fachkräfte.