Tappenbeck. Eigentlich sollte über ein neues Entgeltsystem verhandelt werden. Jetzt ist die IG Metall wegen einer Absichtserklärung ausgestiegen.

Eigentlich sollte es zuletzt beim Entwicklungsdientsleister Bertrandt mit der Mitbestimmung bergauf gehen, nun verfällt das Unternehmen, das sich lange Zeit gegen Mitbestimmungsstrukturen wehrte, wieder in alte Muster und versucht die IG Metall von wichtigen Verhandlungen um die Zukunft auszuschließen. Das teilt die Gewerkschaft am Montag in einer Pressemitteilung mit.

Zum Hintergrund: Mit den Betriebsratsgremien war vereinbart worden, gemeinsam über ein ein neues Entgeltsystem auf Basis einer Betriebsvereinbarung zu verhandeln. Bisher saß die IG Metall als Berater für einige Betriebsratsgremien mit am Tisch. Ein Vorgang, der in der Bundesrepublik allgemein anerkannt und in vielen Unternehmen gängige Praxis ist. Jedoch bestand die Firma Bertrandt darauf, vor dem Zugang zu den Verhandlungen einen „Letter of Intent“ mit der IG Metall abzuschließen, um die Spielregeln klar festzulegen. Dies wurde von der IG Metall zuerst zwar mit Irritationen zur Kenntnis genommen, aber letztlich im Sinne eines zukünftigen konstruktiven Prozesses doch mit dem Unternehmen vereinbart.

Auf genau diesen „Letter of Intent“, also die Absichtserklärung, berufen sich im aktuellen Konflikt jetzt die Betriebsräte der Bertrandt Technologie GmbH (BTG) und der Bertrandt Simulations GmbH (SIM), weil der Berater der IG Metall in Frage gestellt wird und aus den Verhandlungen ausgeschlossen werden soll. Ausgerechnet der neue Geschäftsführer, dem dieses Dokument im interessanterweise so wichtig war, äußerte nun, dass ein „Letter of Intent“ nicht rechtsverbindlich sei.

IG Metall fordert Tarifverhandlungen auf Augenhöhe

Die Gewerkschaft zieht Konsequenzen. Obwohl sich die Betriebsräte der (BTG) und der (SIM) für den Verbleib der IG Metall am Verhandlungstisch einsetzen möchten, hat die IG Metall erklärt, dass sie ihre Beratung nur noch außerhalb des Verhandlungstisches wahrnehmen wird. „Der Arbeitgeber hat durch sein Verhalten keine konstruktive Zusammenarbeit ermöglicht. Eine solche wäre nur in Tarifverhandlungen auf Augenhöhe möglich“, erklärt der für Bertrandt zuständige Betriebsbetreuer Sebastian Schien von der IG Metall Wolfsburg seinen Rückzug aus den Verhandlungen. Die IG Metall ist nun entschlossen, ihren Umgang mit der neuen Geschäftsführung in Zukunft entsprechend anzupassen, heißt es in der Pressemitteilung.

Der neue Geschäftsführer hat zudem verkündet, dass es nach wie vor nur einen Berater für alle fünf Betriebsratsgremien geben darf, was zu einer Konfrontation zwischen den Betriebsräten führt, da nicht alle Betriebsratsgremien der IG Metall nahestehen. Rechtlich steht übrigens jedem Betriebsratsgremium ein eigener Berater zu.

Die Entscheidung von Bertrandt, die IG Metall vom Verhandlungstisch zu entfernen, wirft weitere Fragen auf. Die IG Metall ist eine anerkannte Gewerkschaft und vertritt die Interessen vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ihre Präsenz bei Verhandlungen dient dazu, faire Arbeitsbedingungen sicherzustellen. Das Verhalten von Bertrandt lässt deshalb Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Unternehmens hinsichtlich der Einführung eines wirklich fairen Entgeltsystems aufkommen.

Unternehmensberatung schaut zu

„Es ist Besorgniserregend, dass der neue Geschäftsführer keinerlei Kommunikation mit uns als IG Metall Wolfsburg über die Situation gesucht hat und dass die Firma Lurse, die als Unternehmensberatung den Verhandlungen beiwohnt, dieses undemokratische Vorgehen stillschweigend hinnimmt. Da wir als IG Metall Wolfsburg bisher positive Erfahrungen mit Lurse gesammelt haben und uns eine Beratung hinsichtlich des Verbleibs am Verhandlungstisch gewünscht hätten“, mahnt Schien.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickelt. Die IG Metall hat klargemacht, dass sie weiterhin die Interessen der Beschäftigten vertreten wird, auch wenn sie nicht mehr direkt am Verhandlungstisch sitzt. Die Betriebsräte der BTG und der SIM werden ihre Bemühungen verstärken, um eine gerechte Lösung in den Verhandlungen zu erzielen. „Es ist zu hoffen, dass die neue Geschäftsführung von Bertrandt ihr Verhalten überdenkt und den Wert einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der IG Metall erkennt“, so Schien.