Leiferde. Die Storchenpopulation hat sich im Kreis Gifhorn binnen 10 Jahren fast verdoppelt: Storchenbetreuer zählt bisher 83 Brutpaare – so viel wie noch nie.

Ein munteres Liebesspiel in der Kirche? Naja, genau genommen auf der Kirche. Jedenfalls für das Storchenpaar, das sich in Leiferde auf der mehr als 150 Jahre alten St. Viti-Kirche niedergelassen hat und nun auf den Nachwuchs wartet. Die beiden sind eins von insgesamt 83 Brutpaaren im Landkreis Gifhorn. Mindestens 166 Störche – so viele gab es noch nie im Landkreis Gifhorn. Binnen zehn Jahren hat sich der Bestand nahezu verdoppelt, bestätigt Storchenbetreuer Hans-Jürgen Behrmann. „Der Storchenboom hat uns voll erreicht.“

Schwülper und Leiferde sind Storchen-Hotspots im Landkreis Gifhorn

Leiferde beispielsweise gehört zu den Hotspots der Storchenpopulation. Neben dem Nest auf der Kirche gibt es natürlich das quasi weltweit bekannte Storchenpaar Fridolin und Mai auf dem Schornstein des Artenschutzzentrums, deren Nachwuchs per Webcam zu beobachten ist. Dort kamen bereits Ende April vier Jungstörche zur Welt, dann waren es noch drei, am gestrigen Mittwoch nur noch zwei, die mächtig Hunger hatten.

Dass die Storchenwelt manchmal grausam sein kann, zeigte sich auch in Rühen. Dort brach ein Storch durch das Dach einer maroden Scheune und verletzte sich. In Oerrel wurde ein verletzter Storch mit einem Einstichloch im Brustbereich beobachtet, das er sich wohl bei Kämpfen um das Nest im benachbarten Lingwedel zugezogen hatte. In Leiferde in der Straße Kehrwieder stürzte eine Störchin aus dem Baumnest, sie konnte nur noch tot geborgen werden. Die zwei Eier konnten mit Unterstützung der Drehleiter der Feuerwehr Gifhorn geborgen werden. Sie liegen nun in einer Brutmaschine im Artenschutzzentrum. Der Storch hat nicht lang trauern müssen, er habe inzwischen eine neue Gefährtin gefunden, berichtet Behrmann. Weitere Nester sind auf dem Gelände des Artenschutzzentrums und benachbarten Wiesen, insgesamt sind es neun.

Der zweite Storchenhotspot ist die Gemeinde Schwülper mit 12 Brutpaaren rund um Hülperode, Walle, Rothemühle, Lagesbüttel und Schwülper. Die Gründe für diese Dichte schildert Behrmann: Zum einen ist es die Braunschweiger Deponie, dann die Rieselfelder und schließlich die Okerauen, die für einen reich gedeckten Tisch sorgen. Im nahen Wendeburg, Kreis Peine, sind es sogar 15 Paare.

Zu einer ungewöhnlichen Hilfsaktion kam es Ende April in Weyhausen. Dort hatte sich ein Brutpaar zusammengefunden, aber das Nest war von Nilgänsen besetzt. Die beiden versuchten sich im Nestbau in der Umgebung, erst auf zwei Schornsteinen, dann auf einer gekappten Eiche an der Schule. Weißstorch-Regionalbetreuerin Rita Lunde sowie der Schulhausmeister Martin Schulz und Hausmeisterkollege Markus Becker bauten mit Hilfe einer Europalette eine provisorische Nisthilfe – die das Storchenpaar dankend annahm.

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Dass sich die Storchenpopulation derartig gut entwickelt hat, liegt vor allem an den guten Überwinterungsbedingungen für sogenannte Westzieher, also jene, die ursprünglich in Marokko überwintern, mittlerweile aber aufgrund des Klimawandels nur noch bis Spanien fliegen. Von dort kommen viel mehr Störche zurück als bisher. Erstaunlich hoch sei auch die Zahl der Neuansiedlungen im Landkreis Gifhorn. Zehn neue Storchenpaare zählten Behrmann und seine Mitstreiter, unter anderem auch an der Burg Brome.

In Wahrenholz hat der Winde das Storchennest vom Ast gefegt

Eine erste Gesamtübersicht hat Behrmann für den 17. Mai angekündigt. Bis dahin könnten sich durchaus noch Änderungen ergeben, beispielsweise Brutabbrüche oder spät zurückgekommene Ostzieher, die einen langen Weg aus Afrika über den Libanon, Türkei, Rumänien, Ungarn und Tschechien haben. Erst am Sonntag gab es beispielsweise einen Brutabbruch in Wahrenholz. Dort fegte eine Windböe das Nest von einem Eichenast in 20 Metern Höhe.