Wilsche. Sechs von zehn Meistern und Gesellen im Betrieb von Ortsbrandmeister Jürgen Schacht sind ehrenamtlich aktiv in der freiwilligen Ortsfeuerwehr.

Wenn im Gifhorner Ortsteil Wilsche die Sirene heult, ist bei der Dachdeckerei Kurt Schacht GmbH Alarm. Nicht etwa weil es dort brennt. Aber mehr als die halbe Belegschaft eilt zum Löschen. Sechs der zehn Gesellen und Meister sind freiwillige Feuerwehrmänner der Ortswehr. Co-Geschäftsführer Jürgen Schacht bleibt im Einsatz ihr Chef: als Ortsbrandmeister.

Geselle Thomas Meyer ist stellvertretender Ortsbrandmeister. Co-Geschäftsführer Volker Schacht, Jürgens Bruder, löscht als Mannschaftsdienstgrad. „Wir waren auch schon mal sieben Feuerwehrleute, aber dann ist ein Geselle weggezogen“, erzählt Jürgen Schacht schmunzelnd die ungewöhnlich Geschichte. Ganz ehrlich: Mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Natürlich ist er stolz auf seine Männer, wobei es bei der Feuerwehr längst auch viele Frauen gibt, nur gerade nicht im Dachdeckerbetrieb. Ortsbrandmeister wird man zudem nicht ohne Überzeugung und Berufung. Doch gerade aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist das Ehrenamt nicht ohne.

Der Betrieb trägt manch wirtschaftliche Last des Ehrenamtes

Deswegen gilt es, bei der Frage nach einer möglichen Einstellungsvoraussetzung einer Feuerwehrmitgliedschaft Missverständnisse zu vermeiden. Also, man muss nicht unbedingt Brandschützer sein, um als Dachdecker bei Schacht zu arbeiten. „Das ist einfach so gewachsen bei uns auf dem Dorf“, sagt Jürgen Schacht. Nur gelte solch tatkräftiges Ehrenamt eben nicht als unausgesprochenes Einstellungshindernis wie mancherorts.

Denn die Firma, das gilt es zu würdigen, ist mehr oder weniger freiwillig Sponsor solch gesellschaftlich erwünschten Engagements. Bei der Abrechnung des Verdienstausfalls mit der Stadt bleibe letztlich immer eine Lücke. „Kurzeinsätze stellen wir erst gar nicht in Rechnung“, sagt Schacht. Im Arbeitsalltag noch schwerer zu handhaben sind die Unwägbarkeiten auf der Baustelle. Man sei als Freiwilliger ja praktisch 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche in Bereitschaft. Allein 34 Alarme gab es bislang 2020 für die Wilscher. Kann man dann ein geöffnetes Dach Hals über Kopf zurücklassen? „Absprachen bei Alarm sind schwierig. Oft sind die Männer schon weg, wenn ich komme“, erzählt Jürgen Schacht. Mittlerweile habe sich da eine realistische Praxis durchgesetzt. Meldeempfänger zeigen den genauen Brandort – liegt er zu weit weg, müssen andere Helfer ran. In Wilsche teilen sich 65 Aktive den Brandschutz.

Im Einsatz werden die Kollegen zu Kameraden

Schachts Dachdecker bilden dennoch das Rückgrat der Ortsfeuerwehr. Alle kennen das Löschwesen von der Pike auf, wechselten von der Jugendfeuerwehr zu den Aktiven. Der jüngste Neuzugang ist Geselle Jan Engelhard. Der 22-Jährige war im Alter von 12 Jahren zum Nachwuchs gestoßen, gleich mit 16 zu den Aktiven. Ortsbrandmeister Schacht selbst bezeichnet sich als „Quereinsteiger“: Er trat mit 18 Jahren direkt den Einsatzkräften bei.

Wenn Kollegen im Einsatz zu Kameraden werden, sichert das reibungslose Abläufe. „Man weiß einfach, was der andere kann“, sagt Vize-Ortsbrandmeister Meyer. Vertrauen gibt Sicherheit. Und mal unter uns Dachdeckern: Manch kniffligen Einsatz übernehmen besser gleich Handwerker. Meyer drückt es so aus: „Man passt schon auf, wen man da hoch aufs Dach schickt.“ Das kann Jan Engelhard mit Erfahrungen in seiner Zweitfeuerwehr im Nachbarort Kästorf nur bestätigen: „Da wird man als Praktiker schon um Rat gefragt.“