Gifhorn. Wer kein schnelles Internet hat, fühlt sich nicht nur abgehängt, er ist es in vielen Fällen auch. Die Netzstruktur im Kreis Gifhorn ist ausbaufähig.

Gerade Gewerbetreibende sind auf stabile und schnelle Verbindungen angewiesen, um Geschäfte abwickeln oder digitale Kommunikationskanäle nutzen zu können.

Im Landkreis Gifhorn gibt es insgesamt 101 sogenannte weiße Flecken – also unterversorgte Gebiete, in denen die Bewohner mit Maximal-Geschwindigkeiten von unter 30 Megabit pro Sekunde auskommen müssen. Das betrifft 13 000 Haushalte. Viele Gemeinden haben das Problem erkannt und auf eigene Faust gehandelt: Sie haben für schnelles Internet in ihrem Dorf gesorgt. Dabei nutzen sie die Vectoring-Technik, bei der Glasfaserkabel bis zum Verteilerkasten gelegt werden. Von dort aus führen Kupferkabel bis ans Haus. Auf diese Weise sind Geschwindigkeiten von bis zu 100 Megabit pro Sekunde beim Herunterladen möglich. Schwülper, Hillerse, Leiferde und viele andere Gemeinden sind diesen Weg mitgegangen. Inzwischen ist sogar gesetzlich geregelt, dass bei der Erschließung von Neubaugebieten eine passive Infrastruktur vorgehalten werden muss, um Glasfaserleitungen mitverlegen zu können.

Für die Orte, die kein schnelles Internet haben, bietet der Landkreis nun eine Lösung an: Er lässt für rund 60 Millionen Euro eine 823 Kilometer lange Glasfaser-Ringleitung verlegen. Dabei reichen die Leitungen bis ins Haus (FTTP-Anschluss), sodass auf Kupferkabel wie beim Vectoring ganz verzichtet werden kann. Auch die kreiseigenen Schulen sollen davon profitieren.

Der Kreis hatte schon in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass sich die Situation im Landkreis ein Stück weit verbessert. Zum Ende der Strukturförderperiode 2007 bis 2013 hatte er Fördermittel eingeworben, mit denen insgesamt 76 Orte mit Breitband-Technologie versorgt werden konnten. Sein neues Mega-Projekt möchte Gegenden mit extrem langsamem Internet zu turbo-schnellem Internet von bis zu 1000 Megabit, also einem Gigabit pro Sekunde, verhelfen. Der eigens gegründete Regiebetrieb hat dafür Sorge getragen, dass bereits Leerrohre für Glasfaser mitverlegt werden, wo Versorger wie die LSW den Boden ohnehin für eigene Zwecke geöffnet haben.

Nach und nach könnten aber auch schwarze Flecken mit Download-Raten von derzeit mehr als 30 MBit/s angeschlossen werden, weil dieses Tempo schon bald nicht mehr zeitgemäß sein wird. Dazu müsste der Bund oder die EU jedoch eine Anhebung der Aufgreifschwelle, die eben derzeit bei unter 30 Mbit/s liegt, beschließen, wie der Landkreis auf seiner Internetseite schreibt. Für diesen Anschluss würde dann das Pächterunternehmen zuständig sein.

Doch nicht alle Gemeinden ziehen bei dem Glasfaserring mit: Weyhausen und Tappenbeck im Boldecker Land zum Beispiel hatten einer Aufgabenübertragung an den Kreis bewusst nicht zugestimmt und werden damit nicht angeschlossen. Sie kümmern sich daher selbst um schnelles Internet.

Der Bund hat für die Errichtung bereits 15 Millionen Euro als Zuschuss bewilligt, das Land ist mit 5 Millionen Euro ebenfalls dabei. Ein 2016 gegründeter Arbeitskreis Breitband mit Vertretern der zehn Gebietseinheiten Papenteich, Isenbüttel, Brome, Boldecker Land, Sassenburg, Meinersen, Gifhorn, Hankensbüttel, Wesendorf und Wittingen sowie des Kompetenz-Zentrums Niedersachsen dienen als Koordinatoren und Multiplikatoren.

Seit Mitte April 2018 steht auch das Unternehmen fest, das das Ringnetz vom Landkreis als Netzeigentümer pachtet: Die Net Services GmbH übernimmt den alltäglichen Betrieb und die technische Betreuung. Der Pachtvertrag mit dem Flensburger Telekommunikationsunternehmen ist auf 25 Jahre angelegt.

Wegen des Projektvolumens müssen alle Planungsvergaben, die zur Umsetzung des Glasfasernetzes notwendig sind, europaweit ausgeschrieben werden. In dieser Phase steckt der Landkreis derzeit. „In diesem Verfahren hat in der vergangenen Woche die erste Verhandlungsrunde mit den Unternehmen beziehungsweise den Bietern stattgefunden, die im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbes ihre grundsätzliche Qualifikation zur Umsetzung der Netzplanung bewiesen haben“, sagt Kreisrat Mirco Schmidt auf Nachfrage unserer Zeitung.

Wann die Planungsleistungen vergeben werden können, stehe noch nicht fest. Der Kreisausschuss muss dazu sein Okay geben. Ist dieser Schritt getan, werde im Verbund zwischen dem Netzbetreiber, dem Netzplaner und dem Landkreis Gifhorn das weitere Vorgehen abgestimmt. Viele Bürger und Gemeinden wollen wissen: Wann geht es endlich los? Schmidt: „Die Inbetriebnahme des Breitbandnetzes ist noch nicht terminiert.“