Wolfsburg. Für einen Konzern wie VW ist es ein erhebliches Risiko, sich in eine Weltmeisterschaft zu wagen.

Wenn es schief geht – wie bei Mercedes in der Formel 1 – nehmen Häme und Negativschlagzeilen kein Ende. Das Markenimage leidet. Um die gute Nachricht vorwegzunehmen: Es ging gut für VW zum Auftakt der WM 2013 bei der Rallye Monte Carlo. VW-Fahrer Sébastien Ogier wurde im Polo Zweiter hinter dem Citroën-Piloten Sébastien Loeb, der ähnlich überragend ist wie einst Walter Röhrl vor rund drei Jahrzehnten.

Also: Kompliment. Das Team von VW Motorsport mit Jost Capito an der Spitze und Wolfsburgs Technische Entwicklung unter Leitung von Ulrich Hackenberg haben exzellent gearbeitet. Technisch sofort auf dem Niveau des Favoriten: Das ist auch deshalb beachtlich, weil sich VW bisher nie bei Rallyes betätigt hat, sondern mit dem Touareg nur Off-Road-Rennen fuhr – ein ganz anderes Metier! „Spitze“ auch, wie ruhig und professionell die Mechaniker die Autos bei der „Monte“ checkten.

VW kann den Titel holen

Da Sébastien Loeb, der inzwischen neunmal hintereinander Rallye-Weltmeister war, nicht erneut eine komplette Saison bestreiten will, bietet sich für VW sogar die Chance auf den Weltmeister-Titel. Loeb will künftig mehr reine Rennen fahren.

Ein VW-Sieg würde den Erfolg zwar schmälern, wenn Loeb nicht mehr dabei ist. Aber Titel ist Titel. Doch viel wichtiger ist: Welche Werbewirkung – denn darum geht es schließlich – verströmt überhaupt noch eine Rallyeweltmeisterschaft?

Die Bewertung ist etwas zwiespältig. Volkswagen hat ja vor zwei Jahren, als der WRC-Einstieg (World-Rallye-Championship) verkündet wurde, den Start in eine weltweit verwurzelte Serie gewünscht. Von China über Russland bis in die USA. Doch Fakt ist: Von dreizehn WM-Läufen finden zehn in Europa statt. Nur drei Rallyes laufen in Mexiko, Argentinien und Australien.

Hinzu kommt, dass zumindest in Europa (Schweden und Finnland mal ausgenommen) die Faszination für Rallyes nicht mehr so ausgeprägt ist, wie noch zu Zeiten, als Audi zwischen 1981 und 1986 für Furore sorgte. Das war jetzt auch bei der Rallye Monte Carlo spürbar, wo die Publikumsresonanz und das Medien-Echo doch sehr nachgelassen haben.

Das hat aus deutscher Sicht auch damit zu tun, dass es momentan keinen Star mehr gibt wie Walter Röhrl, der nicht nur Weltmeister war, sondern beispielsweise viermal die Rallye Monte Carlo gewann – auf vier verschiedenen Autos! 1980 auf Fiat-Abarth, 1982 mit einem Opel Ascona, 1983 in einem Lancia 037 und 1984 im Audi Quattro. So etwas entfachte natürlich Begeisterung.

Das abflachende Interesse mag ebenso daran liegen, dass im heutigen, recht mageren Teilnehmerfeld – so virtuos die Spitzenpiloten sein mögen – eine gewisse Eintönigkeit herrscht. Alle Konkurrenten sitzen in Kleinwagen, die sich ziemlich ähneln. Was war das doch für eine Vielfalt, als in den 1970er Jahren vom winzigen Autobianchi oder Renault 5 über Opel Ascona und Mercedes 300 bis hin zu Porsche 911, Ford Capri oder Lancia Stratos all das über die Straßen und Schotterpisten fegte, was die Herzen der Fans wärmte.

Heute ist die Top-Kategorie der WRC so definiert: Vom Basismodell müssen 25 000 Stück gebaut worden sein. Das Reglement fordert Turbomotoren mit 1,6 Liter Hubraum. Das Wagengewicht ist auf 1200 Kilo festgelegt. Ein Restrictor bremst die Vierzylinder-Benzinmotoren auf etwa 315 PS ein. Trotz dieser Auflagen ist der WRC-Polo eigentlich ein reiner Prototyp. Ein irres Gerät! Vom Serien-Polo blieben wahrscheinlich nur das VW-Emblem am Bug und die Rückleuchten übrig.

Wer bleibt als Konkurrent?

Die Konkurrenz für VW ist überschaubar. Citroën beherrscht die Szene seit Jahren, könnte aber mittelfristig aufhören, weil ein neues Ziel angepeilt wird: Tourenwagenweltmeisterschaft auf der Rundstrecke. Ford verkündete 2012 den Ausstieg, die WRC-Wagen sind aber – privat eingesetzt – 2013 noch dabei. BMW (mit dem Mini) beendete des Werksengagement 2012 ebenfalls. Allerdings will Hyundai 2014 einsteigen. Was mag die Zukunft bringen?