Braunschweig. Zweirad-Test Die kalifornische Firma Zero baut Elektromotorräder, die gut aussehen und genauso fahren. Verzicht kann auch Spaß machen.

Was waren das noch Zeiten: als man über PS, Zylinderzahl, Hubraum und Umdrehungen pro Minute fachsimpeln konnte. Und heute? Drehen sie einem als Motorradtester Elektrogeräte an: eine Zero DS aus Kalifornien. Demnächst soll man sich wohl auch noch auf einen Küchenmixer setzen.

Benzin quatschen am Motorradtreff? Sich an der Ampel am Motorengeräusch erfreuen? Dem Knistern des Auspuffs lauschen? Wie soll das gehen?

Überraschung vor dem Start: Dieses Elektroding sieht aus wie ein Motorrad, sogar wie ein gut aussehendes Motorrad. Schmal, hoch, hochmodern reduziert. Irgendwas zwischen Naked Bike, Super Moto und Enduro – Dual Sports eben.

Schlüssel umgedreht, Zündung an, Gas geben, äh, Griff drehen, lossurren. Bei uns an der Tankstelle ertappe ich mich dabei, nach dem Spritpreis zu schauen – zwanghafte Konditionierung in Zeiten hoher Benzinpreise.

An der Ampel greife ich nach dem Kupplungshebel und ins Leere. Nicht zum letzten Mal: kein Getriebe, kein Schalten. Der Elektromotor mit 21 Kilowatt Spitzenleistung kennt nur einen Gang: vorwärts. Und das spiel- und lastwechselfrei dank Riemenantrieb. Ein hohes Drehmoment, das zwischendurch die Arme lange zieht, kein Krach, kein Gestank, kein Schalten – das sind die Vorzüge der Zero.

Das Ding fährt eben wie ein Motorrad. Der etwas phlegmatische Eco-Modus reicht zum Mitschwimmen im Stadtverkehr locker aus, im Sport-Modus geht’s bei Bedarf vehement genug voran, um jede Anfängermaschine stehenzulassen – bis etwa 130 Kilometer pro Stunde. Dann wackelt die Fuhre allerdings bereits leicht.

Zu stehen kommt man auch ziemlich gut: vor allem mit der gut zupackenden Vorderradscheibenbremse von Hayes. Beim Gaswegnehmen wird über die Elektromotorbremse der Akku geladen, zumindest ein wenig. 100 bis 180 Kilometer weit soll man mit einer Stromladung kommen, was vorzüglich zur begrenzten Langstreckentauglichkeit der schmalen Sitzbank passt. Nach unseren Fahrtests sind abseits der Autobahn 110 Kilometer realistisch. Das Laden dauert lang, da die Aufnahme auf ein Kilowatt begrenzt ist. So schonend geladen, soll der Akku auch nach fast 400 000 Kilometern noch 80 Prozent seiner Kapazität haben, ein großes Versprechen.

Das Fahrverhalten ist, abgesehen von dem relativ hohen Schwerpunkt durch die neun Kilowattstunden aufnehmende Lithium-Ionen- Batterie und den zu kleinen Lenkeinschlag, untadelig – kein Wunder bei nur 155 Kilogramm Leergewicht. Sogar einstellbare Federelemente gibt es.

Kritik natürlich auch: Spiegel, in denen man nur seine Arme sieht, oder einen seltsam gekröpften Lenker findet man aber auch an normalen Motorrädern.

Dass der Anschluss fürs Ladekabel völlig ungeschützt genau im Spritzwasserbereich liegt, ist allerdings ein Fall für die nächste Modellpflege. Auch vermisst man einen Platz fürs Kabel.

Und für 13 995 Euro sollte man statt indonesischer Deli Reifen auch hochwertige Gummis erwarten können. Überhaupt wirken alle Anbauteile eher so billig wie bei einem taiwanesischen Baumarktroller und nicht wie bei einem so teuren Motorrad.