Braunschweig. Wer möchte schon ein Auto fahren, dass Stuhlgang heißt? Oder – schlimmer noch – Scheißdreck? Die Namensfindung ist ein tückisches Terrain.

Das globale Geschäft erfordert eine Tauglichkeit des Namens in allen Sprachen. Das gelingt nicht immer. Derartige Fehlgriffe sind auf den Straßen unterwegs.

Ein solches Missgeschick wäre für den Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche indes ein Alptraum. Für die Premiumautos der Zuffenhausener ist das Beste gerade gut genug – ein Patzer bei der Namensgebung undenkbar. Ihren jüngsten Spross haben die Schwaben Macan getauft – das leitet sich vom indonesischen Wort für Tiger ab. „Der Macan ist über die Assoziation Tiger geschmeidig, kraftvoll, faszinierend und auf dem Sprung“, sagte Marketing-Vorstand Bernhard Maier.

Im Idealfall sollen Modellnamen Emotionen transportieren, Kunden gewissermaßen wie über eine Brücke an das Auto heranführen. Und wenn alles rund läuft, werden die Namen sogar zur Marke.

Der VW Golf ist so ein Beispiel. Von der Golf-Klasse ist oft die Rede, gemeint ist dann die Kompaktwagenklasse. So dominierend ist der Wolfsburger Verkaufsschlager, der bis zu seinem Ende wohl nie anders heißen wird.

Doch beim Namen kann eben auch vieles schiefgehen. Ein Beispiel ist Audis Modellreihe e-tron. Auf Französisch heißt étron Kothaufen oder Stuhlgang. Eine solche Namensschöpfung scheint gewagt. Feinheiten wie Bindestrich und Accent aigu hin oder her: Es ist anrüchig. Dabei trennen Audi und Frankreich ja nur wenige Hundert Kilometer.

Bei Japanern und Südamerikanern ist das schon anders, zwischen ihnen liegt ein ganzer Ozean. Vielleicht ist das die Erklärung dafür, dass Mitsubishi ein Modell Pajero taufte. Im südamerikanischen Raum rund um Chile und Argentinien bedeutet das, pardon, Wichser. Die vulgärsprachliche Bedeutung – „el pajero“ – steht sogar in Wörterbüchern.

Das Unternehmen rekonstruiert seinen Fauxpas so: „Eines hat Mitsubishi nicht bedacht: Pajero ist zwar die zoologische Bezeichnung für eine Wildkatze, aber ausgerechnet in der spanischen Vulgärsprache hat pajero eine nicht wiederzugebende Bedeutung.“ Zwischenzeitlich gibt es Alternativen, in Spanien etwa „Montero“ (Berg-Jäger) und in Großbritannien „Shogun“.

Und um noch einmal nach Fernost zu schauen: Toyotas MR2 ist eine Abkürzung, die für Mittelmotor, Heckantrieb und Zweisitzer steht. Auf Französisch buchstabiert, klingt MR2 aber wie „merde“ – und hat sich somit im wahrsten Sinne des Wortes in den Fluch „Scheißdreck“ verkehrt. Toyota löste den Fall pragmatisch: In Frankreich heißt das Auto nun einfach nur MR.

Professionelle Namensfindung überlässt daher nichts dem Zufall. Längst lebt eine ganze Branche davon, herauszufinden, wie Produkte am besten heißen könnten. Die Düsseldorfer Agentur Nomen beispielsweise ist eine der Agenturen, die das für Firmen macht.

Sybille Kircher ist dort geschäftsführende Gesellschafterin. „Im Zuge der Globalisierung werden immer mehr Produkte international vermarktet. Im Sinne einer einheitlichen Vermarktung sollte man daher rechtzeitig auf die juristische und sprachliche Verwendbarkeit der eigenen Markennamen in allen potenziellen Absatzmärkten achten“, erläutert sie. „Dass sich Produkte trotz einer negativen Bedeutung verkaufen, ist die Ausnahme, nicht die Regel.“

Bei VW reicht der Prozess der Namensgebung von mehreren Monaten bis hin zu Jahren. Die Wolfsburger nutzen für ihre Modelle auch Themenfelder wie Winde (Passat), Sport (Polo) oder griechische Mythologie (Eos). Knapp 100 deutsche Erstanmeldungen für Markennamen zählt VW im Schnitt pro Jahr – denn es werden nicht nur Autonamen angemeldet, sondern auch Bezeichnungen für neue Technologien. (dpa)