Osterode. Die Aktivisten von „Omas gegen Rechts“ erinnern an die Verbrechen der NS-Zeit. Die Reinigung der Stolpersteine wurde von Jugendlichen unterstützt.

Am 9. November gedenken bundesweit und in vielen Ländern Menschen an die Pogrome gegen Jüdinnen und Juden im Jahr 1938. Die Mitglieder der „Omas gegen Rechts Altkreis Osterode“ trafen sich zu diesem Anlass zu einer besonderen Aktion am Kornmarktbrunnen in Osterode. Gemeinsam mit Jugendlichen einiger örtlicher Schulen reinigten sie die Stolpersteine im ehrenden Angedenken. Die mit Gedenktafeln versehenen Steine erinnern an ehemals in Osterode lebende Jüdinnen und Juden und an das Schicksal, das sie während der NS-Zeit erleiden mussten. Insgesamt sind hier zehn dieser kleinen Bodendenkmäler zu finden.

Die meisten davon befinden sich im Bereich des Kornmarktes und der Innenstadt. Die Idee dazu entstand einst aus einem Projekt des deutschen Künstlers Gunter Demnig in den neunziger Jahren. Er verlegt seitdem Stolpersteine nicht nur in Deutschland, sondern auch in über 30 europäischen Ländern, darunter Frankreich, Österreich oder auch Russland. Sie gelten als das größte dezentrale Erinnerungsmahnmal weltweit. Im Mai 2023 verbaute Demnig den 100.000 Stein im fränkischen Nürnberg.

Mitglieder von „Omas gegen Rechts Altkreis Osterode“ trafen sich mit Schülerinnen und Schülern sowie ihren Lehrkräften am 9. November, um die Osteroder Stolpersteine zu reinigen und der ermordeten Osteroder Jüdinnen und Juden zu gedenken.
Mitglieder von „Omas gegen Rechts Altkreis Osterode“ trafen sich mit Schülerinnen und Schülern sowie ihren Lehrkräften am 9. November, um die Osteroder Stolpersteine zu reinigen und der ermordeten Osteroder Jüdinnen und Juden zu gedenken. © FMN | Ralf Gießler

Die meisten Juden aus Osterode am Harz sahen sich zur Auswanderung gezwungen

In Osterode am Harz lebten über Jahrhunderte Juden. Während der NS-Zeit waren es 56 Mitbürgerinnen und Mitbürger. Bereits kurz nach der Machtergreifung im Jahr 1933 gab es hier Aktionen gegen jüdische Geschäfte. Die hiesige Wirtschaft wurde im Zeitraum zwischen 1935 und 1938 „arisiert“, jüdische Geschäftsinhaber aus ihren Betrieben verdrängt. Viele Osteroder Juden sahen sich aufgrund der zunehmenden Repressalien zur Auswanderung gezwungen. Bis zu Beginn des Zweiten Weltkrieges im September 1939 hatten fast alle in Osterode lebende Juden der Stadt den Rücken gekehrt. Wer nicht auswandern konnte oder es nicht geschafft hatte, hoffte in deutschen Großstädten einen gewissen Schutz aufgrund größerer Anonymität zu finden.

Aktivistin beim Reinigen eines Stolpersteines in der Marientorstraße 10 in Osterode am Harz.
Aktivistin beim Reinigen eines Stolpersteines in der Marientorstraße 10 in Osterode am Harz. © FMN | Ralf Gießler

Zum Gedenken an die im Holocaust ums Leben gekommenen Osteroder Juden wurden hier Ende Juni 2010 Stolpersteine verlegt. Sie kennzeichnen die jeweils letzte Wohnstätte der Ermordeten in Osterode am Harz. Seit 2022 haben es sich nun die „Omas gegen Rechts Altkreis Osterode“ zur Aufgabe gemacht, die entsprechenden Steine am 9. November – dem Tag der Reichspogromnacht 1938 – zu reinigen: „An diesem besonderen Tag gedenken wir der Opfer und säubern die Stolpersteine. Wir legen auch jeweils eine Blume nieder und lesen Texte vor, die an die deportierten Bewohnerinnen und Bewohner erinnern und über sie informieren.“ Während der Reichspogromnacht ist auch die Synagoge, welche im Langen Krummen Bruch stand, nicht von Schändungen verschont geblieben.

Großes Hinweisschild über die Lage der Stolpersteine in der Altstadt.
Großes Hinweisschild über die Lage der Stolpersteine in der Altstadt. © FMN | Ralf Gießler

Nie wieder ist jetzt, auch in Osterode am Harz

Ein großes Hinweisschild vor der Osteroder Touristeninformation bietet einen Überblick über die einzelnen Stolpersteine vor Ort, wo sie zu finden sind und an welche Menschen sie erinnern. „Erinnern heißt handeln!“ – so war es auf einem Transparent der „Omas gegen Rechts“ in Anlehnung eines Zitats von Esther Bejarano zu lesen. Die Auschwitzüberlebende und langjährige Aktivistin im Internationalen Auschwitz-Komitee setzte sich zeitlebens für eine aktive Erinnerungskultur ein. Ihr Appell, an nachfolgende Generationen gerichtet, ist zeitlos und heute noch brandaktuell: „Ihr habt keine Schuld an dieser Zeit. Aber ihr macht euch schuldig, wenn ihr nichts über diese Zeit wissen wollt. Ihr müsst alles wissen, was damals geschah. Und warum es geschah.“

Daher ist es wichtig, dass Jugendliche in Aktionen wie das Reinigen von Stolpersteinen mit einbezogen werden. Zustände, wie sie während der Nazi-Diktatur herrschten, dürfen sich nie wiederholen. Nie wieder ist jetzt.

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