Osterode. Bretter, die die Welt bedeuten, gibt es auch in Osterode am Harz. Zum Geburtstag der Stadthalle erinnern sich Veranstalter an ihre bewegte Geschichte.

  • Die Stadthalle von Osterode am Harz wird 50 Jahre alt. Im Oktober 1973 wurde der Bau eingeweiht.
  • Zahllose Künstlerinnen und Künstler sind seitdem hier augetreten. Darunter Tony Marshall, Didi Hallervorden, Truckstop, Wolfgang Petry und Roy Black.
  • Harald Münchow war als Konzertveranstalter schon früh dabei. Er erinnert sich bis heute lebhaft an Eskaden von Bands wie Torfrock oder Didi Hallervorden, der nach seinem Auftritt noch eine ungewöhnliche Bitte an Münchow hatte.
  • Die Pläne für eine Eventlocation in Osterode wurden schon vor dem 1. Weltkrieg diskutiert. Es sollte noch mal 60 Jahre dauern, bis sie endlich umgesetzt werden konnten.
  • Selbst Pop-Sängerin Blümchen verbindet eine interessante Geschichte mit der Stadthalle von Osterode.

Im Oktober 1973 öffnet die Stadthalle Osterode ihre Tore – seit 50 Jahren ist sie ein integraler Bestandteil der Gesellschaft der ehemaligen Kreisstadt am Harz. Vieles in der Stadt ist seitdem anders geworden: Die Stadthalle ist geblieben. Ihre Mauern sind Teil der Geschichte Osterodes. Zahllose Künstlerinnen und Künstler sind hier aufgetreten, haben ihre Marotten ausgelebt und das Publikum weit über die Region hinaus unterhalten. Mit Nostalgie und viel Liebe blickt die Stadtgesellschaft ein halbes Jahrhundert nach ihrer Eröffnung nun auf ihre Stadthalle zurück – und träumt von der Zukunft des Hauses.

Erinnerungen kommen da ans Tageslicht, vor allem bei denen, die schon das ein oder andere Jahrzehnt erlebt haben. Zur 50-Jahr-Feier der Stadthalle, fragen sich viele der geladenen Gäste, wie sie die Stadthalle einst erlebt haben. Zum Beispiel Rainer Semm, FDP-Ratsherr im Stadtrat und „Meister vom Stuhl“ der Freimaurer-Loge „Tempel zur Eintracht“. Auf dem Empfang berichtet er unserer Zeitung: „Als die Halle eröffnet wurde, war ich gerade elf Jahre alt. Es wurde Cola und Fanta ausgeschenkt – die tranken wir im Laub, das im Brunnen vor der Schachtruppvilla angehäuft war. Das war etwas ganz Besonderes damals.“

Die Stadthallenfamilie: Alte und aktuelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadthalle Osterode auf der 50-Jahr-Feier.
Die Stadthallenfamilie: Alte und aktuelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadthalle Osterode auf der 50-Jahr-Feier. © Daniel Li | Daniel Li

Nach seinem Auftritt hat Didi Hallervorden eine eher ungewöhnliche Bitte

Ähnliche Erinnerungen treten bei vielen der Gäste zutage, wenn sie heute an ihre Stadthalle denken. Doch kaum einer hat hier so viel erlebt, wie Harald Münchow. Der 73-Jährige war viele Jahrzehnte Organisator von Konzerten und anderen Kunstauftritten in der Stadthalle: Seine Leidenschaft für Musik und Kunst hat er schon als junger Erwachsener entdeckt. Sie sollte ihm zur Berufung werden. In der Stadthalle findet er die ideale Location für viele der Künstler, die er ab 1973 nach Osterode holen konnte. Davon erzählt er heute noch gern. Zum Beispiel von dem Abend, als Torfrock ihn anrufen, um das Konzert am folgenden Tag abzusagen: Ein Mitglied war krank geworden. „Was sollten wir tun, die Halle war bereits komplett ausverkauft. Wir konnten niemandem mehr Bescheid geben“, erzählt Münchow. Mit Freunden erstellt er noch in der Nacht Handzettel, dass das Konzert ausfallen muss und dass er schon nach einem Ausweichtermin suche. „Die haben wir dann am Abend des geplanten Auftritts vor der Stadthalle an alle Gäste verteilt.“

Heute lacht Münchow über solche Geschichten. Damals, vor 50 Jahren, war seine Stimmung anders. Doch eigentlich überwiegen für ihn die schönen Seiten seiner Geschichte mit der Stadthalle. Kuriose Fälle gab es bisweilen auch. Im Gedächtnis geblieben ist Münchow besonders Didi Hallervorden, der im Oktober`79 in der Stadthalle auftritt: „Nach seinem Auftritt, fragte er mich, wo man hier denn noch kegeln könnte. Aber es war ja schon halb elf.“ Münchow rennt zum Fernsprecher vor der Halle und telefoniert herum. Und hat Erfolg: Im neuen Schützenhaus stehen die Kegel bereit für Didi und seine Entourage. Der Abend ist gerettet.

Harald Münchow im Gespräch mit Michael „Bingobär“ Thürnau. Münchow hat schon in den 70ern zahlreiche Konzerte in der Stadthalle Osterode auf die Beine gestellt und eine Menge Geschichten aus dieser Zeit zu erzählen.
Harald Münchow im Gespräch mit Michael „Bingobär“ Thürnau. Münchow hat schon in den 70ern zahlreiche Konzerte in der Stadthalle Osterode auf die Beine gestellt und eine Menge Geschichten aus dieser Zeit zu erzählen. © FMN | Kevin Kulke

Geschichten wie diese könnte Münchow den ganzen Abend erzählen. Unter seiner Ägide kamen viele große Namen in den Harz. Roy Black, Wolfgang Petry, Torfrock, Tony Marshall, Truckstop– die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Zum Beweis seiner langen Karriere als Organisator von Konzerten in Osterode hat Münchow eine Menge Plakate von damals mitgebracht. Die Stadthalle stellt sie zur eigenen Geburtstagsfeier aus, zusammen mit der passenden Technik aus den 70er und 80er Jahren.

60 Jahre Diskussionen: Warum hat es bis zum Bau der Stadthalle Osterode so lange gedauert?

Dass Osterode überhaupt eine Stadthalle hat, ist nur auf verschlungenen Pfaden zustande gekommen. Wie der Osteroder Stadtarchivar Ekkehard Eder unserer Redaktion berichtet, beginnen die Diskussionen für den Bau eines großen Gemeindehauses für sportliche und kulturelle Veranstaltungen bereits im Jahr 1914. Es sollte allerdings knapp 60 Jahre dauern, bis die Stadt für den Streit eine Lösung findet, die mehrheitsfähig ist. Wie Eder berichtet, gab es bereits in den 50er Jahren Vorschläge, das Harzkornmagazin zu einer Festhalle umzubauen, doch die Ideen lassen sich nicht umsetzen: „Erst nach über zwei Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg war die Stadt Osterode in der Lage, das Projekt eines Stadthallenneubaus erneut in Angriff zu nehmen. Ein Architektenwettbewerb wurde 1968 durchgeführt, im Herbst 1971 erhielt der Architekt Horst Beier aus Braunschweig den Auftrag zum Bau der Stadthalle“, so Eder.

Die Vision: Das Original-Modell der Stadthalle aus den 70er Jahren. Nach einem Architektenwettbewerb erhält 1971 der Architekt Horst Beier aus Braunschweig den Auftrag zum Bau der Stadthalle.
Die Vision: Das Original-Modell der Stadthalle aus den 70er Jahren. Nach einem Architektenwettbewerb erhält 1971 der Architekt Horst Beier aus Braunschweig den Auftrag zum Bau der Stadthalle. © FMN | Kevin Kulke

Im Juli 1972 beginnen schließlich die Bauarbeiten, die am 25. Oktober 1973 mit der feierlichen Einweihung abgeschlossen werden. 1995 geht die Halle dann vom Fremdenverkehrsamt in die Hände der Wirtschaftsbetriebe Osterode über. Im Jahr 2009 wird die Stadthalle, so Eder, zuletzt umfassend modernisiert. Eine anhaltende Aufgabe, wie auch Bürgermeister Jens Augat (SPD) betont. Für Erhalt und Modernisierung der Stadthalle sei immer Geld eingeplant – ein solches Projekt ließe sich heute wahrscheinlich kaum noch umsetzen, räumt er ein. Augat selbst verbindet ebenfalls einen Schlüsselmoment seines Lebens mit der Stadthalle: Hier lernte er seine spätere Ehefrau kennen – in der Theater-AG, wie er Moderator Michael Thürnau vom NDR und den geladenen Gästen berichtet.

Dass die Stadthalle auch noch weitere 50 Jahre überstehen kann, ist Corina Borgmeyers Aufgabe. Sie hat 2021, mitten in der Corona-Pandemie, des Heft übernommen, leitet jetzt die Geschicke von Osterodes Halle. Um zukunftsfähig zu bleiben, will sie besonders digitale Formate weiterentwickeln, die während der Pandemie geholfen haben, den Laden am Laufen zu halten. Aber es sind auch die schnöden Aufgaben des Alltags, mit denen sie die Zukunft der Halle sichern will: Die Stühle, auf denen die Gäste der Osteroder Stadtgesellschaft an diesem Abend Platz genommen haben, erleben gerade ihren letzten Einsatz. Für sie ist das Ende erreicht, sie werden nun ersetzt, wie Borgmeyer erklärt.

Einst wurde Blümchen in Osterode arg geärgert – heute macht sie mit einem Osteroder zusammen Metal

Die Stadthalle, soviel ist zum Ende ihrer Jubiläumsfeier klar, ist für Osterode zentral. Wie viele Schuljahrgänge sind hier verabschiedet worden, wie viele Konzerterlebnisse haben sich hier in die Gehirne der Osteroderinnen und Osteroder eingebrannt? Harz Kurier Sportreporter Robert Koch erinnert sich noch gut, wie irgendwann in den 90ern die Sängerin Jasmin Wagner, besser bekannt als Blümchen, hier singen wollte und dabei von einer Menge Jungs im Publikum arg gestört wurde. Denen stand der Sinn vom Look her mehr nach Metal als nach Pop – die Karten hatten verschiedene Institutionen im Vorfeld kostengünstig unter das Volk gebracht. Jetzt wollten sie sich einen Spaß machen, auf Kosten von Blümchen, damals kaum älter als 16 Jahre. Heute, 25 Jahre später, nimmt Jasmin Wagner zusammen mit dem Osteroder Niklas Kahl von der Dark-Metal Truppe Lord of the Lost Pop-Song-Cover auf. So schließt sich der Kreis.

Schicken Sie uns Ihre Bilder

Ein halbes Jahrhundert gibt es sie bereits: die Stadthalle in Osterode am Harz. Verbinden auch Sie besondere Momente mit der Location? Schicken Sie uns Ihre schönsten Bilder aus der Stadthalle, damals und heute, egal ob Konzert, Ehrenveranstaltung oder Sport-Event. Wir sammeln die besten Bilder für eine Erinnerungs-Sonderseite: redaktion-harzkurier@funkemedien.de

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