Bad Sachsa/Goslar. In Gedenkstättenprojekt „Kinder des 20. Juli 1944“ in Bad Sachsa fließen mehr als 1 Million Euro, ans Welterbe Rammelsberg gehen 2,25 Millionen Euro.

Dank des Förderprogramms „KulturInvest 2023“ fließen vom Bund mehr als drei Millionen Euro in zwei Projekte in unserer Region: Das Gedenkstättenprojekt „Kinder des 20. Juli 1944“ in Bad Sachsa erhält die Bundesförderung in Höhe von 1.130.000 Euro und an das Weltkulturerbe Erzbergwerk Rammelsberg gehen 2,25 Millionen Euro. „Unsere regionalen Bundestagsabgeordneten haben sich hier alle gemeinsam für uns eingesetzt“, erklärt Bad Sachsas Bürgermeister, Daniel Quade.

Mit dem Förderprogramm „KulturInvest 2023“ in einer Gesamthöhe von 300 Millionen Euro will der Bund, seine nationale Verantwortung für die Kulturentwicklung in Deutschland wahrnehmen. Das Geld soll in Maßnahmen wie die Modernisierung, Sanierung, Restaurierung und Um- oder Neubau bei kulturellen Einrichtungen, Objekten und Kulturdenkmälern sowie Ausstellungen von „gesamtstaatlicher Relevanz“, so der Bund, gefördert werden. Wichtigste Kriterien seien dabei, dass das Vorhaben zum Ziel haben müsse, die Kultur für eine breite Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine kommerzielle Nutzung dürfe nicht im Vordergrund stehen. Gefördert werden deutschlandweit 60 Investitionsvorhaben.

Bewusstsein für Widerstand und Demokratie stärken

„Ich freue mich sehr, dass der Haushaltsausschuss des Bundestages Fördermittel in Höhe von 1,13 Millionen Euro für das Gedenkstättenprojekt ‚Kinder des 20. Juli‘ aus dem Förderprogramm KulturInvest 2023 bereitstellt. Eine Förderung dieses Projekts bedeutet nicht nur eine Stärkung des nationalen kulturellen Erbes, sondern sie stärkt auch das Bewusstsein für die Bedeutung von Widerstand und Demokratie. Dank des gemeinsamen Engagements der regionalen Bundestagsabgeordneten konnten die Fördermittel eingeworben werden“, so Frauke Heiligenstadt, SPD-Bundestagsabgeordnete. Das unterstreichen auch die Bundestagsabgeordneten Fritz Güntzler (CDU) und Konstantin Kuhle (FDP).

Dazu Kuhle: „Das Vorhaben, in Bad Sachsa an die Kinder des 20. Juli zu erinnern, ist ein kulturpolitisches Projekt von bundesweiter Bedeutung.“ Güntzler ergänzt: „Ich freue mich, dass die Realisierung der Erinnerungsstätte ,Kinder des 20. Juli 1944’ durch die Bundesförderung so ein gutes Stück vorangebracht wird.“ In 2024 jährt sich das Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 nun zum 80. Mal. „Die Geschichte aufzuarbeiten und dem Vergessen aktiv entgegenzuwirken, ist gerade in diesen Zeiten wichtiger denn je geworden“, sind sich die Bundestagsabgeordneten und der Bürgermeister einig.

Kinder der Hitler-Attentäter in Sippenhaft genommen

Seit 2016 befindet sich in Bad Sachsa die Dauerausstellung „Kinder des 20. Juli“. Die Ausstellung beleuchtet einen Aspekt um den Widerstand gegen den Nationalsozialismus, der von der Öffentlichkeit oft nicht betrachtet wird – die Auswirkung der Widerstandsleistung auf die Familien der Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer.

Die Ausstellung nimmt sich der Schicksale der in Sippenhaft genommenen Familienmitglieder der Gruppe um den 20. Juli an. Denn 46 Kinder – der von den Nationalsozialisten zum Tode verurteilten Widerstandskämpfer – wurden ihren Familien entrissen, von Geschwistern getrennt, umbenannt und in Bad Sachsa interniert. Ihre Identität sollte ausgelöscht werden. Während die Eltern in Schauprozessen verurteilt wurden, sollten die Kinder unsichtbar gemacht werden. Nur durch Zufall entgingen sie der Ermordung im Konzentrationslager Buchenwald.

„Unsere wahre Identität sollte vernichtet werden“ heißt die Ausstellung über die Kinder, die nach dem 20. Juli 1944 von den Nazis ins Borntal in Bad Sachsa verschleppt wurden.
„Unsere wahre Identität sollte vernichtet werden“ heißt die Ausstellung über die Kinder, die nach dem 20. Juli 1944 von den Nazis ins Borntal in Bad Sachsa verschleppt wurden. © FMN-Archiv | Mark Härtl

Platz der Erinnerung schaffen

„Auf dem Areal des Borntals entsteht aktuell eine neue Feriendorfanlage. Lediglich die drei historischen Gebäude, in denen die Kinder interniert waren, stehen noch. Ein Gebäude ist Bestandteil des Feriendorfes und ist bereits denkmalschutzrechtlich hergerichtet worden. Die Stadt Bad Sachsa hat von der einmaligen Chance erfahren, eines der historischen Objekte erstmals in der Geschichte, selbst erwerben zu können. Die entsprechende Förderung durch den Bund hilft bei diesem Vorhaben. Allerdings hoffen wir auch auf positive Signale von der Landesregierung zur Förderung der anderen 50 Prozent, die uns zur Realisierung noch fehlen. Es handelt sich hierbei um ein Projekt von nationaler Bedeutung und sollte anlässlich des 80. Jahrestages schnellstmöglich umgesetzt werden. Zumal ich mich besonders freuen würde, die noch lebenden ,Kinder des 20. Juli‘ persönlich zur Einweihung in Bad Sachsa begrüßen zu dürfen“, erklärt Bürgermeister Quade.

Geplant sind die Errichtung eines Museums und einer Gedenkstätte mit einem „Platz der Erinnerung“, einem „Baum der Hoffnung“ und einem Buchladen. Die Dauerausstellung soll ebenfalls erneuert und erweitert werden. Sie wurde bereits von der „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ und der „Stiftung 20. Juli 1944“ gefördert.

Förderung für das Weltkulturerbe Erzbergwerk Rammelsberg

Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat auch Fördermittel in Höhe von 2,25 Millionen Euro für das Weltkulturerbe Rammelsberg aus dem Förderprogramm freigegeben hat. „Mit diesen Mitteln kann das Weltkulturerbe Rammelsberg weiterhin die bedeutsame Geschichte des Bergbaus für unsere Region an einem authentischen Ort vermitteln und die vorhandene Dauerausstellung auf den neusten Stand der Forschung und der Technik bringen“, erklärt Frauke Heiligenstadt (SPD).

Am Ende der 1990er Jahre wurde in das ehemalige Zentralmagazin des Erzbergwerks Rammelsberg im Rahmen des Aufbaus einer musealen Infrastruktur nach der Ernennung zum Weltkulturerbe über drei Etagen auf ca. 2.200 Quadratmetern Fläche eine kulturhistorische Dauerausstellung zur Geschichte des Bergbaus im Unterharz eingerichtet.

Rammelsberg: Fast die ganze Welt der Montanindustrie an einem Ort.
Rammelsberg: Fast die ganze Welt der Montanindustrie an einem Ort. © FMN-Archiv | Thomas Kügler

„Inhaltlich sind in vielen Bereichen neue Forschungsergebnisse einzupflegen und diese unter Berücksichtigung schwindender Allgemeinkenntnisse über den Bergbau und seine historische und aktuelle Bedeutung für eine nachhaltige wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland mittels zukunftsfähiger Vermittlungsformen für Besucher:innen aufzubereiten“, berichtet Heiligenstadt weiter. Bei den geplanten Maßnahmen zum Aufbau der neuen Dauerausstellung handele es sich um investive Maßnahmen mit kulturellem Bezug. Die vorhandene Ausstellung im Museumshaus Magazin solle mit vorhandenen und ergänzenden analogen und digitalen Ausstellungsmitteln in Wert gesetzt werden.

Zur Verbesserung der Barrierefreiheit für körperlich eingeschränkte Besucher wird ein vorhandener Fahrstuhl über die drei Etagen der Ausstellungsfläche modernisiert. Die kognitiven Barrieren in der vorhandenen Dauerausstellung durch bergbauspezifische Informationen werden ersetzt durch verständlichere Ausstellungstexte und einen gezielten Medienwechsel.

Nach Abschluss des Projektes ist die Ausstellung im Museumshaus Magazin die zentrale museale Attraktion im Übertagebereich des Weltkulturerbes Rammelsberg. Mit ihr werden die bisher wenig genutzten Möglichkeiten der Verbindung von untertägigem Besucherbergwerk und übertägigen Bergwerksmuseum hergestellt.