Herzberg. Bei dem zweiten Klimaworkshop in Herzberg besprechen die Teilnehmenden Maßnahmen und Ziele, wie die Stadt bis 2045 die Klimaneutralität erreichen kann.

Bis 2045 rechnerisch klimaneutral werden: Das möchte die Stadt Herzberg mit einem Maßnahmenpaket erreichen. Erarbeitet werden soll das unter anderem in Zusammenarbeit mit Herzberger Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen eines Klimaworkshops. Kürzlich fand das zweite Treffen statt - und gibt Ausblicke auf die größten Klima-Ersparnisse, aber auch die größten Baustellen der Stadt.

„Das Thema bewegt uns alle und wir schauen was wir tun können. Jetzt kann man schon sagen: Hier liegt einiges vor uns“, eröffnet Bürgermeister Christopher Wagner die Versammlung im Martin-Luther-Haus in Herzberg. „Es geht nun um die Vertiefung der Ideen und Anstöße, die wir im ersten Workshop erarbeitet haben. Wir prüfen deren Umsetzbarkeit und stellen die ersten Zahlen der Verwaltung vor.“

Diese Maßnahmen zum Erreichen der Klimaneutralität bis 2045 sind vorgesehen

Im Bereich Stadtverwaltung und Städtische Betriebe stehen die Nutzung von Fotovoltaik auf städtischen Gebäuden und die Nutzung von Flachdächern auf dem Plan. Zudem sollen energetische Quartierskonzepte und ein energetisches Gutachten zu allen Liegenschaften erstellt werden. Eine Wärmebedarfsplanung für die Stadt Herzberg und deren Ortschaften und die Möglichkeit von Elektro-Carsharing sowie E-Bikes für die Verwaltung stehen ebenfalls auf dem Plan. Unter Gebäude und Wohnen haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des ersten Workshops die Ziele von Beratungsangeboten rund um das Thema Energieeffizienz und das Schaffen von Möglichkeiten für den Einsatz von Wärmepumpen als Wunsch formuliert. Zudem sollen Fern- und Nahwärme genutzt und der individuelle Sanierungsfahrplan für Privatgebäude (ISFP) zur CO2-Neutralität beleuchtet werden.

Ein wesentlicher Punkt für die Workshop-Teilnehmerinnen und Teilnehmer war das Thema Mobilität. Die formulierten Ziele: Elektrofahrzeuge im städtischen Betrieb, mehr E-Ladesäulen, flächendeckende Geschwindigkeitsbegrenzungen auf 30 km/h, eine verbesserte Ampelschaltung und der Ausbau des ÖPNV. Außerdem wünschen sie sich Mitfahrbänke in den Ortsteilen, Fahrgemeinschaften sowie eine „Kiss and go“-Zone an Schulen (Anm. d. Red: Als „Kiss and Go“ oder „Kiss and Ride“-Zone ist ein Bereich gemeint, der nur für das kurze Anhalten des Fahrzeuges, um jemand aussteigen zu lassen angedacht ist), außerdem eine Revitalisierung der Bahnstrecke Scharzfeld und St. Andreasberg. Ein weiterer Wunsch ist der Ausbau von Radwegen und des Radwegenetzes. Unter dem Punkt Natürlicher Klimaschutz sollen unter anderem Blühwiesen angelegt, eine Begrünung der Innenstadt, die Pflege des Biotops Ochenpfuhl und die Schaffung von Abkühlungsmöglichkeiten, beispielsweise im Domeyerpark, thematisiert werden.

Unter Energieerzeugung fassen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter anderem die Umwidmung von landwirtschaftlichen Flächen für die Gewinnung erneuerbarer Energien, eine vollständige Belegung mit PV-Anlagen und das Bündeln von Wind- und PV-Anlagen mit anderen Kommunen zusammen. Außerdem, so die Teilnehmer, könnte eine Energiegenossenschaft gegründet werden. Im Bereich Wirtschaft soll mit lokalen Unternehmen zum Thema Fernwärme und Nahwärme gesprochen werden. Zudem gehe es den Teilnehmenden hier um die Bündelung von Transporten und der Schaffung von Anreizen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich energiesparender Alternativen. Im Bereich Bildung und Kultur sind vor allem eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, Workshops zum Thema Klima für Jugendliche und Senioren sowie die Klimaberatung als Schulfach gewünscht. Im letzten Bereich, der Land- und Forstwirtschaft, soll es unter anderem um die Vermarktung regionaler Produkte, Biogasanlagen und einer Klimaschutzberatung für Landwirte gehen.

Ein Blick auf den Energieverbrauch der Stadt Herzberg

Anna Tegtmeier, Herzbergs Klimamanagerin, stellte einige Zahlen aus dem Strom- und Wärmeverbrauch der städtischen Liegenschaften vor: Die Kläranlage, so die Klimaschutzmanagerin, habe mit 500.000 kW den größten Verbrauch. Geldlich entspricht das einer Summe vom 105.000 Euro. Alle anderen Liegenschaften lägen hingegen im unteren Quadranten in Sachen Stromverbrauch. Im Vergleich zu 2021 habe man zudem 15.4 Prozent mehr erneuerbarer Strom produziert. „Mit den neuen Anlagen, die entstehen sollen, erhalten wir noch einmal 130.000 kW Potenzial zur Produktion.“ Im Bereich Wärme bestehe vor allem im Bereich Rathaus, Mahnteschule und dem Bauhof Handlungsbedarf. Mit einem Bedarf von 398.000 Kilowattstunden (KWh) und Kosten von 16.000 Euro steht das Rathaus an der Spitze, gefolgt von der Mahnte Turnhalle mit 253.000 kWh und 16.000 Euro Kosten. Im Bereich der Mahnte Turnhalle gelte es, alle Möglichkeiten der Einsparung zu prüfen, so unter anderem die Möglichkeit, die abgezogene Wärme zu nutzen, um über eine Wärmepumpe zu heizen. „Um das erneut zu nutzen, muss jedoch zuerst die ganze Anlage angesehen und auf aktuellen Stand gebracht werden.“

Aus diesen Zahlen ergibt sich ein Fazit, das Benedikt Siepe von energie konzepte klimaschutz vorstellte: „Private Haushalte und die Industrie dominieren die CO2-Bilanz. Öffentliche Gebäude machen hingegen einen Prozent aus, haben aber eine Vorbildfunktion.“ Der Anteil regenerativer Stromerzeugung liegt mit 10 Prozent deutlich unter dem Bundesdurchschnitt und der Verkehr werde weiterhin von Auto und Lkw dominiert. In Zahlen bedeutet das: „Seit der letzten Erfassung ist der Verbrauch von 366.900 Megawattstunden auf 378.700 angestiegen, im Bereich CO2 steigen wir von 87.000 auf 113.700 Tonnen.“ „Die Zahlen sind noch nicht final, von verschiedenen Stellen erwarten wir noch weitere genaue Daten, die die Bilanz ergänzen werden.“

Zwei Szenarien zum Erreichen der Klimaneutralität

Er stellte zudem zwei Szenarien zum Erreichen der Ziele bis 2045 vor: Das „Trend“-Szenario sieht die Gebäudesanierung wie bisher vor, zudem sollen Heizungen bis 2045 auf Holz oder elektrische Wärmepumpen umgerüstet werden. 80 Prozent E-Mobilität und 50 Prozent Belegung der Dächer mit PV-Anlagen sowie die Nutzung von 50 Prozent der landwirtschaftlichen Biomasse sind hier vorgesehen. Mit einem Windkraftausbau von sechs Anlagen mit einer Leistung von 4 Megawatt sollen insgesamt 60.000 Megawattstunden jährlich und mit PV-Freiflächenanlagen auf 60 Hektar zusätzlich 27.000 Megawattstunden jährlich an erneuerbaren Energien produziert werden. Das „Klimaschutz“-Szenario sieht die Gebäudesanierung auf Niedrigenergiehaus-Standard vor, zudem sollen Heizungen bis 2045 auf Holz oder elektrische Wärmepumpen umgerüstet werden. 100 Prozent E-Mobilität und 100 Prozent Belegung der Dächer mit PV-Anlagen sowie die Nutzung von 100 Prozent der landwirtschaftlichen Biomasse sind hier vorgesehen. Mit einem Windkraftausbau von sechs Anlagen mit einer Leistung von 4 Megawatt sollen insgesamt 60.000 Megawattstunden jährlich und mit PV-Freiflächenanlagen auf 60 Hektar zusätzlich 27.000 Megawattstunden jährlich an erneuerbaren Energien produziert werden.

„Die CO2-Neutralität ist nur im Klimaschutz-Szenario möglich. Mit der derzeitigen Windkraft- und PV-Planung kann es die Stadt mit ihren Kommunen erreichen, bis 2045 klimaneutral zu werden.“

In einer anschließenden Gesprächsrunde mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurden unter anderem Fragen zu PV Freiflächen, dem Klärgas der städtischen Kläranlage und der Energieberatung für einzelne Haushalte in Herzberg beantwortet und besprochen. Der nächste Workshop, unter anderem mit der Vorstellung der Ergebnisse aus den geplanten Gesprächen mit Herzberger Unternehmen, wird im November stattfinden.