Braunschweig. Man braucht vier Spieler, einen Ball und eine Art Trampolin – aber auch Ballgefühl und Reaktionsschnelligkeit. An der TU wird eifrig gespielt.

Max holt zum Aufschlag aus und trifft den Ball perfekt mit der Handfläche. Die kleine gelbe Kugel prallt schwungvoll aufs Netz und saust in hohem Bogen wieder gen Himmel. Das gegnerische Team ist blitzschnell. Zwei Schritte nach hinten, den rechten Arm in die Höhe, den Blick nach oben. Die Sonne blendet – egal. Annehmen, Abspielen und patsch, schleudern sie den Ball zurück aufs Netz.

„Wenn wir mit Freunden im Park spielen, bleibt oft jemand stehen und fragt, was wir da spielen“, erzählt Max Seikowski. Zusammen mit seinem Kommilitonen Niclas Ullner leitet er den Spikeball-Kurs vom Unisport der TU Braunschweig. Von einem Freund aus Köln haben sie im Sommerurlaub 2017 diesen Trend aufgeschnappt und mit nach Braunschweig gebracht.

„Erstmal haben wir alle unsere Freunde davon begeistert. Aber immer nur mit den gleichen paar Leuten zu spielen, wurde irgendwann langweilig“, berichten die Studenten. Daraufhin sind Max und Niclas, die an der TU Umweltingenieurwesen studieren, mit dem Vorschlag, Spikeball als Sportkurs anzubieten, an die Uni herangetreten – mit Erfolg. Seit dem Sommersemester 2018 leiten die beiden den Unisport-Kurs.

Was ist Spikeball?

Aber Moment mal – Spikeball? Was ist das denn überhaupt genau? „Ein bisschen ähnelt es dem Beach-Volleyball“, erklärt Niclas. Die Ausrüstung ist überschaubar: Ein kleiner Ball, ein über dem Boden gespanntes Netz mit einem Durchmesser von ungefähr einem Meter, quasi eine Art Trampolin – das war‘s. „Man spielt Zwei gegen Zwei. Dabei hat jedes Team drei Ballkontakte, bevor der Ball wieder auf das Trampolin gespielt werden muss“, weiß Max. Der Ball wird mit der flachen Hand gespielt. Es gibt keine Spielfeldbegrenzung, man kann sich frei um das Trampolin bewegen, eben dahin, wohin der Ball fliegt – genauso simpel wie anstrengend also. Und das Ziel? „Den Ball so zu schlagen, dass die Gegner ihn nicht mehr richtig auf das Netz zurückspielen können“, erklärt er weiter, „dann gibt es einen Punkt“.

Spikeball - ein neuer Trendsport an der TU Braunschweig

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    Vom Unisport in die Parks

    Das Angebot schlug bei den Studenten voll ein. „Die Uni war überrascht über die gute Resonanz. Am Anfang sind wir mit 20 Teilnehmern gestartet, dieses Sommersemester hatten wir bereits 40. Und auch am aktuellen Ferienkurs nehmen ungefähr 20 Studenten teil“, berichten die beiden. Zudem gebe es eine WhatsApp-Gruppe für Braunschweiger Spikeballer, um sich zum Spiken zu treffen – zum Beispiel im Inselwall-Park, Prinzenpark oder am Heidbergsee. „Tatsächlich haben wir auch schon mal im Wasser gespielt, indem wir gefüllte Plastikflaschen am Trampolin befestigt haben“, erzählt Max. Einfallsreichtum, eine Prise Kreativität – mehr braucht es nicht, um den sommerlichen Trendsport mit einer Abkühlung zu verbinden. „Das ist lustig, aber mein Lieblingsboden ist immer noch Rasen“. Niclas spielt am liebsten auf Sand, da könne man sich schön hinschmeißen und ein bisschen spektakulärer spielen.

    Als Trainer des Sportkurses wollen die Studenten auch andere mit ihrer neuen Leidenschaft anstecken. Beigebracht haben sie sich den Sport selbst. „Man kann sich auch viel durch Videomaterial von Teams aus den USA oder aus Köln aneignen“, erzählen sie. „Inzwischen haben wir uns schon Einiges an Spielzügen von anderen abgeschaut“. Da es noch keine Spielzüge aus dem Lehrbuch gibt, sei das Training bisher noch nicht so einfach zu organisieren. „Wir denken uns deshalb viel selbst aus, das ist echt interessant“, erklären sie begeistert.

    Im Ferien-Sportkurs, der momentan jeden Montagabend auf dem Platz des Sportzentrums der TU stattfindet, werden dann Auf- und Rückschlagtechniken, Ballannahme und Zusammenspiel geübt – vor allem aber steht der Spaß im Mittelpunkt.

    Der Trend kommt aus den USA

    Angefangen hat alles in den USA. Vor ungefähr drei Jahren schwappte der Trend über den großen Teich nach Köln. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten, wo sich bereits College-Ligen etabliert haben und Spiele live im Fernsehen übertragen werden, steckt die Sportart in Europa allerdings noch in den Kinderschuhen. Durch Uni-Kurse, Vereine und die Organisation Roundnet Germany bilden sich seit ein paar Jahren auch in Deutschland feste Strukturen. „Roundnet Germany veranstaltet seit 2019 deutschlandweite Turniere wie die ,German Roundnet Tour’ und die deutschen Meisterschaften. So wird die Sportart Schritt für Schritt organisierter“, erklärt Max. „Eine Liga gibt es in Deutschland noch nicht, aber eine deutschlandweite Rangliste“.

    Die Community wächst

    Dank des Engagements von Studenten wie Max und Niclas wächst die Spikeball-Community in ganz Deutschland. Aber noch sei der Sport in Braunschweig fast nur unter Studenten bekannt – europaweit sehe das allerdings schon ganz anders aus: „Es gibt inzwischen auch internationale Turniere mit bis zu 120 Teams“, weiß Niclas. Wann man also beim Spielen im Park nicht mehr mit fragenden Blicken beäugt wird? „Hoffentlich ganz bald“, antworten sie lachend. Und das nächste große Event steht schon vor der Tür. Wenn am 14. und 15. September in Köln die dritte Europameisterschaft ausgetragen wird, ist Max mit seinem Braunschweiger Spielpartner Julian Liborius mittendrin im Kampf um die Medaillen. Bis dahin wird weiter trainiert – mit Freunden auf dem Sportplatz oder im Park.

    Wie jetzt gerade: Patsch. Gut gekontert. Aber Max ist schnell. Kontrolliert kann er den Ball annehmen. Patsch. Und an Niclas abspielen. Patsch. Er bekommt die Vorlage zurück, geht in die Knie, holt aus und zwirbelt den Ball zurück aufs Netz. Topspin. Perfekt getroffen, schwer anzunehmen. Das sieht auch das gegnerische Team, versucht blitzschnell zu reagieren. Aber der Ball ist weg. Max und Niclas ballen die Faust, klatschen ab, weiter geht’s. Das Match hat gerade erst begonnen.

    Mit einem Mini-Trampolin, einem kleinen Plastikball und vier Spielern ist das Spielfeld schnell aufgebaut. Sets gibt es etwa im Internet zu kaufen.

    Gespielt wird in Zweier-Teams, die sich um das Trampolin gegenüberstehen und mit drei Kontakten versuchen, den Ball auf das Trampolin zu schlagen.

    Der Spikeball-Hype entstand 2015 in den USA. 2016 wurde in Köln der erste Spikeball-Verein Deutschlands gegründet. Die erste Europameisterschaft fand 2017 in Lommel, Belgien, statt, die zweite 2018 in London. Am 14. und 15. September findet in Köln die dritte EM statt.

    In Braunschweig gibt es keinen Verein, aber seit dem Sommersemester 2018 bietet die TU Braunschweig einen Kurs an.

    Der aktuelle TU-Ferienkurs findet noch bis zum 20. Oktober montags von 18.30 bis 20 Uhr am Sportzentrum an der Franz-Liszt-Straße statt.