Braunschweig. Neue Mobilitätsdienstleistungen sollen Kunden an den VW-Konzern binden.

Die VW-Finanzdienstleistungen erhöhen die Prognose für dieses Jahr. Finanzvorstand Frank Fiedler kündigte an, dass das Rekordergebnis von 2,46 Milliarden Euro aus dem vergangenen Jahr nun „deutlich“ verbessert werde. Konkrete Zahlen nannte er nicht. Für den Aufwind sorge das wiedererstarkte Geschäft in Russland, Brasilien und Europa. Fiedler bezeichnet zudem die finanzielle Aufarbeitung des Abgas-Betrugs aus Sicht der Finanzdienstleistungen als „erledigt“. Die für dieses Jahr eingeplanten zusätzlichen Rückstellungen von 50 Millionen Euro würden nicht benötigt. Innerhalb der Finanzdienstleistungen des Wolfsburger Autobauers ist die Braunschweiger VW Financial Services AG die mit Abstand größte Gesellschaft.

Vorstandschef Lars Henner Santelmann bestätigte den in diesem Jahr eingeschlagenen Sparkurs. Bis 2025 sollen die Kosten um jährlich 850 Millionen Euro gesenkt werden. Nach Angaben Fiedlers wurden bereits einzelne Sparschritte mit einem Gesamtwert von 600 Millionen Euro festgelegt. Verringert werden sollen die Kosten über die Steigerung der Produktivität, die Standardisierung der IT sowie die Straffung der Vertriebskosten. Der Abbau von Arbeitsplätzen sei trotz der geplanten höheren Produktivität nicht geplant. Grund: Die VW-Finanzdienstleistungen wollen den Vertragsbestand von aktuell rund 20 Millionen bis 2025 auf dann 30 Millionen erhöhen – also um 50 Prozent.

Ein Schlüssel zum Erreichen dieser Ziele ist die Digitalisierung, in die die Finanzdienstleistungen bis 2020 etwa 500 Millionen Euro investieren wollen. Hinzu kommen Investitionen in einzelne Digitalisierungsprojekte, zum Beispiel 150 Millionen für den Ausbau des Geschäftsfelds Parken oder 50 Millionen Euro für den Ausbau eines digitalen Bezahldienstes.

Ohnehin bildet das Thema Digitalisierung in vielen Facetten einen Schwerpunkt in den nächsten Jahren. Wie Stefan Imme, verantwortlich für die Digitalisierung, erläuterte, sollen künftig alle Produkte – etwa Leasing-, Finanzierungs-, Versicherungs- und Serviceverträge – weltweit online verkauft werden, die entsprechenden Verträge direkt von den Kunden ebenfalls online geschlossen werden. Als Zielgröße nannte Santelmann 2,5 Millionen Neuverträge, die die Finanzdienstleistungen bis 2025 jährlich online gewinnen wollten.

Parallel dazu sollen neue digitale Geschäftsaktivitäten aufgebaut werden. Und dafür gibt es gleich drei Gründe: Natürlich sollen die zusätzlichen Dienstleitungen perspektivisch Geld einspielen, zudem sollen sie die Kunden binden und zugleich transparenter machen. Denn mit jedem zusätzlichen Angebot sammeln die Finanzdienstleitungen Kundendaten.

Ein besonders Augenmerk gilt dabei dem sogenannten Payment, also einem digitalen Angebot, das das digitale Bezahlen von Parkzeit oder Ladestrom für das E-Auto ermöglicht. Diese Daten erlauben viele Rückschlüsse auf das Kundenverhalten. „Payment ist die zentrale Klammer für die Kundenbeziehung“, sagte Imme. Daher wollten die Finanzdienstleistungen dieses Feld nicht Wettbewerbern wie Paypal allein überlassen. Die verschiedenen Kanäle, mit denen die VW-Finanzsparte ihre Kunden künftig ansprechen will, sollen laut Santelmann bis 2025 für jährlich 500 Millionen Kundenkontakte sorgen.

Solch ein weiteres Angebot ist zum Beispiel das Parken. Die Kunden können die Parkplätze nicht nur digital bezahlen, sondern auch reservieren und werden zu ihnen navigiert. In Deutschland haben die Finanzdienstleistungen nach Angaben von Gerhard Künne, Chef der Mobilitätssparte, bereits Verträge mit Parkraumbetreibern in 154 Städten geschlossen. In Europa, Kanada und den USA seien es in Summe etwa 500. Dieses Angebot solle für LKW ausgeweitet werden. Ein Vorteil für diese Kunden: Durch die Vermittlung und Reservierung von Parkplätzen sollen die Lenkzeiten der LKW-Fahrer besser genutzt werden. Sie müssten dann nicht mehr Parkplätze suchen.

Wie Künne ausführte, bauen die Finanzdienstleistungen diese neue Angebote mit Partnern auf. Dabei handele es sich bisher um sieben mittelständische Unternehmen, die von den Finanzdienstleistungen übernommen worden seien oder an denen sie sich beteiligt hätten.