Braunschweig. Zum 10. Mal würdigen unsere Zeitung und der Braunschweiger Dom am 6. Mai Ehrenamtliche – ein Rückblick zum Jubiläum.

Einige hundert Vereine, Gruppen, Initiativen und Einzelkämpfer wurden von den Lesern unserer Zeitung und unseren Lokalredaktionen in den vergangenen zehn Jahren als Kandidaten für den Gemeinsam-Preis vorgeschlagen. Es sind Menschen, die anderen ihre Zeit und ihr Wissen schenken, die dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft zusammenhält.

All diese Kandidaten und die jeweiligen Preisträger standen stellvertretend für die vielen tausend Menschen, die sich täglich ehrenamtlich engagieren – sie alle sind der große Reichtum in unserer Region, sie alle werden Jahr für Jahr von unserer Zeitung und dem Braunschweiger Dom gewürdigt.

Am 6. Mai ist es wieder so weit: Der Gemeinsam-Preis wird zum nunmehr zehnten Mal verliehen. Anlässlich dieses Jubiläums hat sich die Jury mit fünf früheren Preisträgern getroffen. Domprediger Joachim Hempel, Henning Eschemann vom Paritätischen, Chefredakteur Armin Maus und Redaktionsleiter Henning Noske waren neugierig, was aus den Geehrten geworden ist und wollten wissen, wie sich der Gemeinsam-Preis auf ihr Ehrenamt ausgewirkt hat.

Das Fazit: Die Berichterstattung in der Zeitung, die feierliche Auszeichnung und das Preisgeld waren ein Schub nach vorn. „Wir sind viel mehr in den Fokus gerückt, bekamen mehr Geld“, sagt Marianne Effe von der ökumenischen Suppenküche in Wolfenbüttel. „Die Suppenküche ist inzwischen ein Selbstläufer: Bis vor einigen Jahren hatten wir etwa 60 Ehrenamtliche, seit dem Gemeinsam-Preis 2005 geht es nach oben und wir sind jetzt bei 92. Die Leute reißen sich darum, ein Ehrenamt zu übernehmen – vor allem Schüler fragen sehr oft.“

4000 Euro Preisgeld hat die Suppenküche damals bekommen, und etwa die Hälfte liegt noch immer auf einem Sonderkonto, sagt Marianne Effe. Das Geld kommt vor allem den Ehrenamtlichen zugute, erläutert sie. Zweimal jährlich gibt es eine Feier für alle Engagierten; außerdem hat die Suppenküche inzwischen ein eigenes Büro samt Computer und Telefon sowie eine Internetseite. „Für diese Dinge greifen wir nicht auf Spenden zurück, sondern nehmen das Preisgeld.“

Doch viel lieber als übers Geld reden die Frauen von der Suppenküche über das, was sie rund um die Kochtöpfe erleben: „Wir haben sehr dankbare Gäste“, sagt Sigrid Berkau. „Das motiviert, denn wir bekommen so viel zurück!“

Für Besnik Salihi war der Gemeinsam-Preis vor drei Jahren ein Startschuss. Der damals 18-Jährige aus Schöppenstedt hat mit seinem Bruder und Freunden jüngeren Schülern Streetdance beigebracht – ein Projekt, hinter dem die Freiwilligenagentur Wolfenbüttel stand. „Nach der Preisverleihung dachte ich: Okay, jetzt geht’s ab“, erzählt er.

Was das bedeutet? Ganz einfach: Besnik Salihi hat zum Beispiel aus einer recht gediegenen Senioren-Tanzgruppe eine ausgeflippte Senioren-Breakdance-Gruppe gemacht. Die älteren Damen waren von dem jungen Herrn angetan, sie ließen sich überzeugen, dass zum Breakdance etwas lautere und flottere Musik gehört, als sie es gewohnt waren, und sie trauten sich, ihr Können vor Fernsehkameras und bei Veranstaltungen zu präsentieren. „Wir trainieren immer noch regelmäßig. Außerdem bieten wir über die Freiwilligenagentur jetzt auch einen Computerkurs für Senioren an“, sagt er. Das Besondere daran: Schüler erklären den Senioren, wie das Internet funktioniert. „Das läuft sehr gut, auch über den Altersabstand hinweg.“

Wie gut so etwas klappt, das wissen auch die Jugendlichen von der Oberschule in Lehre, die 2010 einen Gemeinsam-Preis gewonnen haben. Die damaligen Siebtklässler waren regelmäßig im Seniorenwohnheim ihres Ortes und haben mit den Bewohnern Spiele gemacht – nicht auf herkömmliche Weise, sondern mit der Spielkonsole „Wii“, die per Fernbedienung zum Beispiel ein virtuelles Kegelspiel ermöglicht.

Vom Preisgeld haben sie unter anderem eine weitere Spielkonsole gekauft, so dass ihre Spielpartner im Altenheim ein eigenes Gerät behalten konnten. Inzwischen sind die Jugendlichen in der 10. Klasse und stehen kurz vorm Abschluss – für die Spielstunden bleibt im Moment nicht viel Zeit. „Aber wir sind mit unseren Senioren auch so noch als Freunde richtig gut in Kontakt“, sagt Philip Schrieber.

Nicht nur die Schüler denken gern an die gemeinsamen Nachmittage zurück, auch ihr Lehrer Wolfgang Dittmann ist begeistert: „Ich bin so was von stolz auf diese Jugendlichen. Durch das Projekt und den Preis haben sie unglaublich viel Selbstbewusstsein gewonnen!“

Schon vor acht Jahren hat Lutz Tabert den Gemeinsam-Preis erhalten, und wenn er daran zurückdenkt, dann fällt ihm vor allem eines auf: „Seitdem habe ich ein paar Jobs mehr bekommen.“

Mit diesen Jobs meint Tabert seine Ehrenämter – nach wie vor leitet er die Selbsthilfegruppe für Menschen mit Multipler Sklerose in Salzgitter, doch inzwischen ist er auch Ansprechpartner für ganz Niedersachsen. Außerdem zeigt er Schülern, wie man als Rollstuhlfahrer durchs Leben kommt und welche Hürden es gibt. „Ich habe zum Glück so viel zu tun, muss so viele Telefonate führen, so viele E-Mails beantworten, dass ich gar keine Zeit habe, über meine Krankheit nachzudenken“, sagt Tabert lachend. „Die Krankheit kommt einfach nicht hinterher.“

Auch bei Dagmar und Hans-Joachim Krause gewinnt man den Eindruck, dass es ihnen an Zeit mangelt, über ihr fehlendes Augenlicht zu klagen. Seit vielen Jahren unterrichtet das Ehepaar andere Blinde im Umgang mit Geräten, die den Alltag erleichtern und zum Beispiel das Lesen übernehmen.

„Nachdem wir den Preis bekommen hatten, haben uns sogar fremde Menschen in der Straßenbahn angesprochen“, erzählt Dagmar Krause. Mit dem Preisgeld konnten sie und ihr Mann zusätzliche Geräte kaufen, um sie vorzuführen. „Die Technik entwickelt so schnell weiter, dass wir ganz schön hinterher sein müssen, um Schritt zu halten, zum Beispiel im Internet“, sagt sie. „Wir haben schon eine neue Idee: Wir wollen einen I-Pad-Grundkurs für Blinde und Sehbehinderte anbieten. Und dann wollen wir lernen, die E-Paper-App Ihrer Zeitung zu nutzen!“