Zwei Grundschulleiterinnen sprechen über den Wert von Nachmittagsangeboten

Cello-Unterricht, Mathe für helle Köpfe, Basketball oder Tanzen: Eltern wissen Förderung in der Schule – und das jenseits des Schulstoffes – offenbar zu schätzen. In unserem Schultest punkten zwei Braunschweiger Grundschulen vor allem mit ihren Nachmittagsangeboten.

Die besten Noten dafür gaben die Eltern, die sich an unserer Umfrage beteiligten, der offenen Ganztagsgrundschule Comeniusstraße und der privaten Hans-Georg-Karg-Schule im Jugenddorf Christophorus Braunschweig.

9 von 40 städtischen Braunschweiger Grundschulen wurden in den vergangenen drei Jahren in offene Ganztagsschulen umgewandelt – eine bei Eltern begehrte Schulform, die sich nach einer Umfrage des Stadtelternrates rund 40 Prozent der Braunschweiger Eltern für ihre Kinder wünschen

Individuelle Förderung – das ist nicht nur unter Pädagogen ein zentrales Stichwort, wenn es um erfolgreiches Lernen geht. Auch für Eltern ist es ein wichtiges Thema, wie Hella Schlüter, Leiterin der Hans-Georg-Karg-Schule, weiß.

An ihrer Schule können die Grundschüler am Nachmittag zwischen 30 Angeboten von Schach bis Zirkus wählen. Ebenso lenken lebenspraktische Projekttage zu Themen wie Haustiere oder Flugzeuge den Blick auf individuelle Stärken der Kinder. "Wer nicht gut rechnen kann, kann vielleicht gut organisieren", sagt Hella Schlüter.

Zwischen 7.30 und 16 Uhr ist die CJD-Schule nicht nur Lern-, sondern auch Lebensraum. "Kinder können sich in ihr Verschiedenheit wahrnehmen." Also auch mit ihren besonderen Fähigkeiten abseits der Leistungen im Unterricht.

Den Blick auf die Stärken der Kinder betont auch Brigitte Rössing, Leiterin der Grundschule Comeniusstraße, in der 350 von 410 Schülern zumindest tageweise das Ganztagsangebot mit rund 60 Arbeitsgemeinschaften vom Fechten bis zum Tischlern annehmen. 160 der Schüler verbringen täglich den Nachmittag in der Schule.

"Durch eine Hauptrolle in einem Musical hat eine Schülerin gewaltig an Selbstbewusstsein gewonnen", nennt Rössing ein Beispiel dafür, dass nicht allein die Schulleistung zählen soll. Andere hätten etwa beim Gitarrenspiel Erfolgserlebnisse. Vom nächsten Schuljahr an soll es an der Comeniusschule zudem eine Technik-AG geben. "Denn wir brauchen gezielte Angebote nur für Jungen", verweist Rössing auf die an Grundschulen zumeist frauenlastigen Kollegien. Nicht nur auf die Schulnoten kommt es an. Die Schulleiterin hält es für entscheidend, dass Schüler nicht den Spaß am Lernen verlieren. Wichtig seien Motivation und ein gutes Arbeits- wie Sozialverhalten.

Helle Schlüter sagt: "Uns ist es wichtig, dass die Kinder Arbeitsweisen lernen." Teamarbeit zum Beispiel oder die freie Rede vor der Klasse. In beiden Schulen sind nicht nur Lehrer für die Schüler Ansprechpartner. An der Hans-Georg-Karg-Schule begleiten Erzieherinnen bereits den morgendlichen Unterricht, der jahrgangsübergreifend in so genannten Stammgruppen stattfindet. Sie sind auch da, wenn ein Kind weint oder sich verletzt.

An der Comeniusschule gestalten die Pädagogen des Kinderhauses Brunsviga als Kooperationspartner das Nachmittagsprogramm. So betreuen Lehrer wie auch Erzieher die Hausaufgaben – zwei Professionen, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf die Kinder schauen. Für Rössing steht fest: "Das Schulleben ist viel lebendiger geworden."