Braunschweig (lni) - Lange Zeit ist die Bewerbung Braunschweigs und der Region als Europas Kulturhauptstadt 2010 belächelt worden. Mittlerweile gehört die niedersächsische Stadt zu den zehn Kandidaten, die noch im Rennen sind. Nicht nur, dass Braunschweig gegen Osnabrück von der Landesregierung den Zuschlag bekam, beim "Kultur-TÜV" des Senders 3sat gehörte die 240 000 Einwohner zählende Stadt zu den vier besten. Die tatsächliche Chance auf den begehrten Titel mag Obermeister Gert Hoffmann (CDU) nicht einschätzen: "Die Konkurrenz ist groß. Gas geben lohnt sich aber", sagt er und läutete vorige Woche den Endspurt ein.

Für ihre Bewerbung haben die Braunschweiger das Thema "Zeitlandschaften" ausgewählt. "Zugegeben, es ist ein abstrakter Begriff", sagt Hoffmann. Um die verschiedenen Städte und Landkreise vereinen zu können, sei der Begriff bei näherem Hinsehen jedoch passend. Er soll den Bogen von der mittelalterlichen Kaiserstadt Goslar über die zur Aufklärung bedeutende Lessing-Stadt Wolfenbüttel bis zu den modernen Retortenstädten Wolfsburg und Salzgitter umspannen. Zudem weise er in die Zukunft, erläutert Hoffmann.

Um die Bewerbung populär zu machen, kündigt die Stadt derzeit fast täglich Aktionen an: Ein Präsentationsabend in der Niedersächsischen Landesvertretung und eine Plakataktion in der Bundeshauptstadt, ein kulturelles Sommerspektakel, Projekte mit osteuropäischen Städten und weitere Attraktionen. Kurator Christoph Stölzl, selbst Motorradfahrer, stellte umlängst die Idee von "Kultur-Tankstellen" vor, einer Tour für Biker. Auch solche Elemente gehörten dazu: "Schließlich handelt sich hier nicht um ein Sackhüpfen für Obermeister oder ein Casting 'Deutschland sucht die Kulturhauptstadt'", sagt der ehemalige Berliner Kultursenator (CDU). Es gehe darum, möglichst viele Menschen für die Kandidatur zu begeistern.

Immer dabei ist der Braunschweiger Löwe, der als "König der Bewerber" von zahlreichen Plakaten mehr Selbstbewusstsein verströmt, als man den Einwohnern nachsagt. So heißt es in der Kurzfassung der Bewerbungsschrift, dass sich die Region als Zonenrandgebiet lange Zeit ins Abseits gestellt fühlte. Erst seit der Wiedervereinigung hätten die heterogenen Städte und Landkreise langsam entdeckt, dass sie gemeinsam eine kulturell bedeutende, wirtschaftlich und wissenschaftlich innovative Region in der Mitte Europas bilden. Die seit drei Jahren laufende Bewerbung hat laut Hoffmann dazu viel beigetragen. Nun "brenne die Region darauf, zu zeigen was sie hat und was sie kann", heißt es in der Broschüre.

Dazu stehen rund 1,5 Millionen Euro - 230 000 Euro steuerten die Kommunen bei, der Rest wurde als Sponsorengelder eingeworben - als Bewerbungsetat zur Verfügung. Bremen investiert den Angaben zufolge dagegen 7,5 Millionen Euro, andere Mitstreiter haben jedoch deutlich kleinere Summen zur Verfügung.

Als nächste große Hürde für die Bewerbung gilt die Begutachtung der Jury. "Die kommen quasi unangemeldet", sagt Hoffmann. Für die Vorstellung der Region und des Konzeptes blieben drei Stunden. Das Expertenteam will noch im Februar dem Bundesrat bis zu vier Favoriten vorschlagen. Im Sommer will die Länderkammer dann jene Städte auswählen, die der EU zur endgültigen Titelvergabe im Frühjahr 2006 vorgelegt werden.