Polizeigewerkschaft kritisiert die Pläne des niedersächsischen Innenministers – Kommunen: Noch sind viele Fragen offen

"Für so einen Schnellschuss gab es gar keinen Anlass", wettert Dirk Hallmann, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft Niedersachsen. "Das Ganze ist völlig unausgegoren." Es werden Ängste geschürt, sagt auch die FDP. Und die Opposition fürchtet, dass nur Personallücken gestopft werden sollen, die durch die Polizeireform entstanden sind.

Bislang ist Innenminister Uwe Schünemann (CDU) mit seinem Vorschlag, freiwillige Bürgerstreifen in Niedersachsen einzuführen, eher auf Skepsis gestoßen. Die Helfer sollen dafür sorgen, dass sich die Bürger in ihren Städten und Dörfern sicher fühlen, so der Minister. Nach seinen Plänen dürfen sie Personalien feststellen und Platzverweise aussprechen. Sie sind nicht bewaffnet.

Doch noch sind viele Fragen offen: Wer kann und soll überhaupt Helfer werden? Wie sollen die Freiwilligen ausgebildet werden? Wer soll sie bezahlen?

"In dem Gesetz, das gerade vorbereitet wird, macht das Innenministerium den Kommunen nur Angebote", sagt Frank Rasche, Sprecher des Innenministeriums. "Ob und wie die Kommunen die Bürgerstreifen schließlich einsetzen, bleibt ihnen überlassen."

Bislang sind Celle, Leer, Northeim und Wilhelmshaven an dem Projekt interessiert. Auch die Stadt Braunschweig will sich mit dem Ministerium in Verbindung setzen. Andere Kommunen sind zurückhaltend. "So lange versicherungs- und arbeitsrechtliche Fragen noch offen sind, werden wir keine weiteren Pläne verfolgen", erklärt Christian Cauers, Sprecher der Stadt Wolfsburg. Ähnliche Argumente kommen auch aus Peine und Salzgitter.

Die Stadt Goslar weist außerdem darauf hin, dass freiwillige Polizeihelfer auch finanziert werden müssen. Nach Vorstellung Schünemanns sollen die Helfer kein Geld für ihren Dienst bekommen, allenfalls eine kleine Aufwandsentschädigung von den Kommunen. Doch in Zeiten knapper Kassen seien zusätzliche Ausgaben eine Belastung, sagt Sprecherin Sandra Ritters. "Öffentliche Sicherheit und Ordnung sind eigentlich Aufgaben des Landes."

Darüber hinaus ist vielen Kommunen nicht klar, wie die Ausbildung der Freiwilligen aussehen soll. Das Innenministerium hat bislang nur grobe Angaben gemacht. So sollen die Helfer 50 Stunden geschult werden. Auf dem Lehrplan würden folgende Fragen stehen: Wie spreche ich Leute an? Wie gehe ich mit Informationen um? Wie nehme ich Personalien auf?

Unstrittig ist, dass die Helfer sorgfältig ausgewählt werden müssten. Rambos oder Wichtigtuer sollen nicht durch die Straßen patroullieren. Dirk Hallmann von der Polizeigewerkschaft hält es auch für falsch, Arbeitslose als Ein-Euro-Jobber einzusetzen. "Solche Aufgaben sollten Bürger, die sich mit ihrem Wohnort identifizieren, freiwillig übernehmen."

In einigen Städten gehen Bürger bereits mit offenen Augen nachts durch die Straßen. In der Nordstadt von Wolfsburg etwa gibt es seit mehr als zehn Jahren eine so genannte Bürgerrunde. Wenn sie etwas Auffälliges in der Nachbarschaft bemerkt, meldet sie es der Polizei. Diese hat durchweg positive Erfahrungen mit der Runde gemacht, wie Sprecher Klaus-Dieter Stolzenburg erklärt. Allerdings sei sie nicht mit freiwilligen Polizeihelfern zu vergleichen. "Es sind ganz normale Bürger, ohne besondere Rechte und Pflichten."