Im “Tauschtreff“ kommen Sorgen aller Art zur Sprache – Sowohl Kunden als auch Spender sind glücklich

SALZGITTER. Der Laden füllt sich wie im Flug. Schon eine halbe Stunde nach Öffnung wird es eng zwischen den Regalen. Doch es sind keine Kassengeräusche zu hören. Die Kunden müssen für die Ware nicht bezahlen. Sogar einen Kaffee gibt es dazu. Inka Salomon, Helmut Bratz und Daniela Knop plaudern mit ihren Besuchern. Auch Sorgen kommen hier zur Sprache.

Die drei Mitinitiatoren des Lebenstedter "Tauschtreffs" sind selbst arbeitslos. Sie wollen nicht zu Hause auf der Couch sitzen, sie wollen sich für andere Menschen engagieren. "Wir wissen aus eigener Erfahrung, wie wenig Geld Hartz IV ist", sagt Bratz.

Entsprechend dankbar sehen die Kunden die Kleiderstangen durch, betrachten sich Spiele und Geschirr in den Regalen. Zwei Fächer nennt Bratz die "Herrenabteilung". Der Begriff Tauschtreff ist bewusst gewählt: Wenn Kunden auch selbst etwas mitbringen können, fühlen sie sich nicht wie Bittsteller.

Doch auch wer mit leeren Händen kommt, darf sich in dem Umsonstladen bedienen. Viele Mütter nutzen das Angebot. Wenn ihr Kind aus einem Pullover rausgewachsen ist, bringen sie ihn zurück – und suchen nach einem größeren Pulli.

Ein Grund dafür, dass das Angebot so gut angenommen wird, sind die langen Öffnungszeiten – an vier Tagen in der Woche schieben Salomon, Bratz und Knop fünf Stunden lang Dienst. Und weil sie keinen rausschmeißen wollten, sei meist noch eine halbe Stunde länger geöffnet, erzählt Pastor Ulrich Müller-Pontow schmunzelnd. Seine Martin-Luther-Gemeinde stellt den Raum und ist Träger des Tauschtreffs.

Die Oskar-Kämmer-Schule hilft bei der Organisation von Ein-Euro-Kräften, derzeit sind drei beschäftigt. Auch die Arbeit von Inka Salomon und Helmut Bratz wird zeitweise über die Arbeitsagentur vergütet. Salomon: "Aber wir sind ansonsten ehrenamtlich tätig." Genauso wie Daniela Knop: "So lange ich keine Arbeit kriege und ehe mir zu Hause die Decke auf den Kopf fällt, tue ich lieber hier etwas Gutes."

Wenn die Ladentür ins Schloss fällt, dann geht es oft noch weiter: Abends müssen immer wieder Sachspenden abgeholt werden. Das Tauschtreff-Team ist sich bei seinem Einsatz für bedürftige Familien für nichts zu schade. Es fährt auch zu Haushaltsauflösungen oder Geschäften: "Wir betteln dann zwar", sagt Bratz, "aber da es nicht für uns selbst ist, ist das gar kein Problem."

Tanja Donckel ist in den Laden gekommen. Die Mutter sucht nach Kinderkleidung: "Wenn die Atmosphäre hier nicht so toll wäre, würde ich nicht kommen", sagt sie. "Willst du noch einen Kaffee?", fragt Salomon. Die Beiden quatschen noch etwas. Der Laden soll nicht nur die Versorgungslage armer Familien verbessern. Er ist soziale Anlaufstelle.

"Hier fühlt sich keiner wie eine Nummer im Amt. Hier kann man sich den Ärger von der Seele reden. Wenn die Leute sich wohl fühlen, dann weiß ich, warum ich das alles mache", sagt Inka Salomon. Pastor Müller-Pontow hat beobachtet, dass nicht nur die Kunden den Tauschtreff schätzen: "Besonders glücklich sind auch die Spender, weil sie hier wissen, was aus ihren Sachen wird."