Russland. In einem aufgezeichnetem Telefonat sollen zwei russische Unternehmen über Putin lästern. Ein Leak, das schwere Folgen haben könnte.

  • Der russische US-Sender "Current Time TV" und der staatliche US-Auslandssender "Radio Liberty" haben einen rund 40-minütigen Mitschnitt eines Telefongesprächs zwischen zwei russischen Unternehmern veröffentlicht
  • In dem Gespräch lästern die beiden über die russische Führung und sollte sich das Telefonat als echt herausstellen, könnte das für die Beteiligten Konsequenzen haben
  • Sowohl Trotsenko als auch Matuschweski bestreiten die Echtheit des Mitschnitts, doch Current Time TV hält die Authentizität für wahrscheinlich

Der russische US-Sender "Current Time TV" und der staatliche US-Auslandssender "Radio Liberty" haben eine rund 40-minütige Aufzeichnung eines Telefongesprächs zwischen zwei russischen Unternehmern veröffentlicht. Die darin zu hörenden Stimmen werden dem Milliardär Roman Trotsenko und dem Moskauer Geschäftsmann Nikolaj Matuschewski zugeschrieben. In dem Gespräch lästern die beiden über die russische Führung. Wenn sich das Telefonat als echt herausstellt, könnte das für die Beteiligten Konsequenzen haben.

"Current Time TV" berichtet, dass das investigative Projekt "Sistema" von Radio Liberty per Post einen Link zu einer öffentlich zugänglichen Audioaufnahme erhalten habe. Als indirekten Beweis für deren Echtheit gab der Verfasser des Briefes wohl die echte Telefonnummer von Trotsenko an. Das Gespräch soll im Januar 2023 stattgefunden haben.

Roman Trotsenko ist einer der reichsten Männer Russlands und ein ehemaliger Berater von Igor Setschin, Chef des Ölgiganten Rosneft und Putin-Vertrauter. Matushevsky, ein langjähriger Freund von Trotsenko und Gründer der Moskauer Designfabrik Flacon, sympathisiert laut "Current Time TV" öffentlich mit der russischen Opposition. 2021 soll er beispielsweise Videos von Protesten in Moskau auf Instagram gepostet haben. Lesen Sie auch: Kreml-Kritiker: „Putins Macht beginnt zu bröckeln“

Oligarch nennt Putin "Trottel"

Die beiden Männer scheinen sehr vertraut miteinander zu sein und nennen sich "Roma" (Roman Trotsenko ) und "Kolya" (Nikolaj Matuschewski). Im ersten Teil des Gesprächs sprechen die beiden laut "Current Time TV" über Urlaub und Familie. Als das Gespräch zu Russland und dem Krieg in der Ukraine kommt, fallen kritische Worte. In Russland "geht alles den Bach runter", die Macht liegt "in den Händen von Arschlöchern" und "die Menschen werden sich auf den Straßen von Moskau gegenseitig umbringen", sagt die offenbar Roman Trotsenko zugehörige Stimme in der Aufzeichnung.

"Koyla" stimmt ihm zu und erzählt, dass er kürzlich einen Clip mit Neujahrsgrüßen von Präsidenten gesehen habe, "angefangen bei Jelzin [...] bis hin zum letzten, wo der Trottel nicht wie üblich vor dem Weihnachtsbaum steht, sondern das Militär". Mit "Trottel" meint er wohl niemand geringeren als Putin selbst.

"Wie kann ein Land leben und sich entwickeln, indem die einzige Ideologie darin besteht, Geld zu verdienen und eine Gruppe von Menschen an der Macht zu halten?" fragt "Roma" seinen Gesprächspartner. Nicht alle Russen hätten begriffen, was vor sich geht. "Die Leute werden kein Geld mehr abheben können, sie werden nicht mehr ausreisen können, ihre Kinder werden in den Krieg eingezogen sein", beendet er den Gedanken.

Ist das Gespräch ein "Fake"?

Sowohl Trotsenko als auch Matuschweski bestreiten, dass die Aufzeichnung echt ist. Auf Nachfrage des investigativen Projekts "Sistema" sagte Trotsenko laut "Current Time TV", er habe zuletzt 2022 mit Matuschweski gesprochen. Matuschweski spricht von einem "Fake" und dass die Aufzeichnung "ein dummer Scherz" sei. Kein Wunder: In Russland steht es unter Strafe, die "Spezialoperation" in der Ukraine als das zu bezeichnen, was sie ist – ein Krieg.

Die Authentizität der Aufnahmen sind von niemandem offiziell bestätigt. Laut "Current Time TV" sprechen jedoch sowohl die Informationen in dem Telefonat als auch die geschickte Telefonnummer, die Trotsenko zugeordnet werden kann, für die Echtheit des Gesprächs. (oli)