Braunschweig. Unser Autor regt sich an empfindlichen Tagen unfassbar über Ausrufezeichen auf. Die Lösung kommt aus dem spanischen Sprachraum.

Es gibt diese Tage: Cortisolpegel unter der Decke, jede Ansprache zu viel, Blutdruck. Wenn es in der Innensicht als gerechtfertigte Maßnahme erscheint, wahllos Mitmenschen auf der Straße anzubrüllen. Tage eben, an denen die Haut dünner, die Lunte kürzer, der Stresspegel höher ist. An solchen Tagen sollte rein digitale Kommunikation gemieden werden, denn dann kann schon ein Ausrufezeichen den Unterschied machen zwischen Eskalation und konstruktivem Ende.

„Ich brauche das bitte heute noch!“, klingt gelesen dann ja viel aggressiver als „Ich brauche das bitte heute noch“. Dabei muss das Ausrufezeichen ja gar keinen harschen Befehlston bedeuten, es kann ja auch einfach nur Hilflosigkeit sein oder der Ausdruck von Dringlichkeit. Dennoch: Ohne Tonlage, Gesichtsausdruck und Gestus kann ein Ausrufezeichen den Unterschied machen zwischen Ausrasten und Abarbeiten.

Erst ein ¡ ohne ! macht das Ganze rund

Ich votiere daher dafür, dass wir uns in der schriftlichen Kommunikation etwas von den Spaniern abschauen. Die fangen Sätze, die mit einem ! enden, nämlich mit einem ¡ an und das finde ich ziemlich smart: „¡Ich brauche das bitte heute noch!“ Da kriegt man die Keule nicht erst am Satzende. Und wenn jemand den Satz mit ¡¡¡ beginnt, weiß ich gleich: Ich lese nicht weiter!!!

Besonders geil: die höfliche Aufforderung. Hier beginnt der Satz mit ¡ und endet mit einem Punkt. Da bin ich dann an schlechten Tagen auf Zinne, lese den Satz erst mit besonderer Wut und lande am Ende im Leeren. Ich glaube, das wirkt versöhnlich, und ich nehme die Aufforderung dann wahrscheinlich wirklich als weniger fordernd wahr. Wo ist das ¡ auf dem Smartphone? Meist: Einfach das ! lange drücken, um das ¡ zu kriegen. Ich werde versuchen, es in meine Chat-Kommunikation zu integrieren. Und zwar grundsätzlich ohne ! am Ende!

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