Um 6.02 Uhr am Morgen nimmt die Überwachungskamera eines Parkhauses im russischen Saratow einen am Horizont aufwachsenden Feuerball auf. Es ist eine Explosion auf dem Luftwaffenstützpunkt Engels-2 nahe der Stadt. Fast zeitgleich ereignet sich eine heftige Explosion auf einem weiteren Militärflugplatz nahe Rjasan. Beide Städte sind Hunderte Kilometer entfernt von der ukrainischen Grenze.
Etwa zehneinhalb Stunden später beginnen heftige Luftangriffe gegen zahlreiche ukrainische Städte. Erneut richten sie sich gegen die Energie-Infrastruktur des Landes. Über die Hintergründe der Explosionen auf den beiden russischen Luftstützpunkten herrscht Rätselraten. Lesen Sie hier mehr dazu: Ukraine-Krieg: Zwei Explosionen auf russischen Flughäfen
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Krieg: Flächendeckender Luftalarm in der Ukraine
In den vergangenen Tagen hatten Satellitenbilder die Befürchtung genährt, die russischen Streitkräfte bereiteten weitere Schläge gegen die Energieinfrastruktur des Landes vor. Bereits Mitte Oktober und Mitte November hatten massive Luftschläge dazu geführt, dass in zahlreichen Städten in der Ukraine der Strom ausfiel. Am Montag gegen 14.30 Uhr ukrainischer Zeit ist es dann erneut so weit.
Nahezu flächendeckend ertönt in der Ukraine der Luftalarm. Die Menschen werden dringend aufgefordert, Schutz zu suchen. „Ich höre zahlreiche Explosionen. Mindestens einer hat den Norden der Stadt getroffen. Es war sehr laut“, schreibt Dmytro Kopitskyy, ein Journalist in Odessa. Die Hafenstadt am Schwarzen Meer ist bereits seit den Luftschlägen Mitte November immer wieder ohne Strom.
„Jetzt haben wir auch kein Wasser mehr“, schreibt Kopitskyy. Später schreibt er, in nahezu der gesamten Region gäbe es keinen Strom und kein fließendes Wasser mehr. Zwei Menschen sollen verwundet worden sein. Es ist schwierig, mit dem Kollegen in Kontakt zu kommen, die Internetverbindung hakt. Odessa, heißt es, sei die am heftigsten getroffene Stadt.
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Mehrere Städte in der Ukraine ohne Strom
Ein ukrainischer Journalist aus Kiew, wo Hunderte Menschen Schutz in den U-Bahnstationen suchen, berichtet von Erfolgen der ukrainischen Luftabwehr. „Gerade ist eine Rakete abgeschossen worden“, schreibt Oleh Reshetniak. Die ukrainische Luftwaffe wird am späten Nachmittag melden, dass mehr als 60 von mehr als 70 russischen Marschflugkörpern vom Himmel geholt worden seien.
Abgefeuert worden seien die Geschosse von Schiffen der russischen Schwarzmeerflotte und von strategischen Bombern. In einem Dorf nahe der südukrainischen Stadt Saporischschja sterben nach Angaben der Präsidialverwaltung zwei Menschen, drei werden verletzt.
In der Region Sumy im Norden fällt der Strom aus, berichtet ein Energieversorger. Auch Mykolajiw und Krywyj Rih im Süden sollen ohne Strom sein. Weitere Angriffe werden aus dem am 11. November befreiten Cherson im Süden, aus Charkiw und Kramatorsk im Nordosten und aus den zentralukrainischen Regionen um Winnyzja und Poltawa gemeldet. In der Region Dnipropetrowsk soll die 300.000-Einwohner-Stadt Kamjanske von einem Blackout betroffen sein.
Selenskyj schwört Bevölkerung auf harten Winter ein
Mit den erneuten flächendeckenden Luftangriffen setzen die russischen Streitkräfte ihre Strategie der Zerstörung der Energieinfrastruktur der Ukraine fort, mit der der Kreml seit Herbstbeginn versucht, die Widerstandskraft der Bevölkerung zu zermürben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte seine Landsleute bereits im vergangenen Monat auf einen harten Winter eingeschworen und prophezeit, die Russen würden ihre Angriffe fortsetzen, „so lange, wie sie Raketen haben“.
Die ukrainischen Behörden sind verzweifelt bemüht, die immensen Schäden zu reparieren und die zerstörten Netze wieder instand zu setzen. Jedoch scheinen Strom-, Wasser- und Gasversorgung in der Ukraine kurz vor dem Kollaps zu stehen.
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