Berlin. Die Regierung hatte schwierige erste Monate. Wir beurteilen die Leistung der Bundesminister von CDU, CSU und SPD im ausklingenden Jahr.
Vor einem Jahr befand sich die Bundespolitik im politischen Vakuum: Die Verhandlungen zu Jamaika waren geplatzt, die zur schwarz-roten Koalition hatten noch nicht begonnen. Nun ist die Bundesregierung neun Monate im Amt. Hat sie trotz einiger Krisen ihre Arbeit gemacht? Zeit für ein politisches Zwischenzeugnis unserer Redaktion am Ende eines turbulenten Jahres.
• Anja Karliczek (CDU), Bildungsministerin:
Es soll Leute geben, die auf die Ministerin erst aufmerksam wurden, als sie erklärte, dass das schnelle Mobilfunknetz 5G „nicht an jeder Milchkanne notwendig“ sei. Der Aufschrei war groß, der Imageschaden auch. Zumal Karliczek bislang nicht viel dafür getan hatte, als fachliches Schwergewicht zu wirken.
Weil der Bundesrat gerade die Bildungsfinanzierung des Bundes an die Länder blockiert, steht Karliczek nun auch beim Digitalpakt mit leeren Händen da. Ihren Vorgängerinnen gelang es kaum, als Bildungsministerinnen zu glänzen. Karliczek versucht noch nicht einmal das. Note: 5
• Horst Seehofer (CSU), Innenminister:
Er ist der Querschläger im Kabinett. Zweimal bescherte der Noch-CSU-Chef der Koalition eine existenzbedrohende Krise: im Sommer mit einer Rücktrittsdrohung, im Herbst mit seiner
Auch interessant
Seehofer hat zwei Ziele erreicht, die er sich selbst gesteckt hatte: mehr Restriktionen in der Flüchtlingspolitik und neue Akzente mit seiner Heimatpolitik.
Bemerkenswert pragmatisch verhielt er sich beim
Auch interessant
und tut auch sonst so, als konzentriere er sich jetzt auf seine Sacharbeit. Trotzdem ist die Versetzung noch immer gefährdet. Note: 4-
Die Karriere von Horst Seehofer
• Peter Altmaier (CDU), Wirtschaftsminister:
Der Saarländer redet viel und verbreitet gute Laune, er entscheidet und handelt aber kaum. Altmaier soll den
Auch interessant
und den
Auch interessant
managen – und kommt nicht voran.
Pflichtschuldig fordert er Steuersenkungen für Unternehmen – und meint das nicht wirklich ernst. Aus den Wirtschaftsverbänden kommt inzwischen unverhohlene Kritik. Auch Parteifreunde wünschen sich einen Minister mit mehr politischem Gewicht. Note: 4
• Hubertus Heil (SPD), Arbeitsminister:
Brav bringt er die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Gesetze durch den Bundestag, fällt darüber hinaus aber nicht auf. Die Sozialstaatsdebatten seiner Partei lässt er an sich vorüberziehen. Dass nicht er, sondern Finanzminister Scholz über die Zukunft des
Auch interessant
und der
Auch interessant
philosophiert, juckt Heil nicht.
Auch interessant
scheint ihm egal zu sein. Eigene Ideen hat Heil, der die wichtigsten sozialdemokratischen Themen im Kabinett vertreten soll, bisher nicht vorgebracht. Note: 4
• Svenja Schulze (SPD), Umweltministerin:
Man kann ihr nicht vorwerfen, dass sie nichts tut.
Auch interessant
Auch interessant
und
Auch interessant
Doch kleine Erfolge wiegen das große Scheitern nicht auf: Die Bundesrepublik verfehlt das Klimaschutzziel 2020 deutlich,
Auch interessant
Ihre nächste große Chance ist das Klimaschutzgesetz, das 2019 kommen soll. Note: 4
• Julia Klöckner (CDU), Landwirtschaftsministerin:
Der Winzer-Tochter Klöckner liegt ihr Ressort schon biografisch nahe. Bauern und ihre Lobbyisten hoffen bei der Ministerin auf Verständnis – und werden oft gehört. Klöckner vertritt die Auffassung, dass man mit Freiwilligkeit weiter kommt als mit Regeln. Das funktioniert an manchen Stellen, zum Beispiel in der Ernährungspolitik, an anderen weniger.
Ferkelzüchter beispielsweise ignorierten einfach, dass sie bis zum Januar die Kastration unter Betäubung hätten durchführen müssen – und hofften, dass es so weit schon nicht kommen würde. Und tatsächlich:
Auch interessant
Note: 4+
• Andreas Scheuer (CSU), Verkehrsminister:
Viel schlechter als sein Vorgänger und Parteifreund Alexander Dobrindt kann man ein Ministerium nicht leiten. Entsprechend groß sind die (ungelösten) Aufgaben von
Auch interessant
über
Auch interessant
bis zum
Auch interessant
Scheuer gibt sich Mühe, aber der Erfolg bleibt bisher aus. Zur Bahn ist dem Autofahrer Scheuer nicht viel eingefallen,
Auch interessant
Offenbar hat da einer gemerkt, wem die Bahn gehört: dem Bund selbst. Da geht noch was. Note: 3-
• Helge Braun (CDU), Kanzleramtsminister:
Der Mediziner müsste eigentlich wissen, wie man einen Patienten wieder auf die Beine bringt – in diesem Fall die schwächelnde Koalition. Doch es gelingt ihm nicht. Der Kanzleramtsminister zieht im Hintergrund für Merkel die Fäden, kümmert sich um die Digitaloffensive des Bundes. Davon spüren die Bürger bislang wenig.
Auch interessant
Braun hätte das entschärfen müssen. Auch die Dieselkrise, die Merkel zur Chefsache machen wollte, lässt Braun schleifen. Note: 3-
• Ursula von der Leyen (CDU), Verteidigungsministerin:
Die Verteidigungsministerin verharrt im Krisenmodus. Der Bundeswehr geht es insgesamt besser, von der Leyen eher nicht. 2019 beginnt so, wie das alte Jahr aufgehört hat: mit der Berateraffäre,
Auch interessant
Wenn sich die Gelegenheit bietet, wird die CDU-Frau die Flucht nach vorn ergreifen und nach Brüssel als NATO-Generalsekretärin gehen. Note: 3-
• Katarina Barley (SPD), Justizministerin:
Mieter schützen, Sextäter im Internet verfolgen,
Auch interessant
Verbraucherrechte verbessern – und das Wahlrecht so ändern, dass im Bundestag mehr Frauen sitzen: Die Juristin war mit vielen Vorstößen eines der sichtbarsten Kabinettsmitglieder. Aber: Als Justizministerin wäre sie der natürliche Gegenpol zu Innenminister Seehofer; diese Rolle nahm sie nicht an.
Bei der Suche nach einem Kompromiss im
Auch interessant
biss sich Barley beinahe die Zähne aus. Sollte ihr jüngster Vorschlag nächstes Jahr in Kraft treten, ist sie selbst nicht mehr dabei:
Auch interessant
Note: 3
• Olaf Scholz (SPD), Finanzminister:
Pokerface mit Drang nach Höherem. Der Finanzminister wurde von Parteilinken als „Olaf Schäuble“ verspottet, weil er sich wie sein CDU-Vorgänger darauf beschränkt,
Auch interessant
Auch in Sachen Europa hält Scholz das Geld zusammen. Die Bewährungsprobe als Finanzpolitiker
Auch interessant
Der SPD-Absturz macht den Hamburger Ex-Bürgermeister nicht nervös. Er glaubt, wenn die SPD nicht mehr taktisch wirkt und Zukunftsdebatten wie zu Rente und Hartz IV dominiert, ist ein Comeback möglich – mit ihm als Kanzlerkandidat. Das wollen einige Genossen verhindern. Note: 3
• Gerd Müller (CSU), Entwicklungsminister:
In der Weihnachtszeit mahnte der Entwicklungsminister die Bürger, fair produzierte Süßigkeiten zu kaufen. Die EU forderte er auf, mehr für Afrika zu tun. Müllers Ressort ist das Ministerium dieser Zeit: Bei Themen wie Flucht und Klimaschutz gäbe es viel zu tun. Müller hat auch Ambitionen – aber er stößt schnell an Grenzen. In vielen Debatten bleibt er am Ende wenig gehört. Das gilt auch am Kabinettstisch. Note: 3+
• Heiko Maas (SPD), Außenminister:
Der Start war auffällig: Maas schlug im Vergleich zu Vorgänger und SPD-Parteifreund Sigmar Gabriel einen anderen Ton an (und das ist in der Diplomatie oft das Wichtigste) und einen anderen Kurs ein.
Auch interessant
und kritischer gegenüber Russland unter Wladimir Putin.
Zugleich
Auch interessant
Viele Baustellen für den Minister – denn der Wandel im Ausland wirkte selten so stark auf Deutschland wie jetzt. Doch bisher gelang Maas kein großer Erfolg auf internationaler Bühne. Note: 2-
• Angela Merkel (CDU), Kanzlerin:
Wirkte im Sommer schwach und isoliert, als die CSU den Flüchtlingsstreit eskalierte. Viele kreideten ihr an, dass sie Horst Seehofer nicht früher per Richtlinienkompetenz zurückpfiff. Die Kanzlerin blieb stoisch.
Nach den CDU-Wahlpleiten in Hessen und Bayern erkannte sie,
Auch interessant
um ihre Gegner ruhig zu stellen. Mit AKK an ihrer Seite kann sie Kanzlerin bleiben. International ist sie wie eh und je die mächtigste Frau, die das Gegenmodell eines vernetzten demokratischen Westens zu Donald Trump abgibt. Note: 2
Das ist das Bundeskabinett
• Franziska Giffey (SPD), Familienministerin:
Für die ehemalige Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Neukölln war 2018 ein Lehrjahr: Zwar gilt sie wegen ihrer unverstellten, zupackenden Art als Sympathieträgerin im Kabinett und damit als eine der letzten Hoffnungsträgerinnen der SPD. Doch als Ministerin geriet Giffey schnell an Grenzen und musste gehörig einstecken.
Im Ringen mit der Union um das
Auch interessant
gelang ihr der Durchbruch erst in letzter Minute. Aber beschlossen ist beschlossen, das Gesetz ist in Kraft. Giffey hat gezeigt dass sie kämpfen kann. Note: 2
• Jens Spahn (CDU), Gesundheitsminister:
Der Münsterländer drängelte sich nicht nur frech in das Kabinett, sondern wollte zwischenzeitlich auch CDU-Vorsitzender werden. Den Zahn hat ihm die Partei gezogen, weshalb Spahn sich als Minister auf das konzentriert, was er kann: Gesundheitspolitik.
Die innere Leidenschaft dafür mag bei seinem Vorgänger Hermann Gröhe vielleicht größer gewesen sein, aber Spahn steckt von Beginn an tief in den Themen. Inzwischen hat er gelernt, seine Gesetze geräuschlos durch den Bundestag zu bringen.
Auch interessant
Ein Minister, der auf dem Sprung zu Höherem ist. Note: 1-