Berlin. Großbritannien will Kampfpanzer an die Ukraine liefern. Das Argument der Bundesregierung – „keine Alleingänge“ – wird brüchiger.

Die Bundesregierung gerät bei der Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine zunehmend unter Zugzwang. Nachdem Polen und Finnland die Verschickung von Leopard-Panzern der Bundeswehr im europäischen Verbund ins Spiel gebracht hatten, prescht nun Großbritannien noch weiter vor. Schon in den kommenden Wochen will die Regierung in London der Ukraine 14 Kampfpanzer vom Typ Challenger 2 zur Verfügung stellen.

Hinter der Ankündigung steckt auch ein Signal an Berlin. Premierminister Rishi Sunak erklärte, er wolle „Verbündete ermutigen“, ihre für 2023 geplante Unterstützung für die Ukraine „sobald wie möglich auf den Weg zu bringen, um maximale Wirkung zu erzielen“. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte der Ukraine bereits die Lieferung von „leichten Kampfpanzern“ vom Typ AMX-10 RC versprochen.

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Das Argument der Bundesregierung – „keine Alleingänge“ – wird immer brüchiger

Das Newsportal „Politico“ zitierte einen französischen Regierungsmitarbeiter mit den Worten, Macrons Ziel sei es gewesen, „das Tabu zu brechen, damit auch die Deutschen beginnen, sich zu bewegen“. Die USA denken über die Entsendung von Abrams-Kampfpanzern zumindest nach, heißt es in Washington.

Die Bundesregierung hatte bislang hervorgehoben, in der Kampfpanzer-Frage „keine Alleingänge“ zu unternehmen. Begründung: Durch eine direkte Verschickung an die Ukraine drohe Deutschland zur Kriegspartei zu werden. Doch dieses Argument wird nun immer brüchiger. Nach den Initiativen aus Großbritannien, Polen und Finnland nimmt der Druck auf die Ampelkoalition zu – zumindest, was die Genehmigung für die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern durch europäische Partnerländer angeht.

Die Zahl der in Europa vorhandenen Leopard-2-Panzer wird auf über 2000 geschätzt

Würde Deutschland die Erlaubnis für die Entsendung an die Ukraine weiterhin verweigern, stünde Bundeskanzler Olaf Scholz als Blockierer da. In Warschau wird dieser Vorwurf immer offener formuliert. Doch der Druck auf Schulz wächst nicht nur extern, sondern auch intern. Führende Politiker der Ampelparteien wie Michael Roth (SPD), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Anton Hofreiter (Grüne) hatten sich für einen europaweiten Export von Leopard-Panzern an die Ukraine stark gemacht.

Deutschland verfügt derzeit über rund 300 Kampfpanzer wie den Leopard 2. Insgesamt wird die Zahl der in Europa vorhandenen Leopard-2-Panzer auf über 2000 geschätzt. Doch die deutsche Industrie sieht keine Chance für eine schnelle direkte Verschickung. Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall unterstrich, dass er frühestens im Jahr 2024 instandgesetzte Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 in die Ukraine entsenden könnte.

Rheinmetall-Chef: Lieferung von Leopard-Panzern nach Kiew nicht vor Anfang 2024

„Selbst wenn morgen die Entscheidung fällt, dass wir unsere Leopard-Panzer nach Kiew schicken dürfen, dauert die Lieferung bis Anfang nächsten Jahres“, sagte Rheinmetall-Chef Armin Papperger der „Bild am Sonntag“. Das Unternehmen verfüge noch über 22 Fahrzeuge vom Typ Leopard 2 und über 88 Fahrzeuge vom Typ Leopard 1.

Am Freitag werden die Verteidigungsminister der westlichen Verbündeten der Ukraine auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz über weitere militärische Unterstützung für Kiew beraten. Die Rufe nach der Lieferung von westlichen Kampfpanzern dürften lauter werden.