Berlin. Millionen Deutsche träumen vom vorzeitigen Ruhestand. Doch wer in Frührente will, muss sich die Finanzierung vorher gut überlegen.

  • Ein vorzeitiger Ruhestand ist für viele Deutschen ein Traum
  • Doch dabei muss es nicht bleiben
  • Wir erklären, was sie mit 63 oder früher in Rente gehen können

Endlich mal richtig Zeit haben für Familie, Reisen, Hobbys oder einfach Nichtstun. Viele Deutsche wollen nicht damit warten, bis sie das gesetzliche Rentenalter von 67 erreicht haben. Diese Altersgrenze gilt für alle, die nach 1963 geboren sind. Doch wer in vorzeitig in Rente will, muss bei der Finanzierungsplanung für den Lebensabend genau aufpassen. Sonst drohen große Einbußen.

Mit diesen Abzügen müssen sie bei vorzeitigem Ruhestand rechnen

Prinzipiell gilt für alle gesetzlich versicherten zwar, dass sie jederzeit mit Arbeiten aufhören können, aber dann mit Abzügen oder teilweise komplett ohne Auszahlungen aus der Rentenversicherung rechnen müssen. Denn wer mehr als vier Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente geht, bekommt bis zum Erreichen eben jener Grenze gar nichts aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausbezahlt.

Die sogenannte Altersrente für langjährig Versicherte ist hingegen ohne Abzüge schon mit 65 Jahren möglich. Dafür muss der- oder diejenige aber 45 Jahre in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt haben. Wer 35 Jahre eingezahlt hat, bekommt für jeden Monat, den er oder sie früher in Rente geht, 0,3 Prozent von seiner Rente abgezogen. Dies kann sich auf maximal 14,4 Prozent summieren. Das entspricht dem maximal möglichen vorgezogenen Renteneintritt von vier Jahren.

Wer bei einer zu erwartenden Rente von beispielsweise 1.100 Euro mit 63 statt 67 in den Ruhestand geht, bekommt dann nur 941,6 monatliche Rente ausbezahlt. Das ändert sich auch nicht, wenn der- oder diejenige das eigentliche Renteneintrittsalter von 67 Jahren erreicht. Die finanziellen Einbußen bleiben also bis zum Lebensende bestehen.

Abzüge ausgleichen – Wie funktioniert das?

Wer ohne Abzüge früher in Rente will, kann dies mit Sonderzahlungen an die Rentenversicherung ausgleichen. Das ist aber erst nach Erreichen des 50. Lebensjahres möglich. Zudem gibt es eine maximale Höhe, die gesondert eingezahlt werden darf.

Wer erfahren will, wie hoch diese ausfällt, kann das über das Formular V0210 bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) erfragen. Der Antrag ist als Vordruck im Netz abrufbar. Darin am besten einfach ein Kreuzchen bei „frühestmöglicher Zeitpunkt machen“ und einen Nachweis über die aktuelle Höhe des eigenen Gehalts mitsenden. Die DRV kann dann die maximale Höhe der Ausgleichszahlungen mitteilen, die nötig wäre, um die Abzüge vollständig auszugleichen.

Es kann natürlich auch weniger als der Maximalbetrag zum Ausgleich eingezahlt werden. Wer wissen will, um wie viel die Sonderzahlung die monatliche Rente ungefähr anheben würde, kann das mit Hilfe einer Faustformel berechnen. Dafür muss der Betrag der Sonderzahlung einfach durch 220,6 geteilt werden, sagt Katja Braubach, Sprecherin der DRV. Eine Sonderzahlung von 10.000 Euro würde demnach die monatliche Rente vor Abzug von Kranken- und Sozialversicherung um rund 45 Euro anheben.

Vor- und Nachteile von Ausgleichszahlungen für die Rente

Die Sonderzahlungen haben zudem weitere Vorteile. Denn der oder die Einzahlende verpflichtet sich dadurch nicht zwangsweise früher in Rente zu gehen. Das Geld ist dann auch nicht verloren, sondern erhöht einfach die gesetzliche Rente zusätzlich, anstatt die Abzüge auszugleichen. Außerdem können die Sonderzahlungen bei der Steuererklärung als Altersvorsorgeaufwendungen abgesetzt werden.

Allerdings wird die Sonderzahlung nicht im Ganzen erstattet, wenn man doch nicht vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente geht. Zudem muss eben auch die Rente in Deutschland versteuert werden. Heißt: Wer seine Rente durch Ausgleichszahlungen erhöht, zahlt auch mehr Steuern darauf.

Nachzahlungen für die Rente müssen rechtzeitig geprüft werden

Um einen wichtigen Aspekt bei der vorgezogenen Rente muss man sich zwingend sogar noch früher als um Sonderzahlungen kümmern: um Nachzahlungen, die nur bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres möglich sind. Dahinter steckt die Mindestzahl an Jahren, die man in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlt hat. Für die vorgezogene Rente sind dafür eben mindestens 35 beziehungsweise 45 Jahre notwendig.

Damit diese auch erreicht werden, kann es sich also durchaus lohnen mittels einer rechtzeitigen Abfrage bei der DRV festzustellen, ob auch alle relevanten Zeiten aus der Ausbildung oder dem Studium auf dem Rentenkonto aufgeführt sind. Auch eine Teilzeitbeschäftigung oder Selbstständigkeit kann für Lücken bei der Rente gesorgt haben, weil nicht in die Versicherung einbezahlt wurde. Ist das der Fall, können diese Lücken dann mit Nachzahlungen ausgeglichen werden. Genau wie die Sonderzahlungen zum Ausgleich von Abzügen, können auch Nachzahlungen steuerlich abgesetzt werden.

SystemDie gesetzliche Rente funktioniert nach dem Äquvivalenz- und dem Solidarprinzip.
Renten-ArtenGrund-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente
AusnahmenSelbstständige und Freiberufler sind in der Regel von der Versicherungspflicht befreit.
FinanzierungDie gesetzliche Rente in Deutschland ist grundsätzlich umlagenfinanziert.
ProblemeDie Unterfinanzierung resultiert hauptsächlich aus der zunehmend älter werdenden Bevölkerung in Deutschland.
Drei SäulenDie Altersvorsorge in Deutschland umfasst die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge.
UrsprungDie gesetzliche Rente wurde am 22. Juli 1889 unter Reichskanzler Otto von Bismarck offiziell eingeführt.

Nebenjob im Ruhestand - Vorsicht vor den Hinzuverdienstgrenzen

Natürlich kann eine zu niedrige Rente auch dadurch ausgeglichen werden, dass die betroffene Person während der Rente beispielsweise in Teilzeit weiterarbeitet. Dann gilt es aber tunlichst die Hinzuverdienstgrenzen zu beachten. Denn wer vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente geht, darf im Jahr maximal 6300 Euro hinzuverdienen.

Alle Einahmen, die über dieser Grenze liegen werden zu 40 Prozent von der Rente abgezogen. Das kann den Hinzuverdienst schnell unattraktiv machen. Während der Corona-Pandemie war die Hinzuverdienstgrenze deutlich erhöht worden. 2020 lag sie bei 44.590 Euro und 2021 sogar bei 46.060 Euro. Die Regelung wurde erneut verlängert und gilt auch für 2022. (jas)

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.