Berlin. Nach der Ankündigung von Trump, Strafzölle zu erlassen, droht ein Handelskrieg. Die WTO soll das verhindern – kommt aber an Grenzen.

Angesichts des drohenden Handelskriegs zwischen den USA, der EU und anderen Ländern soll die Welthandelsorganisation (WTO) vermitteln. Sie wurde unter anderem gegründet, um solche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Kann sie helfen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Wer ist die WTO?

Die Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO) mit Sitz in Genf ist neben der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds eine der wichtigsten Organisationen für Wirtschaftspolitik weltweit. Sie wurde 1994 gegründet und hat ihren Sitz im schweizerischen Genf. Mittlerweile sind 164 Staaten dabei.

Die Mitglieder wickeln zusammengenommen 98 Prozent des gesamten Handels auf dem Globus ab. Die USA und die EU gehören zu den Gründungsmitgliedern. China ist seit 2001 dabei. Chef ist seit 2013 der Brasilianer Roberto Azevêdo.

Wie arbeitet die Organisation?

Die WTO will den Freihandel fördern. Entsprechend setzt sie sich dafür ein, dass Marktbarrieren abgebaut werden. Dazu gibt es verschiedene Verhandlungsrunden. Seit der Gründung der Welthandelsorganisation sind die Zölle weltweit dadurch erheblich gesunken.

Die durchschnittliche Belastung mit Abgaben lag 1990 noch bei gut 14 Prozent. 2015 waren es nur noch 4,1 Prozent. Zweite Aufgabe der WTO ist es, Streits zu schlichten.

Welche Konflikte gibt es im internationalen Handel?

Gestritten wird reichlich. Entwicklungsländer pochen darauf, dass die reichen Ländern ihre Landwirtschaft nicht durch Exportsubventionen für eigene Agrarprodukte schädigen; Schwellenländer fordern, die Industriestaaten müssten Handelshemmnisse beseitigen; die USA werfen der EU vor, den Flugzeugkonzern Airbus zu subventionieren.

Wie schnell ist die WTO mit ihren Entscheidungen?

Die Verhandlungen für weniger Zölle und Markthindernisse dauern. Die letzte große WTO-Verhandlungsrunde, die 2001 in Doha (Katar) begann, ist bis heute nicht abgeschlossen. Umstritten sind vor allem die Agrarsubventionen der entwickelten Staaten. Es gibt aber immer wieder Zwischenbeschlüsse.

Warum sind Verhandlungen für mehr Freihandel so kompliziert?

Für die allseits gültigen Regeln im Welthandel müssen unterschiedliche Interessen berücksichtigt werden – im Zweifel hat jeder der 164 Mitgliedsstaaten andere Pläne. Die Ergebnisse sind oft fein austariert: Die Zollvereinbarungen zwischen den USA und der EU sind ein Beispiel dafür.

Für ein Auto aus den USA berechnet der Zoll in Europa zehn Prozent Abgabe, umgekehrt sind es nur 2,5 Prozent. Dafür verlangen die USA bei Transportern satte 25 Prozent oder für Tabak 350 Prozent. Diese vor Jahren ausgehandelten Kompromisse stellt die US-Regierung nun durch die angedrohten Strafzölle infrage. „Die USA haben diese Zölle selbst ausgehandelt“, sagt Regierungssprecher Steffen Seibert etwas ratlos.

Wie löst die WTO Streitfälle ?

Von Protektionismus betroffene Mitglieder können bei der WTO eine Beschwerde einlegen. Dann versucht die Organisation eine Schlichtung. Gibt es keine Einigung, tritt ein Schiedsgericht zusammen. Dessen Entscheidungen sind für die Länder bindend.

Allerdings sind derzeit nur wenige Richter aktiv, weil einige aus Altersgründen ausgeschieden sind und die USA eine Nachbesetzung der Posten blockieren. Weil weitere Richter aufhören, droht dem Organ die Arbeitsunfähigkeit.

Kann die WTO einen Handelskrieg verhindern?

Eher nicht. Dazu fehlt der WTO das Instrumentarium, falls ein Mitglied sich partout nicht an die vereinbarten Regeln halten oder gar bei der WTO aussteigen will. Bleibt Trump also hart, haben die anderen Länder wenig Chancen.

Experten vermuten aber, dass Trump mit dem aktuellen Streit nicht zwingend einen Handelskrieg auslösen, sondern neue Verhandlungen vorbereiten will, bei denen er bessere Konditionen für die USA anstrebt.

Dürfen sich Staaten gegen protektionistische Alleingänge wie die der USA wehren?

Staaten dürfen sich mit Ausgleichsmaßnahmen gegen einseitig erhobene Handelsbeschränkungen wehren. Das ist auch beim aktuellen transatlantischen Konflikt der nächste Schritt, sollte es zu Strafzöllen kommen.

Die Europäische Union, die auch Deutschland in der Handelspolitik vertritt, will den geplanten Stahl- und Aluminiumzöllen mit Zöllen auf Motorräder (etwa Harley-Davidsons), Jeans und Agrarerzeugnisse wie Whiskey begegnen – typische US-Ikonen. Michael Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin , fordert eine schnelle und harte Reaktion der EU: „Tut sie dies nicht, hätten die USA quasi eine Freifahrkarte für ihren Konfrontationskurs.“