Berlin. Rentenkompass: Männer wünschen sich eine deutlich höhere Rente als Frauen. Doch die Realität kann oft nicht mit den Träumen mithalten.

Wie viel Rente bekomme ich im Alter? Wann kann ich frühestens mit dem Arbeiten aufhören? Reichen die gesetzlichen Rentenbezüge? Wer in der zweiten Lebenshälfte angekommen ist, den beschäftigen zunehmend diese Fragen – und erst recht präzise Zahlen und Antworten darauf.

Doch angesichts der aktuell kräftigen Inflation und der geopolitischen Machtkämpfe sind sichere Antworten nur schwer zu geben. Der Blick in die Zukunft ist schwieriger denn je. Doch das Informationsbedürfnis ist groß.

Allein bei dem größten deutschen Versicherer Allianz haben sich in den vergangenen zwei Jahren mehr als 500.000 Menschen online über einen Rentenkompass informiert, wie sie ihre selbstgesteckte Wunschrente erreichen können und wie groß die Finanzierungslücke dorthin ist. Der Rentenkompass, den alle kostenlos nutzen können, errechnet auf Basis persönlicher Einnahmen und Vermögen die künftige Altersvorsorge.

Rente: Staatliche Rente reicht nur als Basisabsicherung

Die meisten Nutzer sind zwischen 25 bis 65 Jahre alt, das höchste Interesse besteht bei den 55- bis 60-Jährigen. 80 Prozent der Anfragen kommen von Arbeitnehmern, gefolgt von Selbstständigen (10 Prozent) und Beamten (4 Prozent).

Aktuell erhalten rund 21,2 Millionen Männer und Frauen in Deutschland eine gesetzliche Rente. Weitere 56,7 Millionen zahlen in die gesetzliche Rentenkasse ein. Laut Stiftung Warentest brauchen Rentner im Alter rund 80 Prozent ihres vorherigen Nettoeinkommens, wenn sie ihren gewohnten Lebensstandard beibehalten möchten.

Klar ist: Die staatliche Rente reicht in der Regel allenfalls für eine Basisabsicherung, wie auch der Rentenkompass zeigt. Um die Rentenlücke zur eigenen Wunschrente zu schließen, müssen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland selbst sorgen – und sollten damit möglichst frühzeitig beginnen, spätestens mit dem Eintritt ins Berufsleben, empfiehlt Alf Neumann, Operationsvorstand der Allianz Leben.

Rente: Männer wünschen sich im Schnitt 2788 Euro Rente

So wünschen sich laut Rentenkompass Männer eine durchschnittliche Wunschrente von 2788 Euro, Frauen streben eine Rente von 2247 Euro an. Wer Aussicht auf eine Betriebsrente besitzt, wünscht sich laut Allianz-Studie generell eine höhere Rente. Männer nennen dann Beträge von 2884 Euro, Frauen taxieren ihre Wunschrente inklusive Betriebsrente bei 2375 Euro.

Doch Wunsch und Wirklichkeit klaffen stark auseinander: Selbst unter den 65-Jährigen werden laut Auswertung des Rentenkompasses nur 28 Prozent tatsächlich ihr selbstgestecktes Rentenziel erreichen, unter den 60-Jährigen sind es 22 Prozent, unter 50-Jährigen sogar nur 16 Prozent. Über alle Altersstufen werden lediglich 14 Prozent der Männer und 12 Prozent der Frauen ihre Wunschrente erhalten, sagt die Finanzvorständin der Allianz Versicherung, Laura Gersch.

Wichtig sei es zudem, die Abzüge durch Steuern und Sozialabgaben zu berücksichtigen, da auch die Alterseinkünfte nicht steuerfrei sind. Wer beispielsweise 4082 Euro brutto über Rente, private und betriebliche Vorsorge erhält, muss mit Abgaben von gut 1400 Euro für Steuern, Kranken- und Pflegebeiträge rechnen, so dass nur noch rund 2600 Euro übrigbleiben.

Rente: Inflation wird zur Gefahr für die Altersbezüge

Große Verunsicherung besteht durch die steigenden Inflationsraten, die auch die Rentenziele deutlich beeinflussen werden. „Wer in 33 Jahren eine Rente möchte, die der Kaufkraft von heute 2160 Euro entspricht, kommt bei einer durchschnittlichen Inflation von zwei Prozent auf eine Wunschrente zum Renteneintritt von 4152 Euro monatlich“, rechnet Neumann vor. „Wer mit einer dauerhaft hohen Inflation von vier Prozent rechnet, der landet schon bei einer Wunschrente von 7881 Euro.“

Wie viel Geld im Alter jeder braucht, hängt grundsätzlich von den eigenen Ansprüchen ab. Manche leben bescheiden, andere möchten weder auf Auto noch Reisen verzichten.

Rente: So hoch ist die gesetzliche Bruttorente

Aktuell beträgt die durchschnittliche gesetzliche Bruttorente in Deutschland 1466 Euro. Männer erhielten 2020 im Durchschnitt nach 35 Versicherungsjahren 1632 Euro, Frauen 1225 Euro. Doch das sind Durchschnittswerte. Die individuelle gesetzliche Rente variiert jedoch stark – je nach der persönlichen Erwerbsbiografie, der Höhe des Einkommens, der Studienjahre oder Mutter- und Vaterschutzzeiten und die gesammelten Entgeltpunkte.

Die Rentenvorsorge ist deshalb sehr individuell. Eine Faustformel für die perfekte Vorsorge gibt es nicht. Wer in einem Unternehmen mit betrieblicher Altersvorsorge arbeitet, ist bereits deutlich besser abgesichert. Aber auch Immobilien, Kapitalanlagen wie Gold und Aktien sowie eine private Vorsorge durch Lebensversicherungen oder eine Riester-Rente seien hilfreich, so Neumann: „Eine gute Streuung hilft.“