Berlin. SPD-Vize Olaf Scholz bekennt sich erstmals dazu, das Amt des Regierungschefs anzustreben – und löst damit in der SPD ein Beben aus.

Nachdem Olaf Scholz seine Kanzler-Ambitionen unterstrichen hat, wird Kritik in der eigenen Partei laut. Das Letzte, was die SPD vor der so wichtigen Europawahl braucht, ist, eine Kanzlerkandidatendebatte zu führen“, sagte der Chef der NRW-SPD, Sebastian Hartmann, unserer Redaktion.

Der Anführer des wichtigsten Landesverbandes machte zugleich deutlich, dass es bei der Kür des nächsten Spitzenkandidaten keine Hinterzimmerabsprachen geben dürfe. „Es muss um größtmögliche Beteiligung gehen. Ich unterstütze ausdrücklich die Idee einer Urwahl.“

Hartmann kritisierte darüber hinaus Scholz’ Nein zu einem schnelleren Abbau des Soli-Steuerzuschlags. „Ich bin dafür, dass wir die arbeitende Mitte beim Soli schneller entlasten. Geld dafür ist da.“

Olaf Scholz mit Kanzler-Ambitionen? Das Wichtigste in Kürze:

  • Olaf Scholz hat sich zu einem möglichen SPD-Kanzlerkandidaten geäußert
  • Er will Kanzler werden
  • Kritik kommt aus der SPD selbst

Über Weihnachten war Olaf Scholz erstmal weg. Weit weg. Auf der Atlantik-Vulkaninsel Lanzarote spannte er mit seiner Frau Britta aus. Sie ist Bildungsministerin in Brandenburg. Ihr Mann ist Finanzminister, Vizekanzler und SPD-Vize – noch.

Der NRW-Landesvorsitzende Sebastian Hartmann.
Der NRW-Landesvorsitzende Sebastian Hartmann. © dpa | Bernd Thissen

Scholz hat Größeres vor. Jener Mann, der meist kühl und introvertiert agiert, dem in der Partei vorgehalten wird, in entscheidenden Momenten zu kneifen, hat sich für seine Verhältnisse sehr weit vorgewagt. Er will Kanzler werden.

Keine Debatte über K-Frage

„Frau Kramp-Karrenbauer hat gerade gesagt, dass von einer Parteivorsitzenden erwartet wird, dass sie sich das Amt zutraut. Für einen Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland gilt das Gleiche“, sagte Scholz der „Bild am Sonntag“.

Gemessen auf der Scholz-Richterskala ist diese – im Stil eines Parteivorsitzenden vorgetragene – Ankündigung ein Vulkanausbruch. Lanzarote wirkt.

Selbst wenn Scholz in dem Interview nachschob, die K-Frage stehe derzeit weder bei der Union noch bei der SPD an. So heißt es in seinem Umfeld denn auch, die Kernbotschaft des Finanzministers sei die Warnung gewesen, dass wirtschaftlich gesehen die „fetten Jahre“ in Deutschland vorbei sind, es keine Spielräume für Extra-Steuersenkungen wie beim Soli gibt.

Scholz-Äußerung stößt auf Unverständnis

In der SPD lösten die zu Dreikönig verkündeten Karrierepläne des Vizekanzlers hinter den Kulissen dennoch ein mittleres Beben aus. An diesem Dienstag und Mittwoch treffen sich die Bundestagsabgeordneten aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen/Bremen erstmals zu einer gemeinsamen Klausur in Osnabrück.

Olaf Scholz: Fünf Dinge, die man über ihn wissen muss

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    Sie stellen mit 62 mehr als ein Drittel der insgesamt 152 SPD-Leute im Parlament. Das ist eine Macht. Entsprechend hoch wird die Promi-Dichte in Osnabrück sein, wo einst der Westfälische Frieden geschmiedet wurde.

    Die angeschlagene Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles wird erscheinen. Sie will versuchen, neuen Rückhalt zu gewinnen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil ist da. Der Hoffnungsträger gilt bei der Kanzlerkandidatur als Alternative zu Scholz. „Neue Stärke“ lautet das Motto der Klausur.

    Scholz wurde von SPD abgestraft

    Die SPD soll als Motor für gesellschaftlichen Zusammenhalt präsentiert werden. Dass Scholz die K-Frage hochgezogen hat, stößt auf blankes Unverständnis. „Ich erwarte nach dem schwierigen Jahr 2018, dass sich alle Vertreter der Parteiführung auf die wesentlichen Dinge konzentrieren.

    Seit Langem gibt es einflussreiche Kräfte in der SPD, die über ein Votum der Parteimitglieder einen Durchmarsch von Scholz verhindern wollen. Dazu zählen die Ex-Vorsitzenden Martin Schulz und Sigmar Gabriel. Sie sind Nahles und Scholz in tiefer Abneigung verbunden, weil sie von dem Duo nach der verlorenen Bundestagswahl kaltgestellt wurden.

    Die Vorsitzenden der SPD seit 1946

    Nach dem Zweiten Weltkrieg musste sich die SPD neu organisieren. Der 1895 in Westpreußen geborene Kurt Ernst Carl Schumacher führte die Partei von 1946 bis 1952.
    Nach dem Zweiten Weltkrieg musste sich die SPD neu organisieren. Der 1895 in Westpreußen geborene Kurt Ernst Carl Schumacher führte die Partei von 1946 bis 1952. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
    Nach dem Tod Kurt Schumachers 1952 übernahm der gebürtige Magdeburger Erich Ollenhauer das Amt des SPD-Vorsitzenden. Er war zugleich SPD-Fraktionschef im Bundestag. Beide Ämter hielt er bis zu seinem Tod 1963.
    Nach dem Tod Kurt Schumachers 1952 übernahm der gebürtige Magdeburger Erich Ollenhauer das Amt des SPD-Vorsitzenden. Er war zugleich SPD-Fraktionschef im Bundestag. Beide Ämter hielt er bis zu seinem Tod 1963. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
    Der frühere Regierende Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, übernahm den Parteivorsitz 1964 und hielt das Amt bis 1987.
    Der frühere Regierende Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, übernahm den Parteivorsitz 1964 und hielt das Amt bis 1987. © BM | imago/ Sven Simon
    Der gebürtige Göttinger Hans-Jochen Vogel war SPD-Vorsitzender von 1987 bis 1991. Zuvor war er unter anderen Bürgermeister von München und Regierender Bürgermeister von Berlin gewesen und hatte zwei Bundesministerien geführt.
    Der gebürtige Göttinger Hans-Jochen Vogel war SPD-Vorsitzender von 1987 bis 1991. Zuvor war er unter anderen Bürgermeister von München und Regierender Bürgermeister von Berlin gewesen und hatte zwei Bundesministerien geführt. © imago stock&people | imago stock&people
    Björn Engholm führte die Sozialdemokraten von 1991 bis 1993. Er war der designierte Kanzlerkandidat seiner Partei, trat im Zuge der Barschel-Affäre aber von allen politischen Ämtern zurück.
    Björn Engholm führte die Sozialdemokraten von 1991 bis 1993. Er war der designierte Kanzlerkandidat seiner Partei, trat im Zuge der Barschel-Affäre aber von allen politischen Ämtern zurück. © imago/Rainer Unkel | imago stock&people
    Nach dem Rücktritt von Björn Engholm führte der spätere Bundespräsident Johannes Rau die SPD kommissarisch.
    Nach dem Rücktritt von Björn Engholm führte der spätere Bundespräsident Johannes Rau die SPD kommissarisch. © imago/photothek | Thomas Imo
    Bei einer Ur-Wahl 1993 sprach sich eine Mehrheit der SPD-Mitglieder für den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Rudolf Scharping aus. Er führte die Partei bis 1995.
    Bei einer Ur-Wahl 1993 sprach sich eine Mehrheit der SPD-Mitglieder für den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Rudolf Scharping aus. Er führte die Partei bis 1995. © imago stock&people | imago stock&people
    Oskar Lafontaine war von 1995 bis 1999 SPD-Vorsitzender. 2005 verließ er die Partei und wechselte zur neu gegründeten Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG), die später in der Partei Die Linke aufging.
    Oskar Lafontaine war von 1995 bis 1999 SPD-Vorsitzender. 2005 verließ er die Partei und wechselte zur neu gegründeten Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG), die später in der Partei Die Linke aufging. © BM | imago/ Jürgen Eis
    Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder übernahm den SPD-Vorsitz 1999 und hielt das Amt bis 2004.
    Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder übernahm den SPD-Vorsitz 1999 und hielt das Amt bis 2004. © imago stock&people | imago stock&people
    Franz Müntefering führte die SPD von 2004 bis 2005. Er verzichtete 2005 auf eine erneute Kandidatur.
    Franz Müntefering führte die SPD von 2004 bis 2005. Er verzichtete 2005 auf eine erneute Kandidatur. © BM | imago/ Rainer Unkel
    Nach Münteferings Rückzug wurde Matthias Platzeck im November 2005 zum Vorsitzenden gewählt. Nach zwei Hörstürzen in den Wochen darauf trat er im April 2006 aus gesundheitlichen Gründen zurück.
    Nach Münteferings Rückzug wurde Matthias Platzeck im November 2005 zum Vorsitzenden gewählt. Nach zwei Hörstürzen in den Wochen darauf trat er im April 2006 aus gesundheitlichen Gründen zurück. © BM | imago/ Michael Schöne
    Kurt Beck übernahm zunächst kommissarisch und wurde dann auf einem Sonderparteitag bestätigt. 2008 erklärte er seinen Rücktritt, nachdem durch Indiskretionen bekannt geworden war, dass Frank-Walter Steinmeier die SPD als Spitzenkandidat in die Bundestagswahl 2009 führen sollte.
    Kurt Beck übernahm zunächst kommissarisch und wurde dann auf einem Sonderparteitag bestätigt. 2008 erklärte er seinen Rücktritt, nachdem durch Indiskretionen bekannt geworden war, dass Frank-Walter Steinmeier die SPD als Spitzenkandidat in die Bundestagswahl 2009 führen sollte. © imago stock&people | imago stock&people
    Franz Müntefering stand von Becks Rücktritt 2008 bis zum schlechten Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl 2009 zum zweiten Mal an der Parteispitze.
    Franz Müntefering stand von Becks Rücktritt 2008 bis zum schlechten Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl 2009 zum zweiten Mal an der Parteispitze. © BM | imago/ Rainer Unkel
    Sigmar Gabriel wurde einer der langjährigsten Vorsitzenden der sozialdemokratischen Partei. Er führte die Partei von 2009 bis 2017 an.
    Sigmar Gabriel wurde einer der langjährigsten Vorsitzenden der sozialdemokratischen Partei. Er führte die Partei von 2009 bis 2017 an. © imago stock&people | imago stock&people
    Martin Schulz wurde am 19. März 2017 zum Vorsitzenden gewählt. Auf innerparteilichen Druck hin erklärte er nach seiner erfolglosen Kanzlerkandidatur am 9. Februar 2018 schriftlich seinen „Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung“. Am 13. Februar 2018 gab er seinen Rücktritt bekannt.
    Martin Schulz wurde am 19. März 2017 zum Vorsitzenden gewählt. Auf innerparteilichen Druck hin erklärte er nach seiner erfolglosen Kanzlerkandidatur am 9. Februar 2018 schriftlich seinen „Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung“. Am 13. Februar 2018 gab er seinen Rücktritt bekannt. © imago/ZUMA Press | Emmanuele Contini
    Andrea Nahles, die erste Frau an der Parteispitze, führte die SPD von April 2018 bis Juni 2019. Am 2. Juni 2019 kündigte Nahles ihren Rücktritt als SPD-Vorsitzende und Chefin der Bundestagsfraktion an. Die 48-Jährige legte auch ihr Bundestagsmandat nieder und kündigte an, sich komplett aus der Politik zurückzuziehen.
    Andrea Nahles, die erste Frau an der Parteispitze, führte die SPD von April 2018 bis Juni 2019. Am 2. Juni 2019 kündigte Nahles ihren Rücktritt als SPD-Vorsitzende und Chefin der Bundestagsfraktion an. Die 48-Jährige legte auch ihr Bundestagsmandat nieder und kündigte an, sich komplett aus der Politik zurückzuziehen. © dpa | Bernd von Jutrczenka
    Thorsten Schäfer-Gümbel, SPD-Vorsitzender in Hessen, Manuela Schwesig (Mitte), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern und Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, übernahmen den Parteivorsitz im Juni 2019 kommissarisch.
    Thorsten Schäfer-Gümbel, SPD-Vorsitzender in Hessen, Manuela Schwesig (Mitte), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern und Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, übernahmen den Parteivorsitz im Juni 2019 kommissarisch. © Adam Berry/Getty Images | Adam Berry
    Ende 2019 hatten sich sechs Bewerberteams der SPD-Basis in 23 Regionalkonferenzen vorgestellt. Nach der ersten Wahl der Mitglieder gab es kein klares Ergebnis, deshalb traten Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken in einer Stichwahl gegen Vizekanzler Olaf Scholz und Klara Geywitz an. Walter-Borjans und Esken setzten sich durch. Sie führten die Partei von Dezember 2019 bis Dezember 2021.
    Ende 2019 hatten sich sechs Bewerberteams der SPD-Basis in 23 Regionalkonferenzen vorgestellt. Nach der ersten Wahl der Mitglieder gab es kein klares Ergebnis, deshalb traten Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken in einer Stichwahl gegen Vizekanzler Olaf Scholz und Klara Geywitz an. Walter-Borjans und Esken setzten sich durch. Sie führten die Partei von Dezember 2019 bis Dezember 2021. © FUNKE Foto Services | Reto Klar
    Norbert Walter-Borjans schied dann auf eigenen Wunsch aus der Parteiführung aus. Saskia Esken machte weiter. Beim SPD-Parteitag im Dezember 2021 entschied sich die Partei erneut für eine Doppelspitze.
    Norbert Walter-Borjans schied dann auf eigenen Wunsch aus der Parteiführung aus. Saskia Esken machte weiter. Beim SPD-Parteitag im Dezember 2021 entschied sich die Partei erneut für eine Doppelspitze. © dpa
    Neben Esken führt seither der bisherige SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil (*1978) die
    Neben Esken führt seither der bisherige SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil (*1978) die "Alte Tante SPD". © Privat | Privat
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    Hinter der Idee eines Mitgliederentscheids steckt das Kalkül, dass der bei der eigenen Basis nur mäßig beliebte Scholz sich in einer Urwahl (gegen wen auch immer) deutlich schwerer durchsetzen könnte als im Vorstand.

    Beim Parteitag Ende 2017 war Scholz bei der Wahl zum Parteivize mit 59 Prozent abgestraft worden. Seine Brillanz wird anerkannt, die Neigung zur Besserwisserei weniger. Nicht vergessen hat die Partei, wie Scholz nach der verlorenen Bundestagswahl Stimmung gegen Schulz machte.

    Viel Raum für Überraschungen im Parteiensystem

    Scholz wurmt das alles gewaltig. Er kann schlicht nicht nachvollziehen, warum er in der SPD so unbeliebt ist. In Hamburg gewann er zweimal haushoch die Wahlen. Als Finanzminister gehört er zu den populärsten Kabinettsmitgliedern.

    „Wenn man Umfragen trauen darf, zähle ich schließlich zu den Politikern mit hoher Unterstützung bei Bürgerinnen und Bürgern und SPD-Anhängern.“ Nur: War nicht Peer Steinbrück als Finanzminister ebenfalls beliebt, verglühte 2013 aber als Kanzlerkandidat wie ein fehlgezündeter Böller?

     Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister und Vizekanzler, in dem Hauptgebäude der Humboldt-Universität zu Berlin während einer Rede zu Europa.
    Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister und Vizekanzler, in dem Hauptgebäude der Humboldt-Universität zu Berlin während einer Rede zu Europa. © dpa | Wolfgang Kumm

    Scholz hat das Scheitern seines Vor-Vorgängers sowie der SPD-Kandidaten Frank-Walter Steinmeier (2009) und Schulz (2017) genau analysiert. So fällt auf, wie Scholz versucht, sich mit sozialen Themen außerhalb des Finanzbereichs zu profilieren. Er schlug zwölf Euro für den Mindestlohn und eine europäische Arbeitslosenversicherung vor. Scholz will den Wählern frühzeitig das Gefühl vermitteln, bei mir ist nicht nur euer Geld sicher, sondern das ganze Land wäre in guten Händen.

    Etwas bizarr mutet die Ausgangslage dennoch an. Niemand glaubt bei Werten von 14, 15 Prozent, dass die SPD 2021 (oder früher) im Sturm das Kanzleramt erobert. Aber es sind stürmische Zeiten.

    Der kurzzeitige 100-Prozent-Höhenflug von Schulz, der Comeback-Versuch von Friedrich Merz in der CDU, der Aufstieg der AfD, der Grünen-Hype und das nahende endgültige Ende der Merkel-Ära belegen, dass es im Parteiensystem keine Gewissheiten, dafür aber viel Raum für Überraschungen gibt.

    So könnten es viele Bürger durchaus charmant finden, dass nicht alle Sozis verängstigt ins neue Jahr starten, sondern einer wie Scholz den Mut hat, seinen Führungsanspruch selbstbewusst anzumelden.

    Bis zur Europawahl dürfte Nahles fest im Sattel sitzen

    Für Andrea Nahles kommt die Debatte äußerst ungelegen. Offenkundig wird, dass ihr Verbündeter Scholz nicht mehr damit rechnet, dass sie die Kurve kriegt. Oder gibt es eine Absprache zwischen den beiden, wie die Macht geteilt wird?

    Der 48-Jährigen, erst seit April im Amt, schlägt aus weiten Teilen der SPD Misstrauen entgegen. Das Echo ihrer haarsträubenden Fehler in der Affäre um Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hallt nach.

    Andrea Nahles kommt als Kanzlerkandidatin nicht in Frage.
    Andrea Nahles kommt als Kanzlerkandidatin nicht in Frage. © dpa | Kay Nietfeld

    Dass Nahles als Kanzlerkandidatin infrage käme, was angesichts ihrer Machtfülle selbstverständlich wäre, gilt in der SPD als nahezu ausgeschlossen. Nahles’ Ankündigung, Hartz IV abschaffen zu wollen, erschien wie ein Kniefall vor den Parteilinken und Gegnern der großen Koalition. Abschied von Hartz IV: Das bedeutet der Kurswechsel der SPD.

    Bis zur Europawahl dürfte Nahles fest im Sattel sitzen. Sollte die Partei mit ihrer erfrischenden Spitzenkandidatin Katarina Barley besser als erwartet abschneiden, könnte das sogar einen kleinen Schub für die schwierigen Ost-Landtagswahlen bringen.

    Bei der Klausur in Osnabrück übrigens dürfen Gäste und Journalisten an allen Diskussionen teilnehmen. Ein Symbol für eine neue, offene SPD. Nur die Tabula-rasa-Runde der Abgeordneten mit Nahles findet hinter verschlossenen Türen statt. Olaf Scholz wurde nicht eingeladen. Dabei ist Osnabrück seine Geburtsstadt.