Berlin. Erstmals seit 18 Jahren leitet nicht mehr Angela Merkel, sondern Annegret Kramp-Karrenbauer das CDU-Präsidium – was wird aus Merz?

Der CDU-Vorsitz hat einen gewissen Preis: Als eine ihrer ersten Amtshandlungen griff Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) im Privaten durch. Die Telefonnummer der Familie im saarländischen Püttlingen steht nicht mehr im Online-Telefonverzeichnis.

Als Grund gab sie an, dass die Zahl der Anrufe, „die die Grenze des guten Umgangs und Geschmacks“ verletzten, stark zugenommen habe. Es gehe nun um den Schutz der Familie.

Zuvor hatte AKK als saarländische Ministerpräsidentin und auch noch als CDU-Generalsekretärin Wert auf Bürgernähe gelegt. Häufig ging ihr Mann, Helmut Karrenbauer, ans Telefon. Am Montag leitete Frau Kramp-Karrenbauer in der Hauptstadt zum ersten Mal eine Sitzung des CDU-Parteipräsidiums.

18 Jahre lang war das das Vorrecht von Angela Merkel. Die Kanzlerin nahm ebenfalls an der Sitzung der engsten Führung teil – das Sagen in der Runde hat nun aber AKK.

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Beherrschendes Thema auf den Fluren des Adenauer-Hauses, jedoch nicht in der Sitzung selbst: Was wird aus Friedrich Merz, dem gestürzten Helden des Wirtschaftsflügels? AKK verlor kein Wort über ihr rund 90-minütiges Gespräch mit Merz am vergangenen Donnerstag.

Im Januar wollen sie sich wieder treffen. Auf wen kann sich die neue CDU-Vorsitzende, die auf dem Parteitag nur 52 Prozent der Delegierten überzeugen konnte, künftig verlassen? Wer könnte ihr gefährlich werden? Eine Übersicht.

Friedrich Merz

Viele seiner Anhänger hofften, nach der hauchdünnen Niederlage gegen AKK werde Merz eine herausgehobene Rolle in der CDU übernehmen. Doch er verzichtete. Auch ein Ministeramt ist dem Vernehmen nach vom Tisch.

Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz auf dem Landesparteitag der CDU in Sachsen Anfang Dezember.
Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz auf dem Landesparteitag der CDU in Sachsen Anfang Dezember. © dpa | Jan Woitas

Mittlerweile ist von einer „beratenden Tätigkeit“ für Merz die Rede. AKK wird versuchen, ihn sichtbar, aber möglichst ohne großen Einfluss einzubinden, um das Merz-Lager in der CDU nicht vor den Kopf zu stoßen.

Gerade in Ostdeutschland, wo 2019 wichtige Landtagswahlen anstehen, könnte Merz seiner Partei mit Auftritten helfen, die AfD in Schach zu halten.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sagte am Montag: „Es ist wichtig, dass die Gedanken, die Ideen, die Friedrich Merz vorgetragen hat, in der Programmatik der CDU stattfinden. Ich wünsche mir, dass er sichtbar bleibt.“ Gefahr für AKK: Merz könnte ihr per Interviews jederzeit in die Quere kommen.

Angela Merkel

Nur 17 Stimmen auf dem CDU-Parteitag mehr für Merz, und die Kanzlerin hätte ein ungemütliches Weihnachtsfest erlebt. Mit AKK auf dem CDU-Thron kann Merkel erst einmal in Ruhe weiterregieren. Ob sie wirklich bis 2021 Kanzlerin bleibt oder vorher an AKK übergibt, damit die mit einem Amtsbonus in die nächste Wahl gehen kann, wird sich zeigen.

Kramp-Karrenbauer hat angekündigt, nicht 1:1 die Merkel-Politik fortzusetzen. Sie muss ein eigenständiges Profil entwickeln, um den Makel loszuwerden, sie sei eine „Mini-Merkel“. Das könnte bei Migration und Rente passieren. Dennoch dürfte das CDU-Duo Merkel/AKK loyal zusammenarbeiten. Der Erfolg, Merz’ Comeback-Versuch abgeschmettert zu haben, schweißt zusammen.

Armin Laschet

Der Düsseldorfer Regierungschef hat es im Dreikampf AKK, Merz und Jens Spahn geschickt verstanden, sich auf keine Seite zu schlagen. Er kann warten. Sollte AKK als Kanzlerkandidatin in der Union durchfallen, könnte Laschet zum Zug kommen.

CDU diskutiert über Rolle von Friedrich Merz

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    Markus Söder

    Der künftige CSU-Chef hat offensichtlich seine Lektion aus dem desaströsen Streit mit der CDU um die Migrationspolitik gelernt. Söder betont zuckersüß, dass die Union zusammenhalte und die große Koalition erfolgreich arbeiten müsse. Für AKK wird es mit Söder trotzdem nicht einfach werden. Er steht inhaltlich dem Merz-Lager in der CDU näher.

    Bei der Frage, wer Merkel im Kanzleramt nachfolgen soll, wird die CSU ein gewichtiges Wörtchen mitreden wollen. Noch-CSU-Boss Horst Seehofer lobt AKK über den grünen Klee: „Sie geht sehr stark auf uns zu, sucht sehr stark das Gespräch – wie umgekehrt auch.“

    Jens Spahn

    Er war neben AKK und Merkel der Gewinner des Parteitages. Viele Spahn-Fans wechselten ins AKK-Lager und sicherten ihr den Sieg. Spahn hielt eine gute Rede, bot danach AKK sofort seine Loyalität an. Der Gesundheitsminister wurde dafür mit einem Traumergebnis ins Präsidium wiedergewählt. AKK wird ihn eng einbinden müssen, weil Spahn eine Brücke zu den Merz-Anhängern ist. Kommt es zu einer Kabinettsumbildung, könnte er aufgewertet werden – vielleicht mit dem Wirtschaftsministerium.

    Paul Ziemiak

    Der Junge-Union-Chef hat sich an AKK gekettet. Viele in der CDU unterstellen ihm, im Tausch für den Generalsekretärsposten AKK die entscheidenden Stimmen auf dem Parteitag mitorganisiert zu haben. Beide weisen das zurück. Der junge Mann aus dem Sauerland will der CDU ein konservativeres Profil verpassen.

    Wolfgang Schäuble

    Die große Schlacht auf dem Parteitag gegen Merkel verlor er, weil sein Mann Merz nicht durchkam. Schäuble rief danach staatsmännisch die CDU auf, sich hinter AKK zu versammeln. Sie wird bei Schäuble immer auf der Hut sein müssen. Der Parteitag bewies: Schäuble kann noch immer fast die Hälfte der Partei in seinem Sinn mobilisieren.