Berlin. Die Bundesregierung verspricht beim Wohngipfel stärkere Förderung und günstiges Bauland. Bauminister Horst Seehofer ist zuversichtlich.

Für den Wohnungsbau will der Bund eigene Grundstücke günstig an die Kommunen abgeben. Das sicherte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) den Ländern beim sogenannten Wohngipfel am Freitag zu. Berlins Bürgermeister Michael Müller (SPD) reicht das noch nicht. Er schielt nach dem Bauland von Post und Bahn, die beide dem Bund gehören. Bund und Länder wollen auf den Anstieg der Bauland-Preise gegensteuern. Sie sind seit 2010 bundesweit um 50 Prozent gestiegen.

Die Länder versprachen, das Baurecht zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. Das Ziel ist der digitale Bauantrag, schnell und unbürokratisch. Der Bund will bei seinen Projekten Vorreiter beim seriellen und modularen Bauen sein. „Schnelligkeit“ ist für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein wichtiger Aspekt der „Wohnraumoffensive“ – das Gipfeltreffen im Kanzleramt war nach ihren Worten der „Start“ dazu und eine „große Kraftanstrengung“.

Erst für 2020 Verbesserungen beim Wohngeld geplant

Neben der Bereitstellung von Bauland dreht die Bundesregierung vornehmlich an drei Stellschrauben. Erstens, sie fördert den sozialen Wohnungsbau 2019 wie im laufenden Jahr mit 1,5 Milliarden Euro, 2020 und 2021 mit je einer weiteren Milliarde. Insgesamt gibt sie dafür innerhalb nur einer Amtszeit fünf Milliarden Euro aus. Gemeinsam mit den Mitteln von Ländern und Kommunen könnten damit über 100.000 zusätzliche Sozialwohnungen gebaut werden.

Wichtig war für die Länder und insbesondere für die Bauwirtschaft, dass es kein Strohfeuer bleiben soll. Scholz versprach, die Förderung zu verstetigen. Mit anderen Worten: nicht auslaufen zu lassen. Das bedeutet für die Unternehmen mehr Planungssicherheit und dass sie ihre Kapazitäten erhöhen können, zum Beispiel bei der Ausbildung.

Neuer Mietenspiegel geplant

Zweitens, nach der Einführung das Baukindergeld will Scholz 2020 das Wohngeld reformieren und erhöhen. Dieses „Kindergeld“ hilft den Bauherren (so wie bessere Abschreibungsmöglichkeiten den Investoren), eine Wohngeldreform wiederum den Mietern. Das Ziel ist, dass mehr Menschen Wohngeld erhalten und die Zahlungen auch erhöht werden. Zum Vergleich: Laut Statistische Bundesamt hatten Ende 2017 rund 592.000 einkommensschwache Haushalte die Leistung erhalten – das sind etwa 1,4 Prozent aller privaten Haushalte.

Eine dritte Stellschraube: der Mieterschutz. Geplant ist ein neuer Mietenspiegel. Künftig sollen die ortsüblichen Mieten für einen Zeitraum von sechs – bisher: vier – Jahren verglichen werden. Die Regierung erhofft sich davon, dass der Mietanstieg gebremst wird. Scholz sprach sich außerdem dafür aus, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen weiter zu erschweren.

Scholz: Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum

Innen-, Heimat- und Bauminister Horst Seehofer (CSU) sprach von einem „ganz starken Signal“. Im Baubereich sei es die „größte Anstrengung“, an die er sich erinnern könne, so Seehofer. Nach den Streitigkeiten der vergangenen Tage und angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen wollten die Koalitionspartner mit dem „Wohngipfel“ nicht zuletzt unter Beweis stellen, dass sie weiter handlungsfähig seien. Die Zielmarke in der Wohnungsbaupolitik bleiben 1,5 Millionen neue Wohnungen bis 2021. 2018 dürfte das Vorjahresniveau des Vorjahres – 285.000 Wohnungen – noch einmal übertroffen werden.

Bundesfinanzminister und ehemaliger Erster Bürgermeister von Hamburg: „Wir brauchen viel mehr bezahlbare Wohnungen.“
Bundesfinanzminister und ehemaliger Erster Bürgermeister von Hamburg: „Wir brauchen viel mehr bezahlbare Wohnungen.“ © dpa | Axel Heimken

Scholz sagte, „wir brauchen viel mehr bezahlbare Wohnungen.“ Kaltmieten von zehn Euro und mehr je Quadratmeter in gefragten Gegenden würden viele Bürger an ihr finanzielles Limit bringen. Michael Müller warnte, es werte aber noch eine Weile dauern, bis sich die ersten Erfolge zeigten und sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt entspanne.

Für den Direktor des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, enthalten die Beschlüsse neben Absichtserklärungen vor allem Hinweise auf altbekannte Vorschläge und Vereinbarungen. „In der Sache aber hat der Wohngipfel aus unserer Sicht wenig Neues gebracht“. Skeptisch reagierte auch die Immobilienbranche. Von einem „guten Anfang“ sprach der Verband der deutschen Wohnungswirtschaft (GdW): „Wenn all die Maßnahmen umgesetzt werden, kann Deutschland aus dem Dornröschenschlaf in Sachen mehr bezahlbarer Wohnraum erwachen.“

Weniger Vorgaben bei Erweiterungsbauten

Bürgermeister Peter Tschtenscher appellierte an die Bundesregierung vom Bund nicht mehr benötigte Grundstücke für den Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Zudem seien Erleichterungen bei den Vorgaben für die Innenverdichtung notwendig, um bessere Möglichkeiten zu schaffen, Baulücken zu schließen und Dachgeschosse auszubauen: „Nur der Neubau von Wohnungen hilft, dass sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt gerade in den Metropolen entspannt.“

Senatorin Dorothee Stapelfeldt hatte im Vorfeld erklärt: „Bezahlbarer Wohnraum ist für viele Menschen existenziell und eine der wichtigsten Grundlagen für stabile Quartiere und Gemeinden.“