Berlin. Bei „Hart aber fair“ liefern sich die Gäste eine hitzige Diskussion über Waffenlieferungen. Mit dabei: Andrij Melnyk – und er drängt.

Gleich mehrmals verlor Moderator Louis Klamroth am Montagabend die Kontrolle über die laufende Diskussion, so erbittert verteidigten seine geladenen Gäste ihre jeweiligen Positionen. Das war angesichts des emotionalen Themas zwar keine Überraschung, machte es den Zuschauenden jedoch schwieriger, den Argumenten zu folgen. Worum also ging es? Beinahe ein Jahr nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine wurde bei „Hart aber fair“ darüber diskutiert, ob Deutschland mehr Waffen an die Ukraine liefern sollte, um den Frieden wiederherzustellen.

„Hart aber fair“: Diese Gäste waren am Montag dabei

  • Vassili Golod, Ukraine-Korrespondent der ARD
  • Amira Mohamed Ali, Linke-Fraktionsvorsitzende
  • Hans-Lothar Domröse, ehemaliger deutscher Nato-General
  • Katarina Barley (SPD), Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments
  • Gesine Dornblüth, Journalistin
  • Ina Ruck, Leiterin des ARD-Fernsehstudios in Moskau
  • Andrij Melnyk, Vize-Außenminister der Ukraine

„Wir haben nicht erreicht, dass der Krieg endet und das sollte das Ziel sein“, meinte Amira Mohamed Ali. Die Fraktionsvorsitzende der Linken setzte sich lautstark für eine diplomatische Offensive Deutschlands und gegen weitere Waffenlieferungen ein. Sie betonte, dass es einen guten Grund gegeben habe, weshalb Deutschland vor dem Angriffskrieg auf die Ukraine keine Waffen an Krisen- und Kriegsgebiete geliefert habe. Sie habe den Eindruck, die Suche nach diplomatischem Frieden sei in den vergangenen Monaten in weite Ferne gerückt. Eine Ansicht, mit der die Politikerin nicht alleine ist: Rund 58 Prozent der Deutschen gehen die diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des Krieges nicht weit genug. In den Diskussionen um weitere Waffenlieferungen sieht Ali vor allem eins: eine Verlängerung der Brutalität.

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Auch deshalb habe sie die Petition ihrer Parteikollegin Sarah Wagenknecht unterzeichnet, die sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausspricht und den Beginn von Friedensverhandlungen anmahnt. Ein Ansinnen, das die Menschen in der Ukraine fassungslos zurücklässt, wie Ukraine-Korrespondent Vassili Golod berichtete.

Streit bei „Hart aber fair“ um Waffenlieferungen: „Geht um das Überleben der Ukraine“

Besonders mit Katarina Barley, der derzeitigen Vize-Präsidentin des EU-Parlaments, lieferte sich Ali einen intensiven Schlagabtausch. Anders als ihre Kollegin sieht Barley es als eine „moralische Pflicht dazu beizutragen, dass die Ukraine sich verteidigen kann.“ Etwas, dass ihrer Meinung nach nicht ohne Waffenlieferungen möglich sei. „Putin hat den Krieg nicht begonnen, um Waffenstillstandsverhandlungen zu führen und sich wieder zurückzuziehen“, betonte sie in der Sendung. „Er hat den Krieg begonnen, um das ukrainische Volk in seiner Identität auszulöschen.“

Ein wichtiger Satz, den auch Hans-Lothar Domröse unterstrich. Bei den Waffenlieferungen gehe es im Kern „um das Überleben der Ukraine“, meinte der Ex-Nato-General. Er geht davon aus, dass Russland im Moment eine enorme Offensive vorbereite. Damit sich die Ukraine angemessen verteidigen könne, seien Kampfjets enorm wichtig. Eine Debatte, die in der deutschen Medienlandschaft lebhaft diskutiert wird und zu der sich in der Sendung auch der ehemalige ukrainische Außenminister Andrij Melnyk äußerte. Er drängte zu einer Entscheidung: „Je länger es dauert, desto schwieriger wird es, die besetzen Gebiete wieder zu befreien. Ob wir das wollen oder nicht: Dieser Krieg kann nur auf dem Schlachtfeld beendet werden.“ Gleichzeitig betonte er, dass die Ukraine nur fordere, was Deutschland nicht zur Kriegspartei machen würde.

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Wildes Stimmengewirr – Klamroth kann nicht schlichten

Also nur entweder oder? Einen gemäßigteren Ton stimmte die freie Journalistin Gesine Dornblüth an: „Demokratie und Waffenlieferungen widersprechen sich nicht, sie müssen sich ergänzen.“ Angesichts der aktuellen Lage unterstütze jedoch auch sie die beschlossenen Waffenlieferungen Deutschlands: „Waffenlieferungen sind nicht automatisch der Grund dafür, dass Russland weitere Panzer schickt. Das würde Russland auch ohne deutsche Waffenlieferungen machen.“

Es ist keine Überraschung, dass auch diese Ausgabe von „Hart aber fair“ keine finale Antwort finden konnte. Durchaus schade war es allerdings, dass die Diskussionen teilweise derart hitzig wurden, dass nur noch ein wildes Stimmengewirr bei den Zuschauen ankam, das auch Moderator Klamroth nicht zu schlichten vermochte.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Zur Ausgabe von „Hart aber fair“ in der ARD-Mediathek.