Berlin. Gäbe es einen “Oscar“ für Politiker, hätte ihn Wolodomyr Selenskyj längst gewonnen. Wie Ukraines Präsident Hollywoods Liebling wurde.

Sie bewundern, sie lieben ihn. Für sie hat Wolodymyr Selenskyj Starqualitäten. Nicht auf der Leinwand. Aber im richtigen Leben. Lange bevor der ukrainische Präsident zum Mann der Stunde bei der Berlinale wurde, zu deren Eröffnung er sich am Donnerstagabend per Video zuschalten ließ, war er für viele in Hollywood der "Held unserer Zeit", wie die US-Schauspielerin Anne Hathaway in Berlin sagte. Das könnte Sie auch interessieren: Wann endet der Krieg in der Ukraine? Drei Szenarien

Viele ihrer Kolleginnen und Kollegen scheuten auch nicht das Risiko einer Fahrt – nicht mit dem Privatjet, mit dem Nachtzug aus Polen – nach Kiew: Angelina Jolie, Ben Stiller, Jean-Claude Van Damme. Andere unterstützen ihn in der Öffentlichkeit wie Mark Hamill oder Asthon Kutcher und seine Ehefrau Mila Kunis, die in der Ukraine geboren wurde. "Du bist mein Held", sagte Stiller, als er ihn besuchte.

Selenskyj: Sean Penn überließ ihm seinen Oscar

Sean Penn kam sogar drei Mal nach Kiew und drehte einen Dokumentarfilm über den Krieg, der jetzt auf der Berlinale läuft. Beim letztem Besuch im Präsidentensitz überließ er Selenskyj seinen "Oskar", eine besondere Geste. Viele rollen für ihn den roten Teppich aus, beim Festival in Cannes wurde Selenskyj gefeiert.

Zwei vom Fach: Als Putin seinen Angriffskrieg begann, war Sean Penn bereits in Kiew, um Wolodymyr Selenskyj für seinen Film „Superpower“ zu interviewen.
Zwei vom Fach: Als Putin seinen Angriffskrieg begann, war Sean Penn bereits in Kiew, um Wolodymyr Selenskyj für seinen Film „Superpower“ zu interviewen. © © 2022. THE PEOPLE’S SERVANT,

Verkehrte Welten: Vor seiner Präsidentschaft war Selenskyj ein Schauspieler, ein Komiker. Und man ahnt, dass Hollywood sein Sehnsuchtsort war – schier unerreichbar – und was der Respekt seiner prominenten Kolleginnen und Kollegen ihm heute bedeuten mag. Umgekehrt: Was macht ihn in den Augen der Hollywood-Stars so attraktiv?

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"Er ist ein Naturtalent wegen seines Hintergrunds", sagte Nikki Fowler, die Präsidentin der Hollywood Critics Association, die Halbukrainerin ist, dem britischen "Guardian". Hollywood respektiere ihn, weil er für sie ein echter Held sei. "Wenn man Zugang zu einem echten Helden hat, den man einfach nicht in Filmen sieht, wer würde das nicht unterstützen wollen?"

Selenskyj: Seine Walk of Fame ist überall

In jedem Spitzenpolitiker steckt ein Darsteller, mal mehr, mal weniger. In seinen täglichen Videobotschaften beweist Selenskyj, dass er nichts verlernt hat: Sein Kommunikationstalent, sein Timing, den unaufhörlichen Nachrichtenstrom über soziale Medien zu steuern. Anfangs bei Kriegsausbruch vor bald einem Jahr klang er wütend, mit zunehmendem Erfolg und Selbstsicherheit dann geschmeidiger, gewinnender. Es gibt nicht viele, die sich neben Selenskyj über die Landesgrenzen der Ukraine hinaus in Szene setzen können und internationales Format haben:

  • Andrij Melnyk, der mal Botschafter in Berlin war und sich jedenfalls in Deutschland von Talkshow zu Talkshow nörgelte.
  • Selenskyjs Ehefrau Olena, die nicht nur bei "Vogue" eine gute Figur machte, sondern ebenso beim Weltwirtschaftsforum in Davos.
  • Und dann ist da vielleicht noch Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj.

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Der Ukraine-Krieg wird nicht nur an der Front ausgefochten. Es geht auch darum, die öffentliche Meinung im Westen auf seine Seite zu ziehen; davon hängt nicht mittelbar die militärische Hilfe ab, wohl aber die gesellschaftliche Zustimmung für sie. Deswegen sind nicht nur die Kontakte zu Politikern wichtig, zu Staats- und Regierungschefs, sondern auch zu Prominenten wie Virgin-Gründer Richard Branson, wie der Sänger Bono von U2, wie der TV-Moderator David Letterman, der Starkoch José Andrés, der Historiker Timothy Snyder, wie anfangs auch noch zu Elon Musk. Auch interessant: Elon Musk lässt Ukraine fallen: Kein Satellit für den Krieg?

Selenskyj: Das hat er schon geschafft – sein Land populär zu machen

Seine frühere Pressesprecherin Juliia Mendel schreibt in ihrem Buch "The Fight of Our Lives", als ehemaliger Schauspieler schätze Selenskyj die Macht von Schauspielern, "insbesondere aus Hollywood". Auf der Berlinale stellte der ukrainische Präsident denn auch die (rhetorische?) Frage, ob sich Kunst aus der Politik heraushalten könne. Das Publikum antwortete eindeutig: mit stehendem Applaus. Mit solchen Auftritten macht Selenskyj sich und sein Land weltweit populär.