Washington. Der Republikaner Kevin McCarthy ist neuer Sprecher des Repräsentantenhauses. Um den Job zu bekommen, machte er viele Zugeständnisse.

Er ist der amerikanische Karrierepolitiker schlechthin: Telegen, redegewandt, mit jenen perfekt frisierten, grau melierten Haaren, die ihm den Anschein einer Seriosität geben, die viele seiner politischen Gegner Kevin McCarthy (57) absprechen. Nun wird der kalifornische Republikaner endlich seinen Traumjob antreten.

Als „Speaker of the House“ ist er das ranghöchste Mitglied des US-Repräsentantenhauses und Nachfolger der mächtigen Nancy Pelosi. Leicht wird er es aber nicht haben. Denn nach den Schlappen bei den Kongresswahlen und McCarthys zahlreichen Abstimmungsniederlagen sind die Konservativen so gespalten wie selten zuvor.

Seine Mutter kümmerte sich um die Familie, sein Vater arbeitete als Feuerwehrmann

McCarthy ist irisch-italienischer Abstammung. Er wuchs in Bakersfield, Kalifornien, in einer Familie auf, die der Abgeordnete als der „unteren Mittelschicht“ zugehörig bezeichnet. Seine Mutter kümmerte sich um die Familie, während der Vater als Feuerwehrmann arbeitete. An der California State University erwarb er einen Masters-Abschluss in Marketing.

Das Verkaufstalent machte sich prompt in seiner politischen Laufbahn bemerkbar. Mit draufgängerischer Mentalität profilierte er sich im Stab des Kongressabgeordneten Bill Thomas, diente sich zum Chef der „Jungen Republikaner“ hoch und wurde in mehrere Positionen als Kommunalpolitiker gewählt. Sein großer Durchbruch kam 2006, als er erstmals in das US-Repräsentantenhaus einzog. Nur acht Jahre später brachte es der Senkrechtstarter zum republikanischen Mehrheitschef.

Kevin McCarthy wurde zum neuen Sprecher des Repräsentantenhauses gewählt.
Kevin McCarthy wurde zum neuen Sprecher des Repräsentantenhauses gewählt. © Getty Images via AFP | KEVIN DIETSCH

Lange unterstützte McCarthy das Trump-Narrativ - dann kam die Kehrtwende

Trotz der unbestritten steilen Karriere steht McCarthy häufig im Kreuzfeuer der Kritik. Denn der Erfolg lässt sich nicht zuletzt auf seinen ungenierten Opportunismus zurückführen. So hatte er als Kommunalpolitiker in seinem Heimatstaat Abtreibungsrechte unterstützt, lehnt diese aber seit der Wahl in den Kongress aber kategorisch ab. Auch sprach er sich während des Kriegs für Ukraine-Hilfe aus, sagt nun aber, dass es unter seiner Ägide „keinen Blankoscheck“ für Kiew geben werde.

Auffallend ist auch McCarthys wankelmütige Position zum früheren Präsidenten Donald Trump. Lange Zeit unterstützte er dessen Narrativ einer gestohlenen Wahl und hatte selbst nach dem gescheiterten Putschversuch im US-Kapitol private Audienzen mit Trump in Mar-a-Lago. Dann folgte die Kehrtwende: Tatsächlich habe Biden die Wahl gewonnen.

Gegenüber dem rechten Parteiflügel musste er Konzessionen machen

Um die notwendigen Stimmen für den „Speaker“-Job zu bekommen, musste McCarthy gegenüber dem rechten Parteiflügel Konzessionen machen. Unter anderem hat er Ermittlungen gegen Präsident Joe Biden wegen des Abzugs aus Afghanistan und dessen Sohn Hunter wegen dessen Rolle bei einem ukrainischen Erdgasunternehmen zugestimmt. Auch hat McCarthy die Rechten ermächtigt, ihn relativ leicht abwählen zu können, sollte er nicht nach deren Pfeife tanzen. Ferner ist er damit einverstanden, dass Untersuchungen über den angeblich „zu harten“ Umgang mit den Randalierern vom 6. Januar 2021 eingeleitet werden.

Aber selbst diese Konzessionen reichten jenen Rebellen nicht aus, die 14 Mal gegen ihn stimmten. Folglich machte er vor den letzten Wahlgängen am Freitagabend weitere Zugeständnisse: McCarthy versprach, dass sein Spendenkomitee ("Super Pac") künftig darauf verzichten würde, bei Wahlen gegen rechtsextreme Kandidaten zu Feld zu ziehen. Auch versprach er, Trumpisten im Kongress Sitze in einflussreichen Ausschüssen.

Die Rechtsextremen zu beschwichtigen, war schwer genug. Nun geht es aber auch darum, mit Biden und den Demokraten zusammenzuarbeiten, um eine Anhebung des staatlichen Schuldenlimits auszuhandeln und eine Staatspleite abzuwenden. Ein "Traumjob" also mit vielen Fallstricken.