Washington. Viele Amerikaner sind Trumps Eskapaden leid – darunter auch Republikaner. Und doch könnte sich die Geschichte von 2016 wiederholen.

Man vergisst das leicht. Es war ja kein glorreicher Start-und-Ziel-Sieg, den Donald Trump 2016 in den partei-internen Vorwahlen, den „primaries”, hinlegte. Bis er (zur Bestürzung des republikanischen Establishments) Leute wie Jeb Bush vernichtend geschlagen und sich die Kandidatur für das Weiße Haus gesichert hatte, dauerte es seine Zeit.

Der kapriziöse Seiteneinsteiger, der sich pseudo-messianisch als alleiniger Retter Amerikas aufschwang, ging zum Auftakt im Bauern-Bundesstaat Iowa mit 24 Prozent der Stimmen baden. Texas-Senator Ted Cruz, dessen Vater von Trump damals völlig haltlos in die Nähe der Ermordung von Präsident John F. Kennedys gerückt wurde, lief ihm den Rang ab.

USA: Weil es viele Bewerber gab, reichten Trump 2016 wenige Stimmen

In New Hampshire reichten Trump nur 35 Prozent der Stimmen zum Sieg, in Vermont 33 Prozent und in Virginia ebenfalls 35 Prozent. Es dauerte geschlagene drei Monate, bis sich der New Yorker Unternehmer zum ersten Mal mit Ach und Krach als Konsenskandidat mit Rückhalt präsentieren konnte: Erst im April 2016 durchbrach er die 50 Prozent-Hürde.

Der Grund: Mit 16 Rivalen und Rivalinnen war das konservative Bewerberfeld so üppig besetzt, dass Trump mediokre Stimmenanteile und eine durchweg stabile Wählerbasis reichten, um das Rennen zu machen. Der Rest der Aspiranten, von denen viele wie Ben Carson, Mick Huckabee oder Rand Paul von vornherein chancenlos waren, hatte sich selbst kannibalisiert.

Kommentar: Trump verhindern – die Republikaner haben es in der Hand

Verzicht auf eine Kandidatur käme einer „Pflichtverletzung” gleich

Schnitt: Wenn sich ab Januar 2024 erneut viele Republikaner um die Präsidentschaftskandidatur balgen sollten, könnte Trump erneut mit Stimmen-Anteilen um 30 Prozent bei den Vorwahlen am Ende der große Gewinner werden. Das, so dekretierte jetzt die ehemalige Redenschreiberin von Ronald Reagan, Peggy Noonan, im konservativen, aber inzwischen Trump völlig überdrüssigen „Wall Street Journal“, dürfe in einem Jahr auf keinen Fall noch mal passieren. Ihr Tenor: Weniger ist mehr. Am Ende vielleicht alles.

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Verantwortungsbewusst im Sinne von „dem Wohl des Landes verpflichtet”, sei ein republikanischer Präsidentschaftskandidat nur dann zu nennen, wenn er oder sie eine „echte Gewinnchance” und eine „nennenswerte Unterstützer-Basis vorweisen können”, sagt Noonan. Oder wenn sein/ihr Beitrag zur Debatte so „einzigartig und notwendig ist”, dass der Verzicht auf eine Kandidatur fast schon einer „Pflichtverletzung” gleichkäme.

USA: Einigen sich die Republikaner nicht, könnte Trump davon profitieren

Wird diese Messlatte nicht beachtet, prophezeit Noonan, werden die Republikaner mit einem aufgrund vieler Fehltritte und Misserfolge gebeutelten als Kandidat Trump (dazu später mehr) 2024 in „Loserville” landen. Was man vielleicht am besten mit „Verliererhausen” übersetzt.

Noonan, die verwurzelt ist wie eine 1000-jährige Eiche im Boden der „Grand Old Party”, nennt heute noch keine Namen, die entweder unbedingt dabei sein müssten. Oder die der ganzen Chose besser fernbleiben sollten. Sie will nur kein zweites Stimmen-Klein-Klein, das am Ende wieder Trump in die Hände spielt.

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Was sie sich insgeheim wünscht, wäre ein Verbund mächtiger Stimmen im republikanischen Spektrum, der sich schon heute öffentlich klar und unmissverständlich gegen Trump wendet – und der sich im Idealfall hinter ein bis zwei Alternativen versammelt. Nähere Gedanken um ihre Stärken und Schwächen sollten sich nach Einschätzung von Partei-Strategen schon heute Leute wie Nikki Haley (UN-Botschafterin unter Trump), Mike Pompeo (Außenminister unter Trump) und Mike Pence (Vizepräsident unter Trump) machen.

Der Aufruf, den Kreis klein zu halten, zeigt bislang keine Wirkung

Sie scharen allesamt, wenn auch unterschiedlich laut, mit den Hufen und kokettieren damit, ihren Hut in den Ring zu werfen; wenn es denn Amerika frommen würde. Sie haben sich aber wie auch Tim Scott (afro-amerikanischer Senator aus South Carolina), Glenn Youngkin (Gouverneur von Virginia), Chris Christie (Ex-Gouverneur von New Jersey), Kristi Noem (Gouverneurin von South Dakota), Chris Sununu (Gouverneur von New Hampshire) oder Larry Hogan (Gouverneur von Maryland) noch nicht unmissverständlich zu ihren Ambitionen geäußert.

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Der immer öfter zu hörende Aufruf, den Kreis der Konkurrenten so klein wie möglich zu halten, die dem Partei-Paten Trump in gut zwölf Monaten Paroli bieten, zeitigt daher bislang keine Wirkung. „Never-Trumper” gibt es genug. Aber sie haben sich bis dato noch nicht darauf verständigt, wer es denn am besten machen soll. Und wer definitiv besser aussitzt, weil er/sie am Ende doch nur Stimmvieh wäre, das auf Trumps Konto einzahlt.

USA: Wer wirft Trump den Fehde-Handschuh hin?

Lediglich zwei aufstrebende „Jung-Türken” wie Tom Cotton (Arkansas) und Josh Hawley (Missouri) haben bereits die Weiße Fahne gehisst: 2024 – wir passen!. Tatsache ist, dass schwerreiche Geldgeber und Medien-Mogule wie Stephen Schwarzman (Blackstone) und Rupert Murdoch (Fox News, Wall Street Journal) Donald Trump definitiv abgehakt haben. Sie spüren, dass gerade in den Wochen seit den Midterms Anfang November sein Stern beständig im Sinkflug ist. Sie warten förmlich darauf, dass ihm irgendwer offiziell den Fehde-Handschuh hinwirft. Gründe gäbe es genug.

Da war das abenteuerliche Abendessen mit Adolf Hitler-Fan Kanye West („Ye”) und Neonazi Nick Fuentes in Trumps „guter Stube” Mar-a-Lago. Da war Trumps beinahe despotische Forderung, die amerikanische Verfassung aus- und ihn wieder ins höchste Staatsamt einzusetzen. (Allein darum, so sagt Trumps früherer Nationaler Sicherheitsberater John Bolton, „müssten alle echten Konservativen” eine weitere Kandidatur Trumps „verhindern”.)

Trump: Mehrheit der Amerikaner wünscht sich seinen Abgang

Da waren empfindliche juristische Niederlagen bei dem Versuch, seine Steuer-Unterlagen vor den neugierigen Augen des Kongresses zu verbergen und die Ermittlungen wegen des Diebstahls sensibler Staatsgeheimnisse abzubiegen. Da war am Nikolaustag erst morgens ein Geschworenen-Gericht in New York, das den Trump-Konzern wegen Steuerbetrugs zum ersten Mal offiziell als kriminell verurteilte. Und am Abend das Aus für Trumps ungeliebten republikanischen Wunsch-Kandidaten bei der Senats-Stichwahl im Südstaat Georgia, Herschel Walker.

Dass laut einer Quinnipiac-Umfrage drei Fünftel aller Amerikaner wünschen, Trump möge sich von der politischen Bühne verabschieden, kommt also nicht von ungefähr. In dieser Konstellation würde es manchen Partei-Oberen Freude bereiten, wenn der ausweislich der Meinungsforschung zurzeit aussichtsreichste Drachentrumptöter sein Pulver nicht länger trocken hielte.

Möglicher Kanidat für 2024: DeSantis ist jung, er hat Zeit

Floridas Gouverneur Ron DeSantis, der im November haushoch wiedergewählt wurde und in manchen Umfragen seinen politischen Ziehvater bereits deutlich hinter sich gelassen hat, schweigt aber weiter zu seinen Absichten. Und wird das nach Ansicht von Eingeweihten rund um den Gouverneurssitz in Talahassee wohl mindestens bis zum kommenden Sommer tun.

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DeSantis ist 44. Er hat Zeit. Er lässt Trumps Versuch, durch eine extrem verfrühte Kandidatur-Bekanntgabe potenzielle Mitbewerber abzuschrecken, einfach abblitzen. „Ron wartet, wie sich Donald Trump nach und nach selbst zerlegt und wie seine egoistischen Eskapaden und Attacken selbst hartgesottene Republikaner abtörnen”, sagen Partei-Strategen in Washington.

Ob DeSantis tatsächlich genügend Wähler von Trump in sein Lager ziehen könnte oder ob der Regional-Politiker ein Schein-Riese ist, steht noch dahin. Vorerst gilt: Donald Trump kann die Präsidentschaftskandidatur gegen alle Widerstände erringen.