Berlin . Rätselhafte Lichtsäulen über vielen russischen Städten sorgen für Spekulationen im Netz. Was dahinter stecken könnte – ein Faktencheck.

Seltsam. Gleich in mehreren Städten in Russland wurden Lichtsäulen am Nachthimmel beobachtet, etwa in Murmansk unweit der Grenze nach Finnland. Auf Twitter spekulieren Nutzer über neue Laserwaffen.

Die russischen Soldaten im Ukraine-Krieg hätten eine Wunderwaffe auch nötig; seit Tagen werden sie in die Defensive gedrängt. Die naheliegende Erklärung für die rätselhaften Streifen hat einen zu niedrigen James-Bond-Faktor: ein Wetterphänomen.

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Genauer gesagt: Eine "Halo"-Erscheinung. Richtig gelesen: nur mit einem L. Eine Säule, die durch Spiegelung und Brechung von Licht an in der Luft schwebenden Eiskristallen entsteht. Es spielt keine Rolle, ob es kalt oder warm ist. Wo Halos entstehen, in einer Höhe von acht bis zwölf Kilometern, ist es immer kalt. Im Winter können sich Halos laut deutschem Wetterdienst bei Eisnebel, in der Nähe von Schneekanonen oder im Polarschnee bilden. Das könnte Sie auch interessieren: Ukraine-Krieg: Warum lässt Putin Atombomber verlegen?

Lichtsäulen: Verfügen Putins Truppen über Laserwaffen?

Bei Twitter spekulieren User über die russische Laserwaffe "Pereswet". Sie soll feindliche Systeme in einer Entfernung von bis zu 1.500 Kilometern blenden und/oder kampfunfähig machen. Das ist spekulativ, einerseits. Andererseits: kein Science-Fiction.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Ganz gleich, ob es die russische Wunderwaffe gibt und sogar funktioniert – an Laserwaffen wird in vielen Staaten weltweit geforscht und gearbeitet, in Deutschland bei Rheinmetall und nicht zuletzt im Auftrag der Bundeswehr. Sie wurden gerade auf der Luftfahrtausstellung ILA in Berlin zur Schau gestellt. In zwei bis drei Jahren will Rheinmetall bei der Anwendung – in der Marine – so weit sein.

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Gut möglich, dass die Russen weiter sind und wirklich bereits seit 2018 über solche Waffen verfügen. Israel hat sein Laserabfangsystem "Iron Beam" auch schon erfolgreich getestet. "Es mag wie Science-Fiction klingen, aber es ist real", twitterte Ministerpräsident Naftali Bennett im April begeistert. Es sei das weltweit erste energiebasierte Waffensystem, das einen Laser verwende, um Drohnen, Raketen und Mörser abzuschießen.

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Es macht keinen Sinn, solche Waffen an beliebig vielen russischen Städten als Nachtspektakel zur Schau zu stellen. Wenn es als "Show of Force" gedacht wäre, dann bitte schön in Sichtweite der Ukraine.

Lichtsäulen: Laserwaffen sind punktgenau

Laserwaffen sind präzise und minimieren die Kollateralschäden. Die Entwickler gaben die Devise aus: "What you see is what you hit". Auf Deutsch: Was wir sehen, das treffen wir auch.

Mit ihnen wären die Russen in der Lage, feindliche Systeme in einer Entfernung von bis zu 1500 Kilometern punktgenau zu blenden oder zu zerstören, vielleicht sogar die Bayraktar-Drohnen. Mit denen hat die ukrainische Armee so sagenhafte Erfolge erzielt, dass Soldaten sie in Liedern besingen und in Kiew Bürgermeister Vitali Klitschko einen im Zoo geborenem Lemur den Namen "Bayraktar" gab.

Lichtsäulen – zu viel Hallo um Halos

Die Kinderkrankheiten der Laserwaffen – ein extremer Energiebedarf – haben die Ingenieure in den Griff bekommen. Ministerpräsident Bennett rechnete den Preis pro Schuss vor und kam auf – 3,50 Dollar. Das sollte für die Truppen von Kremlchef Wladimir Putin erschwinglich sein.

Wenn die Russen solche Waffen haben, sollten sie ihren Einsatz nicht zu lange hinauszögern; vor allem nicht bis zum Winter. Denn aus Experimenten in der Schweiz weiß man, dass das System bei starkem Schneefall versagt. Das liegt, Ironie am Rande, an den Halos: Schneekristalle reflektieren zu stark und erschweren Laserwaffen die Zielerfassung.

Es sieht tatsächlich so aus, als hätten die User auf Twitter zu viel Hallo gemacht über simple Halos am Nachhimmel von Murmansk, Belgorod oder Moskau. Lesen Sie auch: Ukraine-Krieg: Elon Musk sorgt mit Umfrage für Empörung

Dieser Artikel erschien zuerst auf www.morgenpost.de