Berlin. Die Bundeswehr zählt rund 184.000 Soldaten. Deutlich größer ist die Reserve des Heers. Wir erklären, wer wann eingezogen werden könnte.

  • Durch den Ukraine-Konflikt ist auch die deutsche Bundeswehr stärker in den Fokus geraten
  • Insgesamt gibt es in Deutschland fast 200.000 aktive Soldatinnen und Soldaten und Hunderttausende Reservisten
  • Wer kann in Deutschland als Reservist eingezogen werden?

Nur knapp 1550 Kilometer Luftlinie und keine zwei Stunden Flugzeit von Deutschland entfernt herrscht Krieg. Nach dem gewaltsamen Angriff Russlands auf die Ukraine stellt sich auch die Frage, wie die Bundeswehr mit der Situation umgeht.

Die aktive Truppe der Bundeswehr zählt derzeit knapp 184.000 Soldatinnen und Soldaten. Weitaus größer ist die Reserve der Bundeswehr: Immerhin rund 900.000 wehrrechtlich verfügbare Reservistinnen und Reservisten stünden neben den bereits rund 31.500 beorderten Reservisten bereit. Aber was ist ein Reservist überhaupt? Und wann kann man einberufen werden? Unsere Redaktion beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wer ist ein Reservist?

Als Reservistin oder Reservist gilt, wer in der Bundeswehr mindestens einen Tag lang gedient hat und aus dem allgemeinen Dienst ausgeschieden ist. Damit sind beispielsweise auch all diejenigen Teil der Reserve, die im Rahmen der allgemeinen Wehrpflicht bei der Bundeswehr aktiv waren – ehe diese zum 1. Juli 2011 ausgesetzt worden ist.

In Deutschland zählen dazu laut einer Schätzung des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr rund 6,8 Millionen ehemals Grundwehrdienstleistende, rund 1 Million Absolventinnen und Absolventen des Freiwilligen Wehrdienstes sowie rund 2,4 Millionen ehemalige Zeit- und Berufssoldaten.

Von diesem 10,2 Millionen ehemaligen Soldatinnen und Soldaten sind allerdings nur noch rund 900.000 Reservistinnen und Reservisten tatsächlich wehrrechtlich verfügbar. Wer das 65 Lebensjahr vollendet hat, zählt nicht mehr zur Reserve. Auch wer früher einmal gedient hat, nun aber gesundheitliche Probleme hat oder aus anderen Gründen ungeeignet ist, kann wehrrechtlich nicht mehr eingezogen werden.

Innerhalb der Reserve wird noch einmal unterscheiden. Zur Allgemeinen Reserve zählen alle, die aus dem Dienst ausgeschieden sind. Sie haben die Möglichkeit, sich aus- und fortbilden zu lassen, stehen oftmals aber in keinem Kontakt zur Truppe, wie viele ehemalige Wehrdienstleistende.

Anders sieht es bei der Truppenreserve aus. Bei diesen Reservisten handelt es sich um die sogenannten beorderten Reservisten. Bedeutet: Es gibt einen konkreten Posten, auf den die Reservisten regelmäßig zurückkehren. In Deutschland gibt es nach Angaben der Bundeswehr rund 31.500 beorderte Reservisten. Die Truppenreserve verstärkt dabei die aktiven Streitkräfte – zu denen neben den klassischen Bereichen wie dem Heer, der Luftwaffe oder der Marine beispielsweise auch der Cyber- und Informationsraum sowie der Sanitätsdienst zählen.

Ebenfalls zu den beorderten Reservisten gehört die Territoriale Reserve. Sie werden zum Beispiel zur Hilfe eingesetzt, wenn es eine Naturkatastrophe gibt.

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Bundeswehrt: Wie lange ist man Reservist?

Zur Reserve gehört man bis zur Altersgrenze von 65 Jahren. Wer erst jüngst aus dem Dienst ausgeschieden ist, kann allerdings jederzeit grundbeordert werden. Bis zu sechs Jahre nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst können Soldatinnen und Soldaten beordert werden – und würden damit im Ernstfall schnell zur Verfügung stehen. Das gilt nicht nur für ausgeschiedene Berufssoldatinnen und Berufssoldaten oder Soldatinnen und Soldaten auf Zeit, sondern auch für Absolventinnen und Absolventen des Freiwilligen Wehrdienstes.

Allerdings setzt die Bundeswehr dabei bisher auf die Freiwilligkeit. Beordert werden nur Soldatinnen und Soldaten, die ihr Einverständnis oder auch die Einverständniserklärung des neuen Arbeitgebers vorgelegt haben.

Wie lange können Reservisten eingezogen werden?

Reservistin oder Reservist ist man bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres. Sollte eine Situation aber erfordern, dass eine erhöhte militärische Alarmstufe eintritt, der sogenannte Spannungsfall, oder gar der Verteidigungsfall, kann die Bundeswehr alle Wehrpflichtigen im Alter von 18 bis 60 Jahre einberufen – unabhängig davon, ob sie der Reserve angehören oder nicht. Bevor es soweit kommt, müsste aber der Bundestag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit den Spannungs- und Verteidigungsfall ausrufen.

In welchen Bereichen würden Reservistinnen und Reservisten im Kriegsfall eingesetzt werden?

Im Kriegsfall lägen die Hauptkampfhandlungen zunächst bei der aktiven Truppe. Die Reservistinnen und Reservisten könnten dafür Spiegeldienstposten besetzen – also Posten, die durch den Einsatz der aktiven Truppe freigeworden sind und auf denen sie die aktiven Soldaten dann vertreten. Auch würden Reservistinnen und Reservisten zur Hilfeleistung im Inneren eingesetzt werden. Sie können allerdings auch der Verstärkungsreserve der aktiven Truppen dienen.

Wer würde Reservistinnen und Reservisten einberufen?

Eine Einberufung würde über das sogenannte Karrierecenter der Bundeswehr, das frühere Kreiswehrersatzamt, erfolgen. Reservistinnen und Reservisten würden einen Einberufungsbescheid erhalten, auf dem ihr Einsatzgebiet und ihr Dienstbeginn stehen würden.

Ruft die Bundeswehr angesichts des Krieges in der Ukraine bereits Reservistinnen und Reservisten ein?

„Derzeit gibt es noch keine Anfragen an die Reserve. Wir erwarten aber, dass die Reserve im Rahmen der Flüchtlingswelle unterstützen wird oder beim Schutz der kritischen Infrastruktur“, sagte Oberst Pa­trick Sensburg, Präsident des Reservistenverbandes, unserer Redaktion. Viele Reservisten würden sich jedoch freiwillig melden, um die Bundeswehr zu unterstützen.

Laut einem Regierungssprecher des Bundesverteidigungsministeriums gebe es angesichts der aktuellen Lage derzeit aber noch keine Notwendigkeit, die Reserve anzupassen.

Wer kann Reservistin oder Reservist werden?

Auch wer bisher noch nicht in der Bundeswehr gedient hat, kann Reservistin oder Reservist werden. Möglich ist das beispielsweise, indem man eine Ausbildung zum Reserveoffizier einschlägt. Aber auch wer weiter im zivilen Beruf steht, kann sich in einer Mischung aus Präsenz- und Fernveranstaltungen ausbilden lassen, ohne in ein Wehrdienstverhältnis einzutreten – sieben Bundesländer bieten diese Möglichkeit an. Wer sich für eine solche Ausbildung entscheidet, erwirbt den Titel Jäger der Reserve.