Berlin. Seit Null Uhr steht Deutschland still: Der öffentliche Nah- und Fernverkehr wird bestreikt. Welche Verkehrsmittel sind betroffen?

Pendler und Reisende in ganz Deutschland müssen sich am heutigen Montag auf weitreichende Einschränkungen im Bahn-, Luft- und Nahverkehr sowie auf Wasserstraßen einstellen. Mit einem großangelegten bundesweiten Warnstreik bringen die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sowie Verdi große Teile des öffentlichen Verkehrs zum Erliegen.

Seit Mitternacht läuft die Aktion. Von dem 24-stündigen Arbeitskampf sind Millionen Berufspendler und Reisende sowie weite Teile des Güterverkehrs betroffen. In Folge der Arbeitsniederlegungen werden erhebliche Ausfälle und Staus im bundesweiten Verkehr erwartet.

Betroffen sind von der beispiellosen Warnstreik-Aktion der Fern-, Regional-, und S-Bahn-Verkehr der Deutschen Bahn sowie weiterer Eisenbahn-Unternehmen. Der Bahn-Fernverkehr ist komplett eingestellt, der Regionalverkehr in großen Teilen. Verdi ruft zudem zu Arbeitsniederlegungen an mehreren Flughäfen auf sowie im öffentlichen Nahverkehr in sieben Bundesländern. Auch die Autobahngesellschaft soll bestreikt werden, ebenso wie die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung.

Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr: Verdi will Druck erhöhen

"Der ganztägige Streik beginnt in der Regel in der Nacht vom 26. auf den 27. März um 00.00 Uhr und endet um 24.00 Uhr", erklärten die Gewerkschaften. Auf der Schiene sind neben der Deutschen Bahn laut EVG unter anderem die Bahn-Unternehmen Transdev, AKN, Osthannoversche Eisenbahnen, erixx, vlexx, eurobahn sowie Die Länderbahn betroffen.

Die Warnstreiks an Flughäfen betreffen den Gewerkschaften zufolge einerseits die Verhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, zum anderen örtliche Verhandlungen für Beschäftigte der Bodenverkehrsdienste sowie die bundesweiten Verhandlungen für die Beschäftigten der Luftsicherheit.

Verdi-Chef Frank Werneke betonte: "Mit dem Streiktag im Verkehrsbereich soll den Arbeitgebern noch einmal unmissverständlich klargemacht werden, dass die Beschäftigten eindeutig hinter unseren Forderungen stehen." Zu Vorwürfen der Arbeitgeberseite, die Warnstreiks belasteten die Verhandlungen, sagte Werneke: "Als Belastung empfinden die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bis hin in die mittleren Einkommensgruppen vor allem die enormen Preissteigerungen für Strom, Gas und Lebensmittel." Mehr zum Thema: Warnstreik am Montag – Was heißt das für die Autobahnen?

Streik im Nah- und Fernverkehr: Das sind Ihre Rechte

Streik bei der Bahn: Hier geht nichts mehr

Die EVG bestreikt den Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr. Der Fernverkehr wird eingestellt, der Regionalverkehr größtenteils zumindest zu Streikbeginn. Ob am Nachmittag im Regionalverkehr einzelne Linien aufgenommen werden, hängt laut Deutscher Bahn vom Streikverlauf ab.

Auswirkungen dürften auch am Dienstag zu spüren sein. Fahrgäste, die für Montag oder Dienstag eine Reise gebucht haben, können das Ticket laut Bahn bis 4. April flexibel nutzen. Platzreservierungen könnten kostenlos storniert werden.

Streik an Flughäfen: Wo heute kein Flieger abhebt

Die Flughäfen werden von Verdi weitgehend bestreikt. 380.000 Geschäfts- und Privatreisende müssen laut Flughafenverband ADV am Boden bleiben. Betroffen ist auch der größte Airport in Frankfurt, aber auch der Flughafen München, der bereits am Sonntag den Betrieb eingestellt hat.

Ausgenommen vom Streikraufruf an den Flughäfen ist der Flughafen Berlin-Brandenburg BER, sagte der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke, weil es dort bereits Einigungen in den Tarifverhandlungen gebe. Dennoch könnten die Auswirkungen des Streiks auch dort spürbar sein: "Wir gehen davon aus, dass der Luftverkehr in dem genannten Zeitpunkt umfassend eingeschränkt sein wird", so Werneke.

Ein Streikposten steht am Flughafen Köln/Bonn im Terminal.
Ein Streikposten steht am Flughafen Köln/Bonn im Terminal. © Oliver Berg/dpa

Mit den Aktionen erhöht Verdi den Druck für die am Montag beginnende dritte Verhandlungsrunde mit Bund und Kommunen. Gemeinsam mit dem Beamtenbund dbb fordert die Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Lohn. Die Arbeitgeber hatten in der zweiten Verhandlungsrunde Ende Februar ein Angebot vorgelegt. Es umfasst unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro.

Streik im Nahverkehr: Sieben Bundesländer betroffen

Erneut soll der Nahverkehr in den Bundesländern bestreikt werden, die direkt an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst angebunden sind. Das sind Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Gestreikt werden soll zudem in Bayern, wo ein Tarifvertrag Nahverkehr verhandelt wird. Aus mehreren Ländern hieß es, Schülerinnen und Schüler dürften zuhause bleiben, wenn sie nicht zur Schule kommen können.

Auch interessant: Tarifvertrag – Einigung bei der Deutschen Post und Verdi

Verdi: Letzter großer Warnstreik ist 30 Jahre her

Verdi und der Beamtenbund dbb verhandeln in Potsdam mit dem Bund und den Kommunen in der dritten Runde für 2,5 Millionen Beschäftigte. Beide Seiten sind noch weit voneinander entfernt, eine Einigung in den nächsten Tagen ist aber nicht ausgeschlossen. Der Chef des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach, warnte vor einer Ausweitung der Arbeitskämpfe. „Entweder wir hauen den Knoten durch und finden eine Einigung, oder wir stehen vor einer weiteren Eskalations- und Streikwelle“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Ende Februar begannen zudem die Verhandlungen der EVG mit der Bahn und rund 50 weiteren Eisenbahn-Unternehmen. Die Gewerkschaft hatte in der vergangenen Woche ein erstes Angebot der Bahn abgelehnt. Sie fordert mindestens 650 Euro mehr Lohn. Bei den höheren Entgelten strebt sie eine Steigerung um zwölf Prozent an bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten.

Die Bahn hatte unter anderem angeboten, die Löhne der rund 180.000 betroffenen Beschäftigten in zwei Schritten um insgesamt 5 Prozent anzuheben sowie mehrere Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro in Aussicht gestellt. Die Bahn kritisierte den Arbeitskampf als "grundlos und unnötig". "Die EVG muss sich ihrer Verantwortung stellen und umgehend an den Verhandlungstisch zurückkehren", forderte Personalvorstand Martin Seiler.

Der Nah- und Fernverkehr sowie Flughäfen in ganz Deutschland wurden schon vor mehr als 30 Jahren im Zuge eines mehrwöchigen Streiks gleichzeitig bestreikt. Bei diesem harten Arbeitskampf im öffentlichen Dienst im Frühjahr 1992 legten mehrere hunderttausend Beschäftigte zeitweise die Arbeit nieder. Dabei handelte es sich aber um einen regulären Arbeitskampf, nicht um Warnstreiks. (pcl/dpa)