Berlin. Die Pleite der Silicon Valley Bank weckt Erinnerungen an Lehmann Brothers. Nun zeigt sich, ob die richtigen Lehren gezogen worden sind.

Viele dürften sich an die Bilder aus dem Jahr 2008 erinnert fühlen. Angestellte, die in der New Yorker 7th Avenue aus dem Lehmann-Wolkenkratzer kommen, ihr Hab und Gut in Umzugskartons. Fassungslose Händler an den Börsen angesichts massiv einbrechender Kurse. Und ein berühmter Auftritt der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihres Finanzministers Peer Steinbrück (SPD): „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind“, versprach Merkel damals.

Am Montag stellte sich nun Joe Biden im Weißen Haus vor die Kameras. „Die Amerikaner können sich darauf verlassen, dass das Bankensystem sicher ist“, sagte der US-Präsident. Allein schon, dass ein solcher Auftritt nötig ist, verdeutlicht die Nervosität, die den Finanzmarkt nach der Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) erfasst hat. Die Angst vor einem erneuten Lehmann-Moment geht um.

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Silicon Valley Bank: Pleite weckt Erinnerungen an 2008

2008 kollabierte die Investmentbank Lehmann Brothers, nachdem die Immobilienblase geplatzt war. Die Zinsen waren vergleichsweise niedrig, die amerikanische Zentralbank Fed hatte den Markt mit billigem Geld geflutet. Auch Menschen mit kleinem Einkommen nahmen Kredite auf, um Häuser zu finanzieren. Als die Zinsen wieder stiegen, kollabierte das System.

Eine gewisse Parallele ist unverkennbar. Wieder wurde der Markt lange Zeit mit billigem Geld geschwemmt, ehe erst die Corona-Pandemie und dann Russlands Krieg gegen die Ukraine und die damit ausgelöste Energiekrise die Inflation auf hohem Niveau verfestigten. Die Notenbanken handelten spät, aber dafür umso entschlossener und hoben die Zinsen zuletzt kräftig an.

SVB: Noch am Tag ihrer Pleite sollen Boni ausgezahlt worden seien

Dass eine Zinswende nicht ohne Folgen für die Finanzierung für Firmen bleiben kann und sie gerade für junge Unternehmen im Technologiebereich, bei denen schnelles Wachstum zum Geschäftsmodell gehört, Gift ist, war abzusehen. Dass aber eine Bank der Größe der Silicon Valley Bank ausgerechnet daran scheitert, weil sie – so der aktuelle Erkenntnisstand – furchtbar schlecht und zu wenig diversifiziert angelegt hatte, eher nicht. Das hätte man kleinen Wald- und Wiesen-Banken zutrauen können, aber nicht der Nummer 16 der größten Banken der USA.

Das Gespür für Geldanlagen ist zumindest nicht allen Bankern der Silicon Valley Bank abhandengekommen. Noch am Tag der Pleite soll die Bank Berichten zufolge Boni ausgezahlt haben. Eine beispiellose Dreistigkeit, getreu dem Motto: Egal wie es ausgeht, der Steuerzahler wird es schon richten.

Tobias Kisling, Wirtschaftskorrespondent
Tobias Kisling, Wirtschaftskorrespondent © FUNKE Foto Services | Reto Klar

EU: Die strenge Regulierung europäischer Banken kann sich jetzt bewähren

Egal, ob in Europa oder Amerika: Die Menschen sind es leid, mit ihren Steuergeldern sich verzockende Banker zu alimentieren. Das hat auch Joe Biden erkannt und klargestellt, dass es dieses Mal anders laufen werde. Nur ist fraglich, ob es am Ende genug Tafelsilber zu verkaufen gibt, um dieses Versprechen halten zu können. Der Verkauf der britischen SVB-Tochter an HSBC für einen symbolischen Pfund spricht jedenfalls nicht dafür.

Jetzt wird sich zeigen, ob die richtigen Lehren aus der Weltfinanzkrise gezogen worden sind. Die USA waren laxer als die Europäer im Umgang mit ihren Banken. Das droht ihnen nun auf die Füße zu fallen. In Europa maulten die Banker über zu viele Vorschriften. Dass dieses Korsett aber dringend notwendig zu sein scheint, zeigt die Pleite der Silicon Valley Bank. Die strenge Regulierung führte jedenfalls dazu, dass Europas Banken in den letzten Stresstests vergleichsweise gut abschnitten. Bleibt zu hoffen, dass diese Simulationen nun auch in der Realität Bestand haben werden.