Berlin. Mehr als 1000 Unternehmen haben Anträge auf Erstattung durch die Gaspreisbremse eingereicht. Die Entlastung wird teuer für den Staat.

Im September des vergangenen Jahres erreichte der Gaspreis sein Hoch. 40 Cent pro Kilowattstunde mussten Neukundinnen und Neukunden im Durchschnitt zahlen, ermittelte das Vergleichsportal Verivox. In der Bundesregierung herrschte Hektik. Die ursprünglich geplante Gasumlage führte erst ins Chaos und wurde schließlich fallengelassen. Stattdessen kamen die Gas- und Strompreisbremsen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach vom „Doppel-Wumms“, bis zu 200 Milliarden Euro wurden im Wirtschaftsstabilisierungsfonds bis 2024 bereit gestellt.

So viel Geld allerdings wird der Bund nach jetzigem Stand wohl nicht aufbringen müssen, um die Entlastung zu finanzieren. Für die ersten drei Monate des laufenden Jahres seien bisher Anträge im Volumen von insgesamt 2,35 Milliarden Euro eingegangen, teilte Robert Habecks (Grüne) Staatssekretär Patrick Graichen in einer Antwort auf eine schriftliche Frage des Fraktionsvorsitzenden der Linken, Dietmar Bartsch, mit.

Gaspreisbremse: Mehr als 1000 Unternehmen stellen Anträge auf Erstattung

Das Schreiben liegt unserer Redaktion vor. Insgesamt hätten demnach bis zum Stichtag 6. März 435 Erdgaslieferanten und 584 Wärmeversorgungsunternehmen Anträge auf Erstattung gestellt. Da Anträge bis zum 31. März möglich seien, handele es sich allerdings noch nicht um die abschließende Zahl.

Die Gaspreisbremse sieht vor, dass der Gaspreis für Verbraucher zu je 80 Prozent ihres Verbrauchs bei 12 Cent je Kilowattstunde gedeckelt wird. Die Unternehmen können sich entsprechend die Differenz vom Staat erstatten lassen.

Kritik an Methodik der Gaspreisbremse

Diese Methodik sorgt für Kritik. „Einerseits sichert der ungenierte Griff der Konzerne in die Steuerkasse deren Rekordgewinne. Andererseits verhindern sie sinkende Preise für den Endverbraucher, wenn am Ende immer der Steuerzahler einspringt“, sagte Dietmar Bartsch unserer Redaktion. Wirksamer sei es, die Bremsen auf acht Cent für Gas und 30 Cent für Strom abzusenken oder ein preisgünstiges Grundkontingent zur Verfügung zu stellen.

Bei der aktuellen Regelung hingegen würden Neukunden kaum profitieren, bei Bestandskunden hätten die Versorger keine Veranlassung, die Preise abzusenken. „Großhandels- und Verbraucherpreise stehen deshalb in einem eklatanten Missverhältnis“, kritisierte Bartsch.

Verbraucherschützer fordert Prüfung durch Bundeskartellamt

Zuletzt war wiederholt der Vorwurf lautgeworden, dass sich die Konzerne an der Preisbremse bereichern würden. Unabhängig von der Höhe des Tarifs erstattet der Bund die Preise, die über den 12 Cent je Kilowattstunde Gas und 40 Cent je Kilowattstunde Strom liegen.

Manche Unternehmen nehmen es dabei mit den gesunkenen Energie-Einkaufspreisen wohl nicht ganz so genau. So hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in der vergangenen Woche von Fällen berichtet, in denen Verbraucher trotz gesunkener Preise Abschläge für den März von 1000 Euro und mehr zahlen sollten.

Die Verbraucherzentralen haben nun dazu aufgerufen, Fälle von überhöhten Abschlägen zu melden. Anfang April soll eine Auswertung erfolgen. „Missbrauch bei der Gas- und Wärmepreisbremse muss verhindert werden. Das Bundeskartellamt muss Gas- und Wärmeanbieter überprüfen, damit schwarze Schafe keine zusätzlichen Gewinne auf Kosten der privaten Haushalte machen können“, sagte Thomas Engelke, Leiter Team Energie und Bauen des vzbv, unserer Redaktion.